Die Gruppe als Firmenformat

Lieber per Holding oder einzeln?

Viele Handwerker fangen bescheiden an. Ein Gründer mit einer Idee, ein oder zwei Mitarbeiter. Doch mit den Jahren und Jahrzehnten wächst die Firma und die Frage nach einer professionellen Firmenstruktur wird drängender. Wir haben nachgehakt: Welche Organisationsform lohnt sich?

Dass sich Handwerker in Firmengruppen organisieren, ist nicht die Regel. Ganze zwei Drittel der deutschen Handwerksbetriebe sind als Einzelunternehmen registriert. Das sagt freilich nichts darüber aus, wie viele Mitarbeiter oder gar Standorte ein Unternehmen hat. Um als Gruppe zu gelten, müssen mindestens zwei Firmen zusammengeschlossen sein. Das ist laut offizieller Statistik aber bei nicht mal zehn Prozent der Handwerksunternehmen der Fall.

Wachstum braucht neue Strukturen

Anlass, sich neu aufzustellen, gibt es dann, wenn gewisse Bereiche so stark werden, dass es lohnt, diese in eine eigene Firma auszugliedern. Die bayerische Haslinger Gruppe etwa hat ihre drei Sparten – Metallbau, Stahltechnik und Dienstleistungen – in Töchtern organisiert. Wobei zum Metallbau auch noch die Krantechnik gehört. Im Dienstleistungs-Sektor finden sich das Pulverbeschichten und das Laserschneiden. Die Stahltechnik wiederum fährt noch heute unter der Marke HMR Jacob und hat sich auf den Kundenstamm Holzbau fokussiert. Auch Haslinger hat einst als Einzelfirma angefangen, wurde dann aber in eine GmbH umgebaut. Seine Anfänge hatte das Unternehmen in der Lohnfertigung und –beschichtung. Mittlerweile ist die Firma gewachsen, deutlich breiter aufgestellt und brauchte somit eine andere Struktur.

HMR Jacob wurde 2005 vom damaligen Geschäftsführer Alex Jacob unter das Dach von Haslinger gebracht. 2012 ist auch dieser Bereich an den Firmensitz in Uttikofen bei Passau umgezogen. In der Firmengruppe sind heute rund 150 Mitarbeiter beschäftigt. Der Umsatz lag zuletzt deutlich über 20 Millionen Euro.

Die Gruppe macht Arbeit

Doch auch in einem vielschichtigen Unternehmen, das komplexe Themen mit einer kleinen Mannschaft stemmt, ist die Gruppe nicht immer die Lösung. Findet zumindest Nadine Ruelfs. Sie ist geschäftsführende Gesellschafterin der Porath Gruppe aus Kevelaer. Das Unternehmen vom Niederrhein dreht seine Organisation gerade zurück. „Wir gehen weg von der Gruppe“, sagt Ruelfs, die das Unternehmen gemeinsam mit ihrem Vater Hans-Jürgen Porath leitet.

Porath ist familiengeführter Mittelstand pur. 35 Mitarbeiter, etwa 4,5 Millionen Euro Umsatz und vier GmbHs. Das ist zu viel Arbeit, sagt die Chefin. Jeden Monat vier Abschlüsse für die Firmen. Eine Woche pro Monat sei sie nur mit den Abschlüssen beschäftigt, schätzt sie. Porath macht Stahlbau, Hebetechnik und hat ein eigenes Ingenieurbüro. Die Vorteile der Gruppen-Struktur gebe es heute nicht mehr.

Da gibt es das klassische Stahlbau-Geschäft, das planende Ingenieurbüro, ein zugekauftes Stahlbau-Geschäft unter der Marke W+Z sowie die Hebetechnik. Dort werden etwa Vakuumhebezeuge hergestellt, mit denen schwere Betonteile bewegt werden, zum Beispiel Tribünen in einem Fußballstadion. Als Porath in dieses Geschäftsfeld einstieg, war den Unternehmern das Risiko zu groß. „Solche Aufträge bekommt man auch nur schwer versichert“, sagt Nadine Ruelfs. Doch die Synergie-Effekte haben sich abgenutzt. Mitarbeiter arbeiten spartenübergreifend, das heißt, es muss teilweise auch noch die Arbeitszeit von Gesellschaft zu Gesellschaft verschoben werden. Wenn die Ingenieure im Auftrag der fertigenden GmbHs planen, müssen intern Rechnungen geschrieben werden. So zieht die Struktur, die beim Einstieg ins neue Segment noch sinnvoll erschien, heute einen Rattenschwanz an Bürokratie nach sich. Das solle sich jetzt ändern, sagt Ruelfs. Zum Jahresende soll aus der Gruppe wieder ein Unternehmen werden – nur das Ingenieurbüro werde wohl extern bleiben und so auch leichter externe Aufträge abwickeln können.

Bei al bohn ist die Gruppe historisch gewachsen

Die al bohn Gruppe ist ein Zulieferer für Metallbauer. „Ein Handwerksunternehmen sind wir selbst natürlich nicht“, sagt Geschäftsführer Matthias König. Unter dem Dach der Alfred Bohn Holding, die als GmbH & Co. KG firmiert, finden sich fünf verschiedene Gesellschaften. Diese Struktur ist historisch gewachsen. Mit einer solchen Struktur lasse sich die Verantwortung in der Firmengruppe leichter auf verschiedene Schultern verteilen, sagt König. Die al bohn Gruppe beschäftigt heute mehr als 400 Mitarbeiter und erlöst einen Umsatz von zuletzt rund 50 Millionen Euro. So komplex, wie die Struktur der Firma ist, ist auch der Markenauftritt. Durch Sinsheimer Glas, Tebau und al bohn ist die Gruppe mit drei eigenen Marken präsent. Im Back-Office und im gemeinsamen Vertrieb werden jedoch Synergien genutzt: Rechnungswesen, Controlling, die IT und auch die Personalabteilung werden unter dem Dach der Gruppe gesteuert.
Die Vorgängerin der heutigen al bohn wurde 1963 gegründet und hat ihre Wurzeln in der Herstellung von Rollläden-Kästen. Doch mit den Jahren wuchsen zunächst das Produktportfolio und damit auch die Firmengruppe. Die 1974 gegründete Sinsheimer Glas existiert noch heute als eigenständige Tochter. Die Fenstersparte vermarktet ihre Produkte aus Kunststoff und Aluminium sowie Haustüren unter der Marke al bohn. Tebau ist die Marke für Wintergärten, Terrassen- und Vordächer.

Partner-Struktur stärkt die Eigenverantwortung

Die Vollack Gruppe aus Karlsruhe hat ihren Fokus vor allem in der Projektierung und Entwicklung anspruchsvoller Gewerbebau-Projekte. Etwa 20 Prozent des Geschäfts macht Vollack aber im Stahlbau. In der Firmengruppe sind mehr als 300 Mitarbeiter beschäftigt. Der Umsatz lag zuletzt bei 150 Millionen Euro. Seit 1988 ist das Unternehmen als Gruppe aufgestellt. Dabei gibt es eine partnerbasierte Gesellschaft, die von einem Unternehmensbeirat unterstützt wird. „Die partnerbasierte Struktur fördert Unternehmertum“, sagt Reinhard Blaurock, geschäftsführender Gesellschafter der Vollack Gruppe. „Unsere Partner sprechen mit dem Kunden auf Augenhöhe, denn sie verstehen, was den Bauherren und Unternehmer umtreibt.“ Das kann von Region zu Region ganz anders sein. Vollack hat bundesweit zehn Standorte. Der Stahlbau etwa hat seinen operativen Hauptsitz in Karlsruhe. Daneben gibt es aber auch ein Werk in Mihla, Thüringen.

Zentralfunktionen bei der Mutter

Das Unternehmen ist in dieser Weise von innen heraus organisch gewachsen. Übernahmen hat es nicht gegeben. Als man die Firma in den 1980er-Jahren fit für die Zukunft machte, stand auch eine Niederlassungsstruktur, quasi mit einer alles regelnden Holding und lokalen Büroleitern, zur Debatte. Im gewählten Modell müssen die Standortleiter aber mehr Verantwortung übernehmen. „Unsere partnerbasierte Struktur fördert im regionalen Geschäft die hohe Eigenverantwortung und unternehmerisches Denken“, sagt Blaurock.

Das heißt aber nicht, dass man in der Gruppe auf Synergie verzichten würde. „Zentralfunktionen für die gesamte Vollack Gruppe, wie Forschung & Entwicklung, HR und Marketing erlauben es, trotzt kundennaher Dezentralität schlank und agil aufgestellt zu bleiben“, ist Blaurock überzeugt.

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