Thomas Breit, Steuerberater
„Bei kleinen Firmen rechnet sich die Gruppe nicht.“Thomas Breit warnt vor zu viel Gruppen-Enthusiasmus. Wir haben den Inhaber einer Steuerkanzlei und Unternehmensberatung in Hamburg nach den Vor- und Nachteilen von Gruppen gefragt. Er hat sich vor 24 Jahren als Unternehmensberater selbstständig gemacht und arbeitet seit 13 Jahren auch als Steuerberater.
metallbau: Herr Breit, lohnt sich eine Holding-Struktur auch schon bei kleineren Unternehmen?
Thomas Breit: Eigentlich nicht. Die Holding-Struktur ist sehr anfällig und birgt erhebliche Steuerrisiken. Dadurch, dass Sie mindestens zwei Gesellschaften haben — die Holding und die Tochter —, steigen auch die Abschlusskosten. Das rechnet sich nicht bei kleinen Firmen.
metallbau: Ist es für einen Betrieb mit 50 Mitarbeitern in drei Sparten — z.B. Fenster, Fassaden, Treppen — sinnvoll, jeden Bereich in eine eigene GmbH auszugliedern?
Breit: Das auf jeden Fall, weil dann jede Firma für sich insolvent gehen könnte, ohne die ganze Gruppe zu infizieren. Das kann passieren, weil man schlecht wirtschaftet oder auch, weil man größere Forderungsausfälle hat. Das erlebe ich immer wieder. Gerade hatte ich den Fall eines Hochbauunternehmens, das insolvent ging, weil der Generalunternehmer nicht zahlt. Ich weiß aber nicht, ob man dann schon eine Holding braucht? Da rate ich wegen der Steuerrisiken häufig davon ab.
metallbau: Wie sieht dieses Risiko aus?
Breit: Sehr gefährlich sind die ersten fünf Jahre. Wenn in dieser Zeit ein Fehler passiert, dann wird rückwirkend so getan, als hätte es nie eine Holding-Struktur mit Mutter und Töchtern gegeben. In einer Holding können Sie ja Gewinne und Verluste miteinander aufrechnen und bezahlen nur Steuern auf den Saldo. Wenn dann aber das Konstrukt platzt, ist eine Firma vielleicht überschuldet und geht insolvent. Zugleich müssen die anderen auf ihre Gewinne Steuern nachzahlen. Aber das Geld hat der Unternehmer ja nicht auf die hohe Kante gelegt.
metallbau: Dabei ist das einer der Hauptgründe, die Holding-Struktur zu wählen: Dass man die Gewinne und Verluste miteinander verrechnen kann. Ist das vom Gesetzgeber nicht gewollt?
Breit: Das wird schon gewährt, aber es ist sehr anfällig. Wenn Unternehmer zum Beispiel einen einfachen Fehler machen — sie bewerten eine Pensionsrückstellung falsch — dann kann das Finanzamt einen Bilanzierungsfehler feststellen. Das heißt: Sie haben den falschen Gewinn abgeführt. Das Jahr ist dann auf jeden Fall verloren. Und wenn das innerhalb der ersten fünf Jahre passiert, gilt es von Anfang an.
metallbau: Und was passiert dann?
Breit: Dann muss jede Gesellschaft ihre eigenen Gewinne versteuern. Andere haben plötzlich große Verluste, die die Existenz gefährden können.
metallbau: Aber ganz verkehrt ist die Holding auch nicht?
Breit: Nein, es kann schon sinnvoll sein. Zum Beispiel bei der verdeckten Gewinnausschüttung. Zu hohe Mieten an die eigene GmbH müssen Sie ja versteuern wie eine Gewinnausschüttung an sich selbst. Das kostet private Einkommensteuer. Wenn sie das über eine Holding machen, erfolgt die Ausschüttung zu 95 Prozent steuerfrei. Sie sollten aber auf Gewinnabführungsverträge verzichten. Es gibt bessere Möglichkeiten, die Gewinne von der einen in die andere Gesellschaft zu bekommen. Gewinnabführungsverträge sind steuer- und zivilrechtlich sehr anspruchsvoll. Ich rate davon in der Regel ab.
metallbau: Warum?
Breit: Ein Grund ist, dass da sehr hohe Darlehensverbindlichkeiten gegenüber der Mutter entstehen. Wenn die Tochter einen hohen Gewinn an ihre Mutter abführt, dann muss das tatsächlich passieren. Das Geld muss nicht nur buchhalterisch fließen, sondern tatsächlich mit Abschluss der Dezember-Buchführungs-Abrechnung überwiesen werden. Das Geld haben die Töchter oft nicht und müssen es sich dann von der Mutter leihen. So entstehen wegen der Gewinnabführung zuerst doppelte Verbindlichkeiten, die bei den Töchtern auf die Bonität drücken. Aber auch am Ende bleibt nach Abführung des Gewinns eine Erhöhung an Verbindlichkeiten in Höhe des Gewinns, jetzt als Darlehensverbindlichkeit gegenüber der Holding. Dieser Vorgang passiert mit jedem Gewinnjahr und erhöht jedes Jahr die Verbindlichkeiten bei der Tochter. Da hilft es auch sehr häufig nicht, dass die Holding denselben Betrag als Forderung ausweist. Banken zum Beispiel sehen das gar nicht gern.
metallbau: Was kann man stattdessen tun?
Breit: Eine Gestaltung, um dieser Situation zu entgehen, ist, das Geld von der Holding nicht als Darlehen zu qualifizieren, sondern als zusätzliche Einzahlung in das Eigenkapital bei der Tochter im Rahmen einer Kapitalrücklage. Das kann aber auch eine Gefahr sein, wenn die vertragliche Beziehung zwischen der Geldzahlung der Mutter an ihre Tochter als eine Umgehung der Gewinnabführung gesehen wird. Ganz nach dem Motto: Die Tochter hat den Gewinn nur scheinbar an die Holding abgeführt. Sie hat zwar den Gewinn im ersten Moment an die Holding ausgezahlt, ihn aber auch sofort wieder zurückerhalten. Dann platzt die steuerliche Organschaft. Nicht weil die Tochter den Gewinn nicht abführen konnte, sondern deswegen, weil sie ihn zwar abgeführt hatte, aber das Geld von der Mutter nehmen musste. Das ist ein Dilemma.
metallbau: Brauchen Auslandsgesellschaften zwingend eine deutsche Mutter?
Breit: Ohne deutsche Mutter wäre es kein deutscher Sachverhalt. Dann wird die Gesellschaft eben im Ausland besteuert.
metallbau: Ist Großbritannien da ein Sonderfall?
Breit: Auf jeden Fall. Wenn Großbritannien (UK) vermutlich Ende Oktober aus der EU austritt, fällt die Niederlassungsfreiheit weg. Der Verwaltungssitz einer Firma kann ja in jeden EU-Staat verlagert werden. Umgekehrt erhalte ich heute viele Anfragen aus Großbritannien, die hier eine Firma gründen wollen, um dem vorzubeugen. Genauso wie viele deutsche Firmen vorsorglich einen Ableger in UK gründen wollen.