Christian Lamprecht, Unternehmer
Metallbauer & BIM ProfessionalChristian Lamprecht führt in Datteln einen Betrieb mit 75 Mitarbeitern. Der Unternehmer ist umfassend ausgebildet: Das Diplom als Wirtschaftsingenieur hat er in Fachrichtung Logistik abgeschlossen, an der Hochschule Augsburg hat er sich mit dem Master in Project Management – Fachrichtung Fassade – qualifiziert, etwas später die Weiterbildungen zum BIM Professional und Mediator (Fachrichtung Bau) absolviert. Der Geschäftsführer leistet in seinem Betrieb auch die IT-Administration. Wir haben ihn zum Thema BIM-Arbeitsweise in der Metallbaubranche ein paar Fragen stellen können.
metallbau: Weshalb haben Sie sich zum „BIM Professional“ ausbilden lassen?
Christian Lamprecht: Von BIM habe ich das erste Mal während meines Studiums an der Hochschule Augsburg gehört, an der ich mich zum Master of Engineering in Project Management, Fachrichtung Fassade weitergebildet habe. BIM selbst wurde damals noch nicht vertieft, es stand mehr oder weniger abstrakt als das sagenumwobene Allheilmittel der Zukunft im Raum. Da ich schon immer versucht habe, in unserer Firma die EDV / Digitalisierung nach vorne zu bringen, wollte ich wissen, was es damit auf sich hat. Der naive Wunschgedanke war: „Jetzt lerne ich, wie BIM funktioniert, und dann können wir das auch.“
metallbau: Wie lässt sich die Weiterbildung berufsbegleitend organisieren? Was kostet sie und haben Sie dort andere Metallbauer getroffen?
Lamprecht: Die Weiterbildung fand an der Ruhr-Universität Bochum statt. Sie wurde in 6 Modulen à 2 Tagen berufsbegleitend angeboten, zu Kosten von ca. 8.000 Euro. Die Teilnehmer waren sehr durchmischt, andere Metallbauer waren nicht dabei. Da der Kurs sich sowohl an Hoch- und Tiefbau wie Infrastruktur richtete, kamen die Beteiligten von Generalunternehmen, Architekturbüros, Planungsbüros, aber auch von der Deutschen Bahn. Dadurch war ein interessanter Blick und Austausch über den Tellerrand hinaus möglich, der aber nicht immer zielführend für die eigenen Belange war. So weiß ich jetzt, dass gewisse 3D-CAD-Applikationen für Infrastrukturmaßnahmen nicht taugen, da sie die Erdkrümmung nicht beachten. Der Lehrgang war mehr als erschöpfend. Stören tut aber die Erkenntnis, dass das Erlernte nur eine geringe Halbwertszeit hat, da sich das ganze Geschehen weiter entwickeln wird und muss und daher das erworbene Wissen schneller altert, als man es sich wünscht.
metallbau: Um welche Inhalte geht es in dieser Ausbildung, inwiefern gibt es direkte Verknüpfungen mit dem Bedarf an BIM-Weiterbildung für Metallbauunternehmen?
Lamprecht: Was sich tatsächlich für ein „Monstrum“ hinter BIM versteckt, war mir bis zu dem Zeitpunkt nicht bewusst. Es wurde der Vorhang gelüftet, was BIM sein sollte oder vielleicht und hoffentlich einmal sein wird. Es war eine naive Vorstellung meinerseits, dass ich mit einer vollständigen Anleitung aus dem Kurs gehe, um zu wissen, was ich tun muss. Es geht inhaltlich um den organisatorischen, prozesstechnischen, rechtlichen, graphischen, datentechnischen und ideologischen Aufbau von BIM. Aber nicht als ein in Stein gemeißelter fester Prozess, sondern als hochdynamische und noch lange nicht am Ziel angekommene Ideologie, die noch ihre festen Regeln und Beteiligte sucht.
Die abstrakte Idee von BIM macht absolut Sinn und ist wünschenswert. Aber der Weg dahin ist unfassbar komplex. Ich versuche es manchmal mit der Musik zu erklären. Stellen Sie sich zehn Musiker vor, die über Deutschland verteilt jeweils irgendwo auf einem Marktplatz stehen und die sich nun abstimmen sollen gleichzeitig ein Musikstück zu spielen, das zusammengefügt zu einem wird, ohne dass es hinterher am Mischpult einfach zurechtgeschnitten wird. Sie müssen sich Gedanken machen: Wer spielt was, in welcher Lautstärke, mit welchem Instrument, mit welchen Aufnahmegeräten (alle die gleichen oder jeder mit seinem eigenen?) Wie wird es übertragen, wenn man Verzögerungen durch Licht- und Schallübertragungen einrechnen muss. Und wie übt man das Ganze, wer überwacht das und wer ist verantwortlich für die ganze Veranstaltung? Und schon wird klar, dass man viel mehr Leute braucht, als nur die zehn Musiker und dass man vorher ein Drehbuch schreiben muss, wie das Ganze ablaufen soll. Und das sind Vertragswerke, die BIM mit sich bringen wird, die den digitalen Austausch regeln sollen. Was fordert der Bauherr (AIA = Auftraggeber-Informationsanforderungen) und wie gedenken es die Beteiligten umzusetzen (BAP = BIM-Abwicklungsplan)? Und wenn man sich wieder die Musiker vor Augen hält, wird einem schnell klar, dass ich als einzelner Musiker mich nicht in irgendeine Stadt stellen kann und ab sofort „BIM mache“. So geht es auch dem Metallbauer, der nicht von alleine seine Prozesse einfach auf BIM umstellen kann, denn er würde weder den erforderlichen Input bekommen, noch könnte jemand mit seinem selbst erdachten Output etwas anfangen.
metallbau: Die BIM-Arbeitsweise in Metallbaubetrieben, wie würde sich das theoretisch gestalten – Hardware, arbeitstechnisch, Abläufe der Betriebe usw.? Welche Schritte wären nötig, um die vollständige BIM-Arbeitsweise im Metallbau umzusetzen? Welche Vorteile sehen Sie für den Metallbauer und welche Vorteile für die anderen Gewerke?
Lamprecht: Bleiben wir wieder bei den Musikanten. Inwiefern und wie tief diese an dem ganzen Geschehen mitwirken, hängt in erster Linie davon ab, zu welchem Zeitpunkt sie gefragt werden. Und das ist auch die Frage, die den Metallbauer umtreibt, genauso wie alle anderen Gewerke. Stellt der Musiker sich nun auf den Kirchplatz seiner Heimatstadt und spielt, wie er es schon immer gemacht hat, sein Lied einfach in das schon komplett vorbereitete Set – ist er dann BIM-ready? Wenn also der Metallbauer auch zukünftig einfach nur vom BIM-Modell abgeleitete 2D-Zeichnungen bekommt, dann ist er Teil von BIM, ohne dass sich auch nur irgendetwas für ihn geändert hat. Sollte das so sein, was sollte er dann jetzt ändern? Wird er aber aufgefordert, sich in das BIM-Modell mit einzubringen — und das wird sein Interesse sein, dann muss er das zu einem viel früheren Zeitpunkt tun und braucht dann aber ganz andere Rechte, Hardware, Software und Spezialisten. Dann funktioniert 2D ganz sicher nicht mehr. Allerdings bringt er dann auch ganz konkretes Know-how in die Planung mit ein, wodurch es sein Begehren sein wird, früher den gesamten Auftrag zu bekommen, er lebt ja nicht vom Planen allein. Also wird ein Umdenken in dem ganzen Prozess stattfinden müssen. Aber das steht eben noch nicht fest. Der Musiker kann theoretisch jetzt schon loslaufen und sich ein sündhaft teures Aufnahmemikro kaufen, was er vielleicht nie braucht. Sich aber mit Mikrofonen gar nicht zu beschäftigen, könnte ebenfalls fatal enden.
Die Vorteile des frühen Sich-Miteinbringens liegen klar auf der Hand. Je mehr und besser man sich vorab in sein Gewerk mit einbringen und dieses gestalten kann, desto besser und kostengünstiger wird das Ergebnis für alle Beteiligten sein, da kostspielige Überraschungen vermieden werden können.
metallbau: Und welche Nachteile sehen Sie?
Lamprecht: Nachteile könnten sein, wenn das jeweilige BIM-Konstrukt immer wieder bei Adam und Eva anfängt und sich neu erfindet. Dann wird man sehr viel Zeit mit Dingen verbringen müssen, die dann mit dem tatsächlichen Bauen überhaupt nichts mehr zu tun haben, sondern nur noch mit der Theorie des Bauens. Damit würde das Bauen nicht günstiger werden, sondern es würden im Gegenteil zusätzliche Kosten entstehen.
metallbau: Bei welchem Schritt ist Metallbau Lamprecht angekommen? Was hatten Sie bislang mit BIM zu tun?
Lamprecht: Wir hatten bislang noch kein Projekt, das vollständig über BIM abgewickelt wurde, schon aber erste Versuche, BIM unverbindlich und parallel mitlaufen zu lassen, teilweise auch sehr intensiv. Leider führte das durch die vielen Unklarheiten aber immer dazu, dass man ab einem gewissen Punkt den Pfad der Tugend verlassen hat, weil es zu aufwendig wurde, vor allem neben dem dann parallellaufenden klassischen Planungsprozeß. Und wie ich schon zuvor erwähnte, war es bislang auch immer erst ein Zutritt in bereits bestehende Strukturen, sodass es doch eher ein Testen auf einem sehr niedrigen Level war. Wir bleiben aber weiterhin aufmerksam und offen für Bauvorhaben, die demnächst vielleicht mehr in diese Richtung verlangen. Das Problem ist eben, dass man sich nicht wirklich konkret vorbereiten kann.
metallbau: Ist es sinnvoll für Metallbaubetriebe, angesichts der noch geringen externen Anforderungen an BIM Investitionen und Umstrukturierung im umfänglicheren Sinne vorzunehmen?
Lamprecht: Natürlich muss man BIM im Auge behalten und sich auf dem Laufenden halten. Aber es ist eben schwierig, das in feste Vorgehensweisen zu gießen. BIM unterscheidet z.B. zwischen „Open BIM“ und „Closed BIM“, was nichts anderes bedeutet, als dass entweder der Auftraggeber in seinen AIA vorgibt, welche Software von allen Beteiligten zu benutzen ist, um Übertragungsfehler auszuschließen, oder ob er es ihnen freistellt. Würde man sich jetzt also auf eine spezielle Software ausrichten, könnte das Vorsprung und Nachsicht gleichzeitig sein. Ich gehe schon davon aus, dass die Tendenz eher zu „Open BIM“ gehen wird, aber wissen kann man es letztendlich nicht. Wir werden also nicht um ein weiteres, vorsichtiges Sich-Herantasten an diese Thematik herumkommen. Ich glaube aber auch, dass wenn der Knoten einmal durchschlagen sein wird, es dann sehr schnell gehen wird.
metallbau: Wie bewerten Sie die BIM-Software, die aktuell der Metallbaubranche zur Verfügung steht?
Lamprecht: Für unser Gewerk gibt es schon eine Menge an guten Möglichkeiten. Es ist nur zu teuer, sie alle auszuprobieren und zu bevorraten. Und es geht ja nicht nur um den Kauf von Software. Es braucht vor allem Leute, die die Software bedienen können, und diese kann ein Geschäftsführer natürlich nicht mit allen möglichen Programmen gleichzeitig beschäftigen und das neben dem eigentlichen Job.
metallbau: In welchen Arbeitskreisen tun sich Metall-/Fassadenbauer zusammen, um die BIM-Arbeitsweise für Ihren Berufsstand voranzubringen?
Lamprecht: Der VFF Verband Fenster + Fassade hat ein sehr gutes und kompaktes Merkblatt zu BIM herausgebracht. Die Systemlieferanten steuern ebenfalls Software, Seminare und Austauschmöglichketen bei. Aber was genau kommt, kann niemand so genau sagen. Dass es aber kommt ist sicher, das zeigen uns andere Länder, sodass das Ganze nicht als Hirngespinst abgetan werden kann. Es gilt einen kompakten Weg zu finden, statt das Ganze zu sehr aufzublähen.