Interview

Kai Teckentrup, Unternehmer

„Der Schnelle frisst den Langsamen.“

Vor zwei Jahren wurden die Partner von Teckentrup erstmals über die strategische Neuausrichtung des Unternehmens informiert. Die Entwicklung des Konfigurators TEO gemeinsam mit Verarbeiter und Fachhändler war ein kleiner Baustein der Erneuerung. Seit etwa einem Jahr können mithilfe von TEO Türen und Garagentore konfiguriert werden, ab Herbst auch Industrietore. Drei Jahre nach Start der Umstrukturierung zieht Kai Teckentrup Bilanz.

metallbau: Im Jahr 2015 haben Sie 953 Mitarbeiter beschäftigt und 146 Mio. Euro Umsatz erwirtschaftet. 50 Prozent Ihrer Kunden kamen aus dem Metallbau. Wie stellt sich das heute dar?

Kai Teckentrup: Der klassische Metallbauer stellt auch heute noch eine wichtige Kundengruppe für unser Unternehmen dar.  Bewusst haben wir 2016 den Objektbereich und damit das Direktgeschäft aufgegeben, um nicht mehr im direkten Wettbewerb zu unseren Partnern zu stehen, sondern um zusammen noch effizienter am Markt agieren zu können. Den Umsatzanteil des direkten Objektgeschäfts, den wir aufgegeben haben, machen wir mittlerweile indirekt über unsere Partner. Aktuell beschäftigen wir knapp 900 Mitarbeiter bei einem etwas geringeren Umsatz gegenüber 2015.

metallbau:  Eine kleine Durststrecke gehört wohl zu einer so umfassenden Neuausrichtung?

Teckentrup: Klar ist mit einer strategischen Neuausrichtung immer auch ein unternehmerisches Risiko verbunden. Nach heutigem Stand war es die richtige Entscheidung, wenngleich mit Schmerzen verbunden.

metallbau: Können Sie die Nachwehen ein bisschen konkretisieren?

Teckentrup: Weil wir mit dem Ausbau von SAP im Jahr 2016 drei Monate lang Probleme hatten, haben wir einige Kunden verloren, deren Vertrauen wir erst zurückgewinnen mussten. Seit Ende 2017 kommen alte und neue Kunden wieder aktiv auf uns zu. Unsere hohe Produktqualität und die verbindlichen Lieferzeiten unserer Lieferprogramme, die wir auch in Hochzeiten einhalten, werden nun honoriert. Früher hatten unsere Kunden bis zu fünf Ansprechpartner in unterschiedlichen Abteilungen, heute gibt es für jeden Kunden ein Innendienstteam, in dem so gut wie alle Fragen zentral für ihn geklärt werden. Hinzu kommt eine enge Abstimmung zwischen Innendienst und Außendienst, sodass auch hier immer schnell und abgestimmt im Kundensinne gehandelt werden kann.

metallbau:  Mit der Umstrukturierung ging es Ihnen vor allem um mehr Kundennähe, haben Sie dafür noch ein Beispiel?

Teckentrup: Wir haben für Kunden, mit denen wir strategisch wachsen wollen, ein Key Account Management eingeführt. Wir entwickeln speziell auf diese Kunden hin zugeschnittene Maßnahmen – beispielsweise Workshops zur Verbesserung des gemeinsamen Vertriebs.

metallbau: Auch TEO ist ja ein Stichwort für das Thema Kundennähe, wie wird der Konfigurator angenommen?

Teckentrup: Ja, der Konfigurator wurde teils bei sogenannten Co-Creation Workshops mit Verarbeitern und Händlern entwickelt, aber wir haben auch 12 Kunden definiert, die regelmäßig ihre Probleme und Anregungen zu TEO an uns weitergegeben haben. Benötigte ein Mitarbeiter für eine Tür-Konfiguration im Schnitt 15 bis 20 Minuten bis das Angebot erstellt war, braucht er heute nur noch zwei bis drei Minuten. Im vergangenen Jahr sind wir dann im Frühjahr mit dem Tool für Türen online gegangen, im August mit den Garagentoren und im letzten Monat wurden die ersten Industrietore eingebunden. Aktuell arbeiten wir daran, dass auch die Ersatzteilbestellungen über TEO schnell und einfach abgewickelt werden können. Der Umsatzanteil, den wir automatisiert über TEO in die Warenwirtschaft einsteuern, steigt täglich.

metallbau: Auf der Website gibt es allein für Endkunden vier Konfiguratoren – lassen sich die unterschiedlichen Tools vielleicht mal auf einer Plattform fassen?

Teckentrup: Während es TEO nur in Deutsch gibt, sind die Konfiguratoren für die Endkunden und Partner in vielen Sprachen online. Allein aus diesem Grund ist eine Plattform für alle Tools nicht unser Ziel, für Deutschland ist es durchaus möglich, dass in ein paar Jahren alle Konfiguratoren in TEO integriert werden.

metallbau: Wie haben Sie vor, künftig die Kooperationen mit Ihren Kunden und den Baubeteiligten fortzuführen?

Teckentrup: Wir werden weiter Workshops unter der Überschrift „Customer-Co-Creation“ und „Design Thinking“ veranstalten. Bei Co-Creation Workshops geht es um die Verbesserung von Produkten. Unsere Kunden sind auf der Baustelle näher an den Problemen dran, deshalb veranstalten wir jährlich pro Produktgruppe einen solchen Workshop.

metallbau: Um welche Inhalte geht es bei den Workshops „Design Thinking“?

Teckentrup: Dabei geht es um Neuprodukte. Zu den einwöchigen Veranstaltungen laden wir Architekten, Verarbeiter, Monteure, Händler und Endkunden ein. Alle Baubeteiligten definieren hinsichtlich des Produkts ihren „Schmerzpunkt“. Einmal hatten wir eingeladen, die „stumpfe Tür“ der Zukunft zu definieren. Im Laufe der Gespräche wurde eine ganz andere Tür daraus. Der Bedarf einer zu einer Seite hin flächenbündigen Tür wurde deutlich und so entstand das auf der Bau vorgestellte Designprofil-FB. Indem wir die unterschiedlichen Perspektiven der Baubeteiligten auf einen Nenner bringen, ergeben sich optische, funktionale und preisliche Vorteile — auch was die Montagefreundlichkeit betrifft, können wir mit dieser Form der Kooperation punkten.

metallbau:  Sind Sie nach der strategischen Neuausrichtung mit Industrie 4.0 durch?

Teckentrup: Industrie 4.0 wird zum Standard, die Produktion ist vernetzt mit allen möglichen Prozesssteuerungen. Aber es ist nicht damit getan, die Produktion zu vernetzen und zu automatisieren, sondern möglichst die gesamte Prozesskette – von der Produktauswahl über die Bestellung bis hin zur Produktion und dem After Sales. Auch TEO ist Baustein von Industrie 4.0 und wir werden den Konfigurator weiterentwickeln, dass z.B. die Bestellungen direkt in die Produktion übermittelt werden und dem Kunden eine Nachverfolgung des Auftrags bis zur Versandlieferung mit exakten Lieferzeiten möglich ist.

Mit Industrie 4.0 verknüpft sich für uns vor allem die Frage, wie kriegen wir möglichst früh mit, was die Bedürfnisse und Probleme meiner Kunden sind und wie baue ich das in meine Prozesse ein. Klar ist, in Zukunft frisst der Schnelle den Langsamen.

metallbau: Sie haben neue Dienstleistungen wie den Türen-Vertrags-Service eingeführt. Wie läuft das Angebot?

Teckentrup: Mit dem Angebot wollten wir den Unternehmern entgegenkommen, die über fehlende Kapazitäten für die Montage klagen. Wir entlasten die Monteure, indem wir Türen durch unseren Logistikpartner fachgerecht direkt an die Türöffnung bringen lassen.  Das spart wertvolle Monteurszeit und vermeidet Verletzungen durch unsachgemäßen Transport. Wir hatten zu Beginn mit einer größeren Nachfrage, speziell bei größeren Projekten gerechnet.  Doch nach und nach erkennen unsere Kunden den Vorteil. Wir klären weiter auf, um unseren Partnern hier die Hemmschwelle zu nehmen, Arbeit abzugeben, die knappe Montageressourcen blockiert.

metallbau: Weshalb erweitern Sie Ihr Portfolio um Dienstleistungen?

Teckentrup: Uns ging es darum, den Metallbauern Angebote zu machen, mit denen sich Fachkräfte kompensieren lassen. In diesem Sinne bieten wir seit Kurzem auch Servicepakete beispielsweise für Falttore an.  Diese Tore werden nicht regelmäßig verarbeitet sind aber anspruchsvoll in der Beratung, im Aufmaß und der Montage. Wir möchten den Verarbeitern die Unsicherheit nehmen, sodass sie trotz mangelnder Routine im Einbau dieser speziellen Produkte den Auftrag übernehmen können. Die Servicepakete sind dreifach gestuft: Vom einfachsten, wo Teckentrup nur die technische Beratung übernimmt bis zum Rund-um-sorglos-Paket inklusive Montage. Dieses Angebot wird sehr gut nachgefragt.

metallbau: Wie hat sich 2018 das Inlandsgeschäft entwickelt? 2015 haben Sie angegeben, dass Sie ca. 70% Türen absetzen und zu ca. 30% Tore — haben sich diese Zahlen geändert?

Teckentrup: Das Verhältnis ist gleich geblieben, der Anteil der Türen ist minimal stärker gewachsen als der der Tore. Es gibt Tendenzen im Markt, unter anderem, dass Türen immer komplexer werden. Früher wurden viele Standardtüren bestellt, dieser Vertrieb läuft heute über den Konfigurator TEO. In der persönlichen Beratung sind wir immer stärker mit multifunktionalen Türen beschäftigt, für die wir ein Baukastensystem entwickelt haben, sodass sich auf Kundenwunsch derselbe Türrahmen mit unterschiedlichen Funktionen wie Schalldämmung, Wärmedämmung, Brandschutz oder Zugangskontrolle ausstatten lässt. Obwohl Smart-Home-Türen noch nicht wirklich stark nachgefragt werden, zeichnet sich die Entwicklung des Marktes in diese Richtung ab.                

metallbau:  Wie entwickelt sich der Export in die EU? Welche Produkte werden in welchen Ländern besonders gefragt?

Teckentrup: Wir machen 80 Prozent Umsatz im Inland, der Rest verteilt sich auf Europa. Aus UK werden viele Infrastrukturprojekte wie z.b. für den U-Bahnbau in London angefragt, wir haben einen sehr starken Türensektor mit Hochsicherheitstüren bis RC4 und SR5. Nach dem Brand des Grenfell Tower wurden die britischen Brandschutznormen stärker an unsere angelehnt. Auch diese Entwicklung spielt uns Aufträge zu.

In der Schweiz und Skandinavien geht es vor allem darum, die Betriebe im Service und bei administrativen Aufgaben zu entlasten. Die Schweiz ist ein hochqualitativer Markt mit hohen Designanforderungen. Über Zylindertechnik bei Toren und Blockzargen bei Türen haben wir vielfach Anpassungen unserer Produkte an die Schweizer Vorgaben vorgenommen. Ein spezielles Produkt für Schweden sind Feuerschutzeingangstüren aus Stahl für Appartements in Mehrfamilienhäusern.  Jedes Land benötigt spezielle Produktvarianten. Unsere Ausrichtung „Immer die beste Lösung – Ihre Lösung“ sorgt so auch im Exportgeschäft dafür, dass wir uns mit Produktinnovationen, bedarfsgerechten digitalen Angeboten sowie Services für Planer und Verarbeiter, erfolgreicher am Markt positionieren können.

www.teckentrup.biz

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