Co-Creation mit Teckentrup
Die neue Kommunikationsweise konkretisiert sich in erster Linie in drei sogenannten Co-Creation-Projekten, mit deren Hilfe maßgeschneiderte Lösungen für die Verarbeiter und Endkunden entwickelt werden sollen. Ziel ist eine Win-win-Situation für beide Seiten, für Hersteller und Fachpartner. Der Ansatz umfasst sowohl die Produktlösung als auch die dazugehörigen Prozesse – von der Bestellung bis zum Service vor Ort. Im Geschäftsalltag findet der Dialog überwiegend via Forum auf der Unternehmenswebsite beziehungsweise in Videokonferenzen statt. Aus dem Veranstaltungsformat des „Innovationsgipfels“ soll ein regelmäßiges Branchentreffen werden. „Zum Treffen in Seefeld haben wir Kunden eingeladen, die offen mit uns sprechen möchten“, sagte Kai Teckentrup. Unter dem Motto „Kundenzentrierung und Digitalisierung“ möchte der Tür- und Torexperte aus Verl auf diesem Weg optimale Lösungen und effektive Kommunikationsstrukturen schaffen.
Transparente Produktentwicklung
Für TEO, einen Konfigurator für Türen, war Telfs die dritte Station, an der Verarbeiter und Händler aktiv in die Entwicklung einbezogen wurden. „Mit Kunden Produkte zu entwickeln, braucht einen offenen Umgang mit Fehlern. Das ist in jedem Fall eine Herausforderung und fordert von vielen ein Umdenken“, konstatierte Karin Simon, Leitung der Unternehmenskommunikation. „Deshalb integrieren wir auch alle Führungskräfte ins Change-Management“, ergänzte Teckentrup. Etwas ungewohnte Kommunikationsstrukturen ergeben sich auch durch die Kundenzentrierung. Simon erklärt: „Was zu tun ist, hören wir inzwischen zu einem Großteil von den Projektleitern, die mit den Kunden im Gespräch sind und deren Wünsche durch die Unternehmenshierarchie an die Führungsspitze herantragen.“ Ein solcher Einstellungswandel braucht Zeit. Auch die Transparenz, mit der Teckentrup inzwischen nach außen tritt, ist in der Branche nicht Usus.
Entwicklungsarbeit an TEO
In den Workshops haben sich Co-Creation-Teams gebildet, um an den Prototypen, die auf der BAU vorgestellt wurden, weiterzuarbeiten – beispielsweise am Konfigurator für Türen. Das Feedback zur Version 0.3 schreiben die Kunden auf Karteikärtchen, die Programmierer beziehen später diese Rückmeldungen in ihre Arbeit mit ein. Ab Juli wird TEO 0.4 umgesetzt. Im Anschluss werden die Teams aus Telfs über den aktuellen Stand informiert. Und ihr Feedback wiederum in die Programmierung der Version 1.0 integriert. Diese soll dann startklar sein.
In Dreier- und Vierer-Grüppchen sind Händler und Verarbeiter vor dem Prototypen des Konfigurators gesessen, haben beim Bestellprozess einer Türe auf Fehler in den Abläufen geschaut: Noch war ihnen das Bild der Türe im Vergleich zum Text viel zu groß, die Schrift wurde als zu klein und unleserlich moniert, die automatisierte Abfrage der Parameter finden sie nicht in sich logisch, die angebotene Umfassungszarge wird nicht optimal dargestellt und eingegebene Größenangaben nicht auf Plausibilität überprüft. Die Liste ist lang und nicht zu Ende: „Kann die Zarge nicht mit Folie ummantelt werden, darf der Konfigurator dies nicht als Option zur Auswahl stellen“, kritisiert einer der Händler. Die Dreier-Gruppe gibt circa 12 Kärtchen mit Änderungsvorschlägen ab. Ob der umfassenden Fehleranalyse stellt Kai Teckentrup im Plenum klar, dass sich TEO im Anfangsstadium befindet und es einen echten Spielraum geben soll, die Rückmeldungen in die weitere Programmierung des Konfigurators einfließen zu lassen. Das ist schließlich Sinn und Zweck von Co-Creation.
Mit TEO 1.0 sollen Metallbauer auf der Baustelle innerhalb von zwei Minuten ein Angebot erstellen können. Bislang wird für die Arbeitsabläufe circa 15 Stunden Arbeitszeit kalkuliert. Helmut Schulz, Key-Account-Kunde, weiß um die Vorteile von Konfiguratoren. „Sie sind hilfreich und sparen viel Zeit.“ Mit der Herangehensweise im Co-Creation-Prozess ist der Geschäftsführer von KLS Torsysteme allerdings weniger einverstanden: „Es gibt von Mitbewerbern schon funktionierende Lösungen, die noch verfeinert werden könnten. Grundsätzlich neu erfinden kann man so einen Konfigurator sowieso nicht.“ Den Mitarbeitern von Teckentrup ist das auch klar. „Natürlich könnten wir uns von Softwareentwicklern innerhalb von vier Wochen einen Konfigurator programmieren lassen, das wollen wir aber nicht“, sagte der Vertriebsleiter Alexander Götz. Denn je präziser dieser auf die Bedürfnisse der Metallbauer abgestimmt ist, die auf der Baustelle das Aufmaß nehmen und die Bestellung organisieren, umso lieber und häufiger wird er genutzt …
Prototyp Appartementtür
Eine Appartementtür ist ein zweiter Prototyp, über dessen Entwicklung bereits auf dem BAU-Messestand mit Kunden diskutiert wurde. In diesem Fall wurden auch Planer und Architekten miteinbezogen. Ein Marktforschungsinstitut hat im Auftrag des Herstellers mit acht Planern/Architekten Tiefeninterviews zu Optik, Funktion und Technik dieser Türe geführt. Projektleiter Ronny Gnichwitz teilte mit, „die Anforderungen von Planern und Verarbeitern sind sehr ähnlich“. Ein innovativer Vorschlag seitens der Kunden ist beispielsweise ein Chip gewesen, auf dem sich Öffnungszyklen oder Wartungstermine usw. speichern lassen. Die Informationen sollen für Servicetechniker über eine App auf dem Tablet abrufbar sein. Weitere Eingaben betrafen Preis und Gewicht der Tür. Auf Basis der Interviewergebnisse und der Anregungen aus dem Workshop wird nun eine neue Prototypversion 0.3 bis August gefertigt. Danach werden Händler und Verarbeiter, die sich in diesem Co-Creation-Prozess engagiert haben, über die überarbeitete Appartementtüre informiert. Ihr Feedback soll wieder bei der weiteren Entwicklung berücksichtigt werden.
Prototyp Beleuchtungsanlage
Die Produktentwicklung Garageninnenbeleuchtung wurde in Telfs abgeschlossen. Im Workshop wurde an Vertriebs- und Vermarktungsstrategien gearbeitet, die Teilnehmer suchten nach passenden Claims. Auch über die Preisbildung wurden sich die Mitarbeiter von Teckentrup mit ihren Kunden einig. „Die Händler können sehr gut einschätzen, was der Endkunde für ein Produkt zu zahlen bereit ist“, sagte Projektleiter Detlef Schultze. Im Mai wurde final beschlossen, mit welchen Claims und Unterlagen das Produkt in den Markt eingeführt wird. Ab August sollen die Partnerbetriebe mit den Unterlagen arbeiten können.
Fazit
Die Einführung von SAP ist abgeschlossen, die Umstrukturierung in weiten Teilen. Mehrere Coachs begleiten die Veränderungen des Unternehmens. 24 Außendienstler bewegen sich bereits in neuen Strukturen, zudem werden sie von einem Telefonsupport im Innendienst unterstützt. „Ruft ein Kunde an, sollen ihm sofort 80 % seiner Fragen beantwortet werden“, erläuterte Kai Teckentrup.
Der Unternehmer ist sich klar, mit dieser neuen Form des Kommunizierens wird sich das Unternehmen ein Alleinstellungsmerkmal in seiner Branche erarbeiten. Langjährige Verarbeiter tragen die Änderungen mit – „das ist wie in einer Ehe“, meint Helmut Schulz. „Was sich bereits bemerkenswert verbessert hat, sind die Bearbeitungszeiten für Aufträge und teils auch die Lieferzeiten.“ Er ist überzeugt: „Die schlanke Leitungsstruktur wird neuen Aufwind im Hause Teckentrup bringen.“ Kai Teckentrup hat keine Zweifel am Fortschritt: „2016 war das Jahr der Umstrukturierung, 2017 ist das Jahr des Aufbaus.“ 2018 will der Tür- und Torspezialist wieder im Geschäftsalltag angekommen sein und bis 2021 soll der Umsatz von 120 Millionen Euro verdoppelt sein.⇥ ma ◊