Torbranche gut gerüstet
In der Torbranche liegen Licht und Schatten eng beieinander. Nach einem Wachstum von gut sieben Prozent für 2008 rechnen Fachleute mit einer fallenden Gesamtnachfrage für 2009.
Die Torbranche blieb im abgelaufenen Geschäftsjahr von jeglicher Krisenerscheinung verschont, wenn man von einem auf hohem Niveau stagnierenden Auftragseingang im letzten Quartal 2008 absieht. Vollbeschäftigt bis Ende Dezember und mit einem ordentlichen Auftragsüberhang ausgestattet, schlossen Tor-/Torkomponentenhersteller die gut vierjährige Wachstumsphase mit einem der besten Geschäftsergebnisse ab: 2008 wuchsen Umsatz (+ 7,1%) und Produktion (+ 6,1%) wertmäßig auf deutlich über 1,8 Milliarden Euro. Über das Jahr betrachtet war die Entwicklung im Inland stärker als das Auslandsgeschäft. Während der Inlandsabsatz einschließlich der Importe um 8,4% auf gut 1,5 Milliarden Euro kletterte, erreichte der Export mit einer Steigerungsrate von 4,8% den Rekordwert von 430 Millionen Euro. Die Exportquote erhöhte sich auf knapp 23 %.
Vorsicht. Besonders erfolgreich schnitten die Produzenten von Toren für Industrie, Gewerbe und öffentliche Einrichtungen (wertmäßig + 7,3%, mengenmäßig + 2,6%) sowie die Hersteller von Komponenten (Antriebe, Steuerungen, Schutzeinrichtungen u.ä.) ab, während das Garagentorgeschäft wie bereits im Vorjahr wegen der Nachfrageschwäche aus dem privaten Wohnungsbau verhaltener verlief (wertmäßig + 2,6%, mengenmäßig – 4,5%). Selbst in der anhaltenden Boomphase hat die Torbranche allerdings nur vorsichtig ihren Personalbestand ausgebaut (+ 1% auf 10.800 Mitarbeiter), weil sie das schwieriger werdende Geschäftsumfeld ihrer Kunden und Geschäftspartner im In- und Ausland bereits registrierte und antizipierte.
Starkes Inland. Der Start in das aktuelle Geschäftsjahr war für die meisten Branchenbetriebe im Januar noch verheißungsvoll, begleitet von einer erfolgreichen Weltleitmesse R+T im Februar in Stuttgart, die der Branche nochmals viele neue Geschäftskontakte aus dem In- und Ausland sowie zusätzliche Aufträge brachte. Trotzdem ist angesichts einbrechender Auftragseingänge im Februar, März und April vielen Branchenbetrieben klar geworden, dass sich nun die massiven Geschäftseinbußen infolge Nachfrageausfall bei ihren Kunden im In- und Ausland auch bei ihnen niederzuschlagen beginnen. Bis Ende März 2009 verharrte der Umsatz zwar noch knapp auf Vorjahresniveau (– 1,2%), doch waren die Bestellungen im selben Zeitraum bereits rückläufig (zwischen – 8% und – 10%). Während die inländische Nachfrage noch relativ stabil blieb (– 6%), brach die Nachfrage aus dem Ausland erheblich stärker ein (- 22%), als erwartet. Da ist es nur ein schwacher Trost, dass fast 90% der mittelständischen Torbetriebe den Inlandsmarkt als ihren Kernmarkt betrachten und ihre Exportaktivitäten bisher auf deutsche Nachbarstaaten beschränkten.
Gut positioniert. BVT-Vorsitzender Dr. Claus Schwenzer: „Es wäre unverantwortlich, die jüngste negative Entwicklung des Auftragseingangs in der Torbranche zum Anlass zu nehmen, eine pauschale negative Jahresprognose zu wagen. Einerseits ist unser kleiner Industriezweig so facettenreich, dass ihn die Konjunktur-, Struktur- und Finanzkrise nur sehr differenziert trifft; andererseits sind die Betriebe gut gerüstet für einen vorübergehenden Abschwung und nutzen die Situation, um sich neu aufzustellen. So halten viele von ihnen beispielsweise an ihrer Stammbelegschaft fest, um die vorhandenen Kernkompetenzen im Betrieb zu halten.“ Die meisten Betriebe nehmen das gute Produktionsniveau von 2007 zum Maßstab und richten ihre Kapazitäten und Personalbestände danach aus. Kurzarbeit ist derzeit so gut wie kein Thema, wohl aber der Einsatz flexibler Arbeitszeitmodelle und – falls vorhanden – der Abbau von Zeitarbeit.
Vielfalt. Der Torbranche kommen in der Krisensituation ihr Vielfältigkeitsspektrum und ihre mittelständisch geprägte Branchenstruktur zu Hilfe, in der es neben wenigen größeren, international aufgestellten Serienherstellern vor allem Spezialisten, Nischenanbieter und Hersteller von Tor-Sonderlösungen gibt, und zwar auf jeder Betriebsgrößenebene. Auch das Komplettangebot aus einer Hand bis zum interessanten Servicegebot mit Wartung, Prüfung und Instandsetzung von Toren erweist sich jetzt zunehmend als Vorteil. Spätestens zum Herbst hin wird das Servicegeschäft stark anziehen, weil viele gewerbliche Torbetreiber zwar geplante Investitionsvorhaben vor sich herschieben, aber Alttore verstärkt einer Instandhaltung unterwerfen,um den Wert ihrer Gebäude und Einrichtungen zu erhalten. Selbst die teilweise starke Abhängigkeit der Torindustrie vom Baugeschehen im Inland ist derzeit nicht von Nachteil, partizipiert doch geradedie deutsche Bauwirtschaft von den beiden Konjunkturprogrammen der Bundesregierung, die 2009 und 2010 baurelevante Maßnahmen von über 20 Milliarden Euro enthalten. Insbesondere die öffentlichen Bauinvestitionen werden in diesen beiden Jahren jeweils um rund acht Milliarden Euro zunehmen. Neben einer solchen Sonderkonjunktur kommt der Branche auch der starke Rückgang der Einkaufspreise für Vormaterial (Stahl, NE-Metalle) und Energie seit Krisenbeginn zugute.Die Fertigungskosten halten sich in Grenzen und stärken so die Wettbewerbsfähigkeit derHersteller in einem zunehmend von Einkäufern geprägten Marktgeschehen. Nicht zuletzt diejüngsten Wirtschaftsdaten aus der deutschen Industrie geben der eigenen Branche Hoffnung, dass die Talfahrt ihrer gewerblichen Kunden möglicherweise im zweiten Halbjahr 2009 zu Ende gehen kann. Ifo-Konjunkturindex und Earlybird-Frühindikator der Commerzbank berichteten im März nach mehrmonatigem Niedergang von steigenden Auftragseingängen in der Industrie und sich stark erholenden Indizes für das weltweite Einkaufsverhalten.
Klare Einschätzung. Die aktuellen Ergebnisse der BVT-Frühjahrsumfrage zur Lage- und Tendenzbeurteilung spiegeln klar wider, dass sich die Betriebe ihrer derzeit schwächeren Marktsituation völlig bewusst sind. Bis Anfang Mai berichteten 56% der Befragten von rückläufigen Auftragseingängen und 49% von gesunkenen Umsätzen, und nur jeweils 15% konnten zuletzt gestiegene Werte vorweisen. Rückblickend hatte die Torbranche solche negativen Umfragewerte im Herbst 2003 generiert. Wichtig ist zu erwähnen, dass nahezu alle Betriebe angaben, derzeit ihre Mitarbeiterzahl konstant zu halten. Selbst bis zum Jahresende 2009 erwartet nur knapp ein Sechstel eine leicht sinkende Beschäftigungsentwicklung.
Was die tendenzielle Entwicklung bei den Auftragseingängen bzw. Umsätzen bis zum Spätherbst 2009 betrifft, so zeigen sich die Beteiligten – insbesondere die Torkomponentenhersteller – signifikant zuversichtlicher als zum jetzigen Zeitpunkt: 24% rechnen mit steigenden Bestellungen und 20% auch mit Umsatzzunahmen; 37% bzw. 39% bleiben jedoch skeptisch und erwarten in den kommenden sechs Monaten weiterhin eine abnehmende Auftragseingangs- und Umsatzentwicklung. Per Saldo sind dies deutlich bessere Werte als bei der aktuellen Lagebeurteilung.
Alles in allem rechnet die Torbranche damit, bereits im Spätherbst bei ihren Geschäftspartnern im In- und Ausland zunehmend auf ein günstigeres Investitionsverhalten zu stoßen und im Laufe des ersten Halbjahres 2010 die eigene Talsohle durchschritten zu haben.
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