Deutschland: Planer und Metallbauer

„Ausführenden bleibt genug Gestaltungsfreiraum“

Martina Philipp führt mit ihrem Ehemann Hugo Philipp seit 30 Jahren ein Konstruktions- und Ingenieurbüro in Schwarzenbach/Saale. Die staatlich geprüfte Hochbautechnikerin ist seit mehr als 40 Jahren in der Metallbaubranche tätig, sie erstellt vor allem Planungen und Ausschreibungen nach Leistungsphase 5 bis 8 im Auftrag von Architekten und Bauherren.


metallbau: Welche Vorgaben erhält der Metallbauer gewöhnlich mit Ihren Leistungsverzeichnissen?

Martina Philipp: Zur Ausschreibung gehören die Leistungsbeschreibung, Architektenpläne, Detailplanungen und bauaufsichtliche Gutachten nach HOAI Lph. 2+3. Bei öffentlichen Ausschreibungen dürfen im LV keine Produkte benannt werden, bei gewerblichen Ausschreibungen können wir Produkte benennen. Möchte ein Metallbauunternehmen dann andere Produkte/Materialien verarbeiten, muss er dies bekannt geben und deren Gleichwertigkeit nachweisen. Entsteht in der Planung dadurch ein Mehraufwand, muss diese Leistung der Metallbauer übernehmen. Von uns erhält er alle Unterlagen als PDFs, wir geben keine Daten im DWG-Format heraus.

metallbau: Haben Sie als Ingenieurbüro auf die Auswahl des Zuschlags Einfluss?

Philipp: Bei gewerblichen Aufträgen haben wir eine Mitsprache, beispielsweise geben wir eine Bewertung ab, ob wir ein Angebot für realistisch halten oder ob die angegebenen Preise passen. Auch die Leistungsfähigkeit des Unternehmens ist von Bedeutung.

metallbau: Herr Trommer von Frener & Reifer lobt die Schweiz für ihre partnerschaftliche Teamarbeit unter den Baubeteiligten (siehe Interview Seite 11). Wie werden Ihrer Erfahrung nach in Deutschland die ausführenden Unternehmen in die Planungsgespräche miteinbezogen?

Philipp: In Deutschland arbeiten Bauherr, Architekt, Planer und Metallbauer nicht auf Augenhöhe. Architekten müssten dafür zunächst die Bereitschaft entwickeln, auf Ideen von ausführenden Firmen einzugehen. Der Metallbauer ist das letzte Glied in der Kette, das heißt, erst wenn er den Zuschlag bekommt. Prinzipiell kann er es sich dann aus terminlichen Gründen nicht leisten, etwas anders zu planen. Die gesamte Umplanung müsste von ihm getragen werden. Aber es geht auch um einen weiteren Aspekt, weshalb der Metallbauer für gewöhnlich erst nach Planungsabschluss beziehungsweise nach Submission ins Team kommt. Würde die Firma vorab in die Gespräche einbezogen, wäre es schwierig, im zweiten Schritt das Projekt auch für die Mitbewerber auszuschreiben. Solches Vorgehen wäre problematisch.

metallbau: Welche Gestaltungsfreiräume bleiben Metallbauunternehmen in Deutschland?

Philipp: Die Unternehmen sind nicht nur ausführend, da bleibt genug Gestaltungsfreiheit. Größere Betriebe beschäftigen Bauingenieure, Statiker und Techniker und unterhalten eigene Planungsbüros. Zum Teil werden Ingenieur- und Planungsleistungen fremdvergeben. Architekten geben in erster Linie die Optik vor. Wie das technisch umgesetzt wird, ist im Rahmen der baurechtlichen Vorgaben Sache der ausführenden Metallbaufirma und dessen Planern. Die Verantwortung liegt beim Metallbaubetrieb. Ganz anders kann es natürlich bei Generalübernehmern wie zum Beispiel Firma Züblin, Kassecker oder anderen laufen, die sowohl über Architekten- und Planungsbüros, teilweise auch über eigene Metallbauunternehmen verfügen. In dieser Konstellation kann eine partnerschaftliche Teamarbeit der Baubeteiligten ab dem Architektenentwurf vielleicht möglich sein. Das bedingt allerdings, dass bereits vor Planungsbeginn der Generalunternehmer im Wettbewerb gefunden wird.

metallbau: Eine Frage noch zu BIM. Hatten Sie mit dieser neuen Arbeitsweise schon zu tun?

Philipp: BIM, Building Information Modeling, steckt im Gewerk Fassadenbau noch in den Kinderschuhen. Viele reden über BIM, aber kaum jemand kennt sich aus. Das Gewerk Fassade ist zu kompliziert. Programme, die am Markt sind, sind noch zu teuer und keinesfalls ausgereift. Zusätzlich müssen auch die Mitarbeiter geschult werden. Wenn uns ein Auftrag mit BIM angeboten würde, müssten wir ablehnen. Dass Metallbauer BIM als Arbeitsmethode einsetzen, sehe ich noch lange nicht.⇥ma ◊

Info & Kontakte

KBM – Philipp – GmbH

Konstruktions- und Ing.-Büro für Metallbau

Fassadenplanung – Energieberatung

Lessingstraße 3

95126 Schwarzenbach a.d. Saale

Tel. 09284 4065

www.kbm-philipp.de

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