Metallbauer & Social Media

Umsatz mit Followern

Soziale Medien und traditionelles Metallhandwerk scheinen auf den ersten Blick nicht zusammenzupassen. Doch mit Facebook, YouTube und Co. können ausführende Metallbaubetriebe nicht nur ihr Image verbessern, sondern auch Umsätze erzielen.

Für Kathrin Süsser sind Online-Netzwerke wie Facebook oder Instagram ein günstiges Marketinginstrument: „Über die sozialen Medien können wir wesentlich mehr Menschen erreichen als über unsere Homepage“, sagt die gelernte Metallbauerin. Ihr Vater Albrecht Pfeiffer gründete 1975 im schwäbischen Birkenfeld eine Schlosserei und Hufschmiede, Schwiegersohn Dominic Süsser hat vor einigen Jahren den Metallbaubereich erweitert. Heute beschäftigt die Firma Pfeiffer-Schmiede Metallbau elf Mitarbeiter. „Mein Vater und mein Mann waren zunächst skeptisch und hatten Bedenken, unseren Betrieb im Internet so öffentlich zu zeigen“, erinnert sich Kathrin Süsser. Gut zehn Jahre und fast 2.000 Facebook-Fans später habe sich die Skepsis der beiden gelegt. Inzwischen macht der Betrieb über Links in allen E-Mail-Signaturen, Hinweisen auf dem Firmenbriefpapier sowie in der Print- und Bannerwerbung auf seine Social-Media-Seiten aufmerksam.

Kundenkontakt via Facebook

Kathrin Süsser ist nicht nur für Kalkulationen im Schlossereibereich zuständig, sondern auch fürs Marketing und damit für die Firmenauftritte im Internet. Gerade in der schnelllebigen Social-Media-Welt sei es wichtig, immer am Ball zu bleiben: „Wenn ich mit meinem Kind beim Kieferorthopäden im Wartezimmer sitze, gehe ich unsere Social-Media-Kanäle durch oder setze mal eben einen Kommentar oder Post ab“, gibt die Unternehmerin ein Beispiel, wie sie Wartezeiten sinnvoll nutzt. Viele Posts der Pfeiffer-Schmiede auf Instagram und Facebook zeigen Balkonkonstruktionen, Treppengeländer oder Carports, die für Kunden hergestellt und montiert worden sind. Die meisten Abonnenten der Social-Media-Kanäle kommen aus der Umgebung. Süsser: „Mit regelmäßigen Beiträgen wollen wir uns immer wieder in Erinnerung bringen.“ Dass dies gelingt, zeigen Anfragen von Kunden, die angeben, sie hätten „da mal was auf Facebook gesehen“.

Referenzen als Posts

Fotos, auf denen Personen zu sehen sind, erhalten generell mehr Likes als Bilder ohne Menschen, so die Erfahrung der Marketing-Verantwortlichen. Regelmäßig holt sich Süsser das Einverständnis ihrer Kunden und postet fertiggestellte Aufträge – etwa ein besonderes Treppengeländer aus Glas und Metall oder einen Carport mit Vordach. „Viele Kunden freuen sich, wenn wir speziell ihr Projekt veröffentlichen.“ In Facebook-Anzeigen investiert sie dagegen nur selten: „Normalerweise gibt es einmal im Jahr auf dem Gelände unseres Vierseitenhofs eine Veranstaltung unter dem Motto ‚Handwerk erleben‘ mit Betrieben und Handwerkern aus der Region. Hier habe ich zuletzt 2019 eine kostenpflichtige Anzeige auf Facebook geschaltet und teilnehmenden Geschäftspartnern erklärt, wie sie selbst eine Einladung an ihre Fans und Abonnenten senden können“, erzählt Süsser.

Maximal eine Stunde pro Woche beschäftigt sich die 40-Jährige mit den Sozialen Medien, das Schreiben der Beiträge gehe ihr leicht von der Hand und von den Online-Posts ließen sich auch Maßnahmen für die klassische Printwerbung ableiten: „Wenn ich Fotos für Prospekte suche, orientiere ich mich daran, welche Bilder auf unseren Social-Media-Kanälen besonders oft geliked oder geteilt wurden.“

Auf YouTube rockt das Metallbauhandwerk

„Über unseren YouTube-Kanal erhalten wir Anfragen aus ganz Deutschland, rund 70 Prozent unseres Umsatzes generieren wir online,“ sagt Jean-Pierre Samulewitz. Der Inhaber von JPS-Metalldesign aus Remscheid hat sich mit seinem kleinen, familiären Betrieb auf Edelstahlgeländer, Handläufe und Einbruchschutz spezialisiert.

Bei der Firmengründung vor mehr als zehn Jahren habe er soziale Medien zunächst nur nebenbei genutzt, heute beschäftigt er sich nahezu professionell mit Social-Media-Marketing. Auf YouTube hat Samulewitz mehr als 1.000 Abonnenten. Das erfolgreichste Video zeigt den Austausch eines PVC-Handlaufs und wurde fast 50.000-mal aufgerufen.

„Über die automatische Vervollständigung bei der Google-Suche habe ich recherchiert, wonach im Zusammenhang mit dem Wort ‚Edelstahlgeländer‘ am meisten gesucht wird und dementsprechend dann Videos produziert“, erläutert der Metallbaumeister aus dem Bergischen Land. Mit unter den häufigsten Suchan-fragen sei zum Beispiel „Edelstahlgeländer Bausatz“ gewesen, weshalb er einen Kurzfilm ins Netz gestellt hat, in dem er über Systembausätze spricht. „Ein Anbieter dieser Bausätze hat mich daraufhin angerufen und sich bedankt, dass ich als Maßanfertiger nicht über Bausätze herziehe, sondern aufkläre, für wen sie geeignet sind.“ Daraus sei eine Kooperation entstanden und die JPS-Kunden profitieren nun davon, dass der Betrieb die System- und Zubehörteile zu Sonderkonditionen einkaufen kann.

Nutzwert statt Werbung

Auf dem YouTube-Kanal des Unternehmens gibt es – statt aggressiver Werbung – vor allem nutzwertige Inhalte. Viele der knapp 80 Videos sind Ratgeber, erläutern etwa Maßnahmen für Einbruchschutz oder erklären, wie ein Handlauf montiert wird. Über eines dieser Videos kam vor vielen Jahren die erste Anfrage eines Kunden, der ein Fenstergitter bestellen wollte: „Auf den Gedanken, unsere Produkte an Selbstmontierer zu verschicken, war ich bis dahin noch gar nicht gekommen“, erinnert sich der Metallhandwerker. Heute gehört der Versand maßgefertigter Geländer, Vordächer, Handläufe und Fenstergitter zum Geschäft.  Damit die Lieferungen bundesweit unbeschädigt bei den Kunden ankommen, arbeitet Samuletwitz mit Partnerbetrieben zusammen: „Wenn ein Kunde in Süddeutschland wohnt und bei uns ein Vordach zur Selbstmontage bestellt, ist es einfacher und sicherer, wenn ein regionaler Glaser die Glasteile auf die Baustelle bringt“, so der Unternehmer. Erhält JPS dank reger Online-Aktivitäten Aufträge in weiter entfernten Regionen, vermittelt der Inhaber diese inzwischen gegen Provision an Betriebe aus dem Umkreis der Auftraggeber. „Einige Mitbewerber wundern sich, dass ich Aufträge gegen Provision abgebe. Doch dank meines Social-Media-Konzeptes profitiere ich von diesem Geschäftsmodell.“ Etwa 100 Euro am Tag gibt der medienaffine Metallbauer für unterschiedliche Werbeformen im Internet aus. „Nach ein paar Tausend Euro Lehrgeld hole ich inzwischen jeden ausgegebenen Euro dreifach als Umsatz wieder herein.“

Regeln für Social-Media speziell für die Branche

Die besten Produkte zeigen: Ob besondere Gartenzäune, hochwertige Türen, spezielle Fassaden oder Balkongeländer im außergewöhnlichen Design: Wer sich von seiner besten Seite zeigt, vielleicht sogar mit Vorher-/ Nachher-Fotos, erzeugt Begehrlichkeiten bei den Social-Media-Nutzern.

Selbst mitmachen: Soziale Medien leben von der Interaktion. Deshalb gilt: Abonnieren Sie andere Seiten, zum Beispiel von Lieferanten oder Geschäftspartnern. Liken oder kommentieren Sie deren Beiträge. Mit dem Teilen der besten Posts anderer Seiten lässt sich oft mit wenig Aufwand für die eigene Seite guter Inhalt generieren. Durch partnerschaftliche Interaktionen erhöht sich außerdem die Reichweite und die Anzahl der Fans und Follower kann organisch wachsen.

Nutzwertige Inhalte: Posten Sie, was möglichst vielen helfen kann. Etwa ein einbruchsicheres Fenstergitter, eine lichtdurchlässige Terrassenüberdachung – oder auch einmal Tipps für Hobbyhandwerker. Nicht jeder Beitrag muss werblich sein.

Storys und Beiträge aufteilen: Auch wenn es einmal viel zu erzählen und zu zeigen gibt, sollten nicht alle Bilder oder Storys auf einmal hochgeladen werden. Besser ist es, die Informationen auf mehrere Tage zu verteilen.

Keine reinen Baustellenfotos: Wenn Baustellen, dann ein Foto, das ein fertiges, sauberes Ergebnis zeigt oder besser: mit Vorher- und Nachher-Bildern arbeiten. Denn wer in der Mittagspause oder zum Feierabend seine Timeline auf Facebook oder Instagram checkt, will kein Baustellen-Chaos sehen oder Bilder, die Unfertiges und Arbeit signalisieren.

Nachgefragt bei Josef Rankl, Social-Media-Berater

Josef Rankl ist Social-Media-Berater und hilft Unternehmen in den sozialen Medien zum Erfolg. Der ehemalige Marketingleiter mit mehr als 25 Jahren Praxiserfahrung hat fürs Metallhandwerk eine Social-Media-Anleitung erstellt.

Grundsätzlich gilt:

Ganz oder gar nicht: Wer sich für soziale Netzwerke wie Facebook, YouTube oder Instagram entscheidet, sollte sich regelmäßig um diese Kommunikationskanäle kümmern. Unvollständige oder nicht gepflegte Kanäle sind eine schlechte Visitenkarte. Mit entsprechender Organisation reichen maximal drei Stunden pro Woche fürs Social-Media-Marketing.

Betriebe sollten sich vorweg überlegen, was sie über die sozialen Medien erreichen wollen. Das kann beispielsweise mehr Bekanntheit oder Reichweite sein. Vielleicht ist das Ziel auch, Fachkräfte oder Auszubildende zu gewinnen, dann gilt: Mitarbeiter nach vorn. Ein kurzes Video, in dem ein Auszubildender erklärt, was er am liebsten macht und was er an seinem Arbeitgeber schätzt, hilft mehr als eine teure Stellenanzeige, die an der Zielgruppe vorbeigeht.

Social Media lebt vom Mitmachen! Das gilt auch für die eigenen Mitarbeiter: Das Montageteam kann etwa nach jedem beendeten Auftrag ein Foto mit dem Smartphone aufnehmen. In einem Foto-Ordner auf dem Laufwerk können Bilder und Videos gespeichert und dann für entsprechende Beiträge hochgeladen werden. Bei Projekten, die im Kundenumfeld fotografiert werden, unbedingt den Auftraggeber um Erlaubnis fragen vor Veröffentlichung.

Achtung: Je größer der Betrieb, desto wichtiger sind interne Richtlinien für die Nutzung Sozialer Medien. Wenn Mitarbeiter den Arbeitgeber in ihrem Profil eingetragen haben, könnten andere Nutzer deren Seiteninhalte für offizielle Statements des Unternehmens halten. Das kann geschäftsschädigend sein, wenn etwa diskriminierende Inhalte geteilt oder Hetze verbreitet wird. Social-Media-Guidelines legen fest, wie Mitarbeiter soziale Netzwerke nutzen, was darüber kommuniziert werden soll – und was nicht. Die Richtlinien in einem gemeinsamen Workshop zu erarbeiten, womöglich mit Unterstützung eines externen Experten, steigert die Akzeptanz.

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