„Wir sind jetzt näher am Kunden“

Im Gespräch mit Kai Teckentrup

metallbau: Bevor wir über das Thema Umstrukturierung sprechen, möchte ich Sie nach der DIN EN 16034 fragen. Das Portfolio von Teckentrup ist auch davon betroffen, dass die ­europäische Norm nun anders als erwartet für die Innentüren mit Feuer- und Rauchschutzabschlüssen nicht gültig ist. Werden Sie versuchen, über eine ETA eine CE-Kennzeichnung für die ­Innentüren zu erhalten?

Kai Teckentrup: Aktuell können Türen und Tore generell nach den alten nationalen Regelungen vertrieben werden. Eine CE- Kennzeichnung ist derzeit nur im Außenbereich möglich. Dazu müssen Hersteller jedoch von europäisch notifizierten Prüf- und Überwachungsstellen überwacht werden. Mir ist aktuell nicht bekannt, dass es in diesem Bereich notifizierte Stellen gibt. Da der überwiegende Teil der Brandschutztüren und -tore Innentüren sind, stellt sich die Frage, wann die Innentürnorm kommt. Dazu liegen keine verlässlichen Informationen vor. Um größtmögliche Sicherheit zu haben, empfehle ich daher, nach aktuellen Normen auszuschreiben. Da eine ETA bei Veröffentlichung einer Innentürnorm meiner Auffassung nach überflüssig wäre, verfolgen wir diesen Weg nicht. Wir werden unseren Kunden auf unserer Homepage umfassend über den aktuellen Stand auf dem Laufenden halten.

metallbau: Nun zur Umstrukturierung, auf welche Bedingungen des Marktes hat sich denn Teckentrup neu eingestellt?

Teckentrup: Wir haben lange Zeit unsere Produkte in den Vordergrund gestellt, aber der Kunde bestimmt den Markt. Es geht um kundengerechte Lösungen, ein Gesamtpaket aus Produkt und Service – Dienstleistungen mit Mehrwert für unsere Partner. Unsere Kunden sollen unsere Fans werden. Ich gehe von fünf Jahren aus, bis das neue Selbstverständnis des Unternehmens vollständig umgesetzt ist.

metallbau: Was hatte Teckentrup in punkto Kundenorientierung aufzuholen?

Teckentrup: Wir sehen es weniger als ein Aufholen, denn nah am Kunden waren wir schon immer. Mit dem Philo-sophiewechsel geht es vielmehr darum, eine Vorreiter-Rolle ein­zunehmen – kundenzentrierte Industrieunternehmen sind derzeit noch nicht der Standard. Da wir diesen Schritt nun schon vollzogen haben, sehen wir uns besser als der Wettbewerb für aktuelle und vor allem für zukünftige Marktanforderungen gewappnet.

metallbau: Was haben Sie getan, um diese Umstellung zu realisieren?

Teckentrup: Wir haben unseren Service mit Kunden als Co-Crea-toren neu definiert, wir haben für den Aufbau unseres neuen Webshops Marktforschung mit zehn Fachpartnern und 30 Endkunden betrieben. Die Entscheidung für unsere Bauelemente soll angefangen von der Bestellung bis zur Montage und Abnahme durch den Kunden für alle ein gutes Erlebnis sein. Diesen Customer-Co-Creation-Prozess betreiben wir künftig noch intensiver. Denn um ein Produkt wirklich besser machen zu können, müssen wir alle miteinbeziehen, die damit arbeiten: Die Metallbauer ebenso wie die Nutzer. Es geht sowohl um Funktionen als auch um optimale Verarbeitung.

metallbau: Ein Ergebnis dieser Marktforschung ist Ihr Webshop für Toranlagen, was ist neu daran?

Teckentrup: In der Regel können Garagentore heute nur als Lagerprodukt online bestellt werden, ohne dass eine Mon­tage angeboten wird. Wir bieten ein Garagentor online mit Konfigurationsmöglichkeiten für den Endkunden, das dann vom geschulten Fachpartner montiert wird, und übernehmen mit dem E-Commerce den Vertrieb für das Partnerunternehmen.

metallbau: Andere Anbieter vertreiben ihre Toranlagen via ebay.

Teckentrup: Es gibt natürlich Anbieter, die ihre Tore via ebay vertreiben. Wir halten diesen Weg für nicht so gut, denn einen Hausbesitzer mit der Montage allein zu lassen, ist in den meisten Fällen problematisch. Aus unserer Sicht ist es besser, den Profi-Verarbeiter von Anfang an einzubinden. Bislang lief es so, dass unser Garagentor-Konfigurator Endkunden die Möglichkeit bot, ein Wunschtor zu definieren und damit dann um ein Angebot zu bitten. Mit unserem neuen Webshop sind wir einen Schritt weiter: Jetzt wählt er weiterhin das Tor aus, das ihm gefällt – allerdings hat er für das Angebot gleich seinen regionalen Partner im Blick und kann auch online direkt Kontakt zu ihm aufnehmen. So haben wir unser Partnerschaft zum Handwerk gestärkt und zugleich das Angebot für Garagenbesitzer verbessert – eben kundenzentriert gehandelt.

metallbau: Welche Vorteile bietet dieser Webshop im Vergleich zum konventionellen Verkauf?

Teckentrup: Kunden können sich ihr Tor Schritt für Schritt selbst konfigurieren, haben stets Preistransparenz und sehen, an wen sie sich wenden können, wenn sie sich für ein Tor entschieden haben. Der Webshop verbindet die Möglichkeiten des Internet-Handels ideal mit der Notwendigkeit, dass bei Produkten wie Garagentoren auch die anschließende Logistik  und fachgerechte Montage angeboten werden muss. Hausbesitzer interagieren dabei mit einem regionalen etablierten Handelspartner, der Produkte eines seriösen Unternehmens, „Made in Germany“ anbietet.

metallbau: Welche Voraussetzungen braucht der Montage­betrieb, damit er im Onlineshop als Fachpartner gelistet wird?

Teckentrup: Die Endkunden werden sich ihren Montagebetrieb nach der Postleitzahl auswählen. Wir meinen, dass uns relativ schnell eine bundesweite Abdeckung gelingt. Unsere Fachpartner sollen die fachliche Kompetenz für eine Beratung mitbringen und Schulungen zu den Toren bei uns absolviert haben. Wenn der Auftrag beim Fachpartner eingeht, soll dieser innerhalb von zwei Tagen Kontakt zum Kunden aufnehmen und nach Abschluss des Auftrags muss er sich vom Kunden auf Basis eines Fragebogens bewerten lassen. Dabei geht es vor allem darum, dass darüber gesprochen werden muss, wenn etwas falsch gelaufen ist. Da wir zunächst gemeinsam mit den Partnern einen Markt entwickeln wollen, brauchen die Partner im ersten Jahr keine Gebühr zahlen. Für die Zukunft ist geplant, dass wir den Onlineshop auch im Ausland anbieten, zunächst in den Ländern, in denen wir Niederlassungen haben.

metallbau: SAP war ein weiteres größeres Projekt der Umstrukturierung, können Sie vielleicht zur Einführung des Programms ein paar Eckdaten nennen?

Teckentrup: Wir sind 2014 mit dem IT-Projekt gestartet. 2015 war dann die heiße Phase der Implementierung. Von unseren seinerzeit 935 Mitarbeitern waren ca. 80 Vollzeit in die Umsetzung involviert. Seit Januar dieses Jahres arbeiten wir mit SAP, allerdings waren für die Nachpflege der Daten nochmals 20 unserer Mitarbeiter drei Monate lang Vollzeit beschäftigt.

metallbau: Welche Vorteile bringt SAP konkret für Teckentrup?

Teckentrup: Diese ERP-Software ist im Grunde die betriebstechnische Voraussetzung für „Industrie 4.0“ und die Basis der ­Digitalisierung und des E-Commerce. Sie bildet die Prozesse vollständig ab, von der Anfrage bis zum Forderungsmanagement. Intern haben wir stets valide betriebswirtschaftliche Daten auf Knopfdruck. Ebenso kommen wir zu besseren Prozessen im Warehouse-Management, in der Logistik und vor allem im Service – diesen Vorteil geben wir dann gerne an unsere Kunden weiter. Auch die Möglichkeit, unsere Produkte nachverfolgen zu können, sehe ich als Vorteil – für uns wie für unsere Kunden.

metallbau: Herr Teckentrup, wie haben sich die Betriebszahlen im Laufe der Umstrukturierung verändert? Im Jahr 2013 waren es 900 Mitarbeiter, 140 Mio. Umsatz, 150.000 Stahlblechtüren und 50 % Kunden aus dem Metallbau? Der Exportanteil betrug 20 %.

Teckentrup: Für das Jahr 2015 haben wir folgende Zahlen: 953 Mitarbeiter, 146 Mio. Euro Umsatz, 150.000 Stahlblech­türen und 50 % Kunden aus dem Metallbau. Der Exportanteil ist gleich geblieben.

metallbau: Im Export haben Sie sicher vor, zu wachsen?

Teckentrup: Wir produzieren aktuell zu 70 % Türen und zu 30 % Tore. Wachsen wollen wir deshalb vor allem im Segment Tore. Wir haben uns Wachstumsziele im In- und Ausland im zweistelligen Bereich vorgenommen. Der internationale Markt ist insbesondere für unsere Industrietore und Brandschutztüren interessant. Beim Export konzentrieren wir uns auf fünf Kernmärkte: UK, Schweden, die Niederlande, Belgien und die Schweiz.

metallbau: Hat die BAU nach der Umstrukturierung des Unternehmens eine besondere Bedeutung?

Teckentrup: Wir zeigen uns in München erstmals mit neuem CI. Aus „Türen – Tor – Zargen“ wurde „Door Solutions“, Teckentrup präsentiert sich als agiles Unternehmen. Unser Ziel ist es, auf der Messe unsere Neu-Positionierung mit den Schlagworten Design, Sicherheit und Service erlebbar zu machen. Die BAU ist für uns der Auftakt,  das neue Teckentrup nach außen zu tragen. So gibt es erstmals einen Bereich für Customer-Co-Creation, wo Prototypen neuer Produkte ausgestellt werden. Wir möchten mit den Messebesuchern diskutieren, wie diese modular weiterentwickelt werden. Auch eine Gala an einem Messeabend gab es bislang nicht: Im Palais Lenbach erwarten wir ca. 250 Kunden. Natürlich sind wir sehr gespannt, wie die Kunden auf den Webshop reagieren. So ein Vertriebskonzept gibt es bislang in der Branche nicht.

metallbau: Was fällt Ihnen zu 2017 ein?

Teckentrup: Wenn wir unseren Kunden unsere neuen Angebote vorgestellt haben, wird es sicher im ersten Halbjahr viele Ter­mine geben. Es müssen mit den Partnern Kampagnen ausgewählt und Vermarktungsstrategien gefunden werden. ⇥

Halle B3, Stand 321

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