Geschäfte machen auf Facebook

Internet-Plattformen als Börse für Handwerker

Sind soziale Netzwerke wie Facebook und Instagram nur ein netter Zeitvertreib oder lassen sich hier auch Geschäfte machen? Wie gehen die Unternehmer aus dem Metallbau-Handwerk mit den Plattformen um? Welche Risiken sehen sie, welche Chancen nutzen sie? Wir haben uns umgehört.

Florian Leichtenstern ist ein Fan. Der Metallbaumeister aus dem bayerischen Karlshuld hält große Stücke auf seine Online-Präsenz. Der Web-Shop ist bei ihm schon etabliert. Gerade baut er eine eigene Seite für sein kleines Unternehmen auf, das nur vier Mitarbeiter hat, aber im Netz dennoch sehr aktiv sein will. „Da sehe ich die Zukunft. Wer da nicht mitmacht, hat etwas verpennt“, sagt Leichtenstern. Eine große Vorbildung brauche man auch nicht, findet er: „Man muss sich da einfach mal rantrauen.“

Sich mit Gleichgesinnten austauschen

Die guten eigenen Erfahrungen treiben ihn an. Seine Firma soll davon profitieren. Auch darum schaut er nicht nur zu, sondern beteiligt sich aktiv, ist etwa Mitglied in einer Metallbau-Gruppe auf Facebook, die aktuell mehr als 7500 Mitglieder zählt – und täglich kommen neue hinzu. Leichtenstern findet hier ein professionelles Forum, um sich mit Gleichgesinnten auszutauschen.

Internet und Handwerk – was zunächst wie ein Widerspruch klingt, greift immer mehr ineinander. Die großen Hersteller der Branche wie Schüco oder Assa Abloy sind hier schon lange aktiv, gönnen sich teilweise sogar eigene New-Business-Schmieden, die sie in hippen Gründervierteln von Berlin ansiedeln, um so die Start-up-Luft der Großstadt zu atmen. Sie teilen Neuigkeiten aus der Firma über Twitter, Facebook & Co., suchen auf Xing oder Linkedin nach Fachkräften, stellen Videos bei Youtube ein und schmücken sich mit den Bilderwelten auf Instagram, um die eigenen Produkte und Ideen ins rechte Licht zu rücken. Die meisten Großen haben für ihre Online-Kampagnen einen festen Plan, den sie über das Jahr abarbeiten, platzieren Themen je nach Anlass, begleiten Produkt-Neueinführungen oder Fachmessen mit der entsprechenden Online-Präsenz. Doch beim inhabergeführten Handwerksbetrieb muss das Online-Marketing oft noch pragmatisch umgesetzt werden. So hält es auch Florian Leichtenstern. Er schraubt im Hintergrund gerade an einer eigenen Facebook-Seite für sein Unternehmen. Eine Instagram-Seite hat er privat. Für die Firma sieht er dort aber keinen Nutzen. „Es sind ja nur Fotos“, sagt er.

Kollegiale, freundschaftliche Atmosphäre

Doch auf Facebook geht es rege zur Sache. In Fachgruppen werden Probleme ausgetauscht, Maschinen erklärt, Händler empfohlen und natürlich Referenzen gezeigt. Immer wieder posten stolze Handwerker Fotos oder auch Videos von dem, was sie am Tag geschafft haben. Anerkennung folgt in der Regel. Während anderswo im Netz schnell die störenden Rüpel auftauchen, die nur danach suchen, etwas schlechtzureden, findet man in den Fachgruppen eher eine kollegiale, freundschaftliche Atmosphäre. Man ist per Du, gibt sich gegenseitig Ratschläge und Hilfestellungen, Empfehlungen und Tipps. Man teilt Kuriositäten und Besonderheiten, spricht sich aus und greift sich virtuell unter die Arme.

Für Stellenanzeigen nutzen

Leichtenstern hat Facebook schon für Stellenanzeigen genutzt, war dort mit der Resonanz deutlich zufriedener als mit der Anzeige in der Tageszeitung. Facebook erlaubt es seinen Anzeigenkunden, die Zielgruppe speziell zu filtern. So kann man etwa einen Radius von 30 Kilometern um den eigenen Firmenstandort ziehen und die Anzeigen zum Beispiel nur bei den Nutzern platzieren, die angegeben haben, dass sie bald mit der Schule fertig sind. Interessen und Hobbies lassen sich ebenfalls auswählen. „Eine Zeitungsanzeige weckt sicher das Interesse, aber die jungen Leute erreicht man doch eher woanders“, findet Leichtenstern.

Florian Leichtenstern ist als Chef einer kleinen Firma ein gutes Beispiel für die „Einfach mal machen“-Mentalität, die dem Handwerker online guttut. Sava Pasic ist da sogar einen Schritt weiter. Der Inhaber von Stuch Schweißtechnik aus Duisburg ist kurz davor, einen eigenen Mitarbeiter einzustellen, der sich ausschließlich um die mannigfaltigen Aktivitäten des Unternehmers im Bereich Social Media kümmert. „Im Moment mache ich es noch selbst“, sagt Pasic. Und das mit beachtlichem Aufwand: drei bis vier Stunden investiere er pro Tag, so seine Schätzung. Und das noch weit nach Feierabend. Mobile Geräte wie Smartphone oder Tablet-Computer hat er darum immer dabei.

Der Aufwand lohnt sich

Pasic ist Gründer und Administrator von gleich mehreren Facebook-Gruppen. Er hat einen Online-Flohmarkt aus der Taufe gehoben, eine Schweißhilfe angestoßen, moderiert einen Stellenmarkt und ist Initiator der Gruppe „Nur Schweißer sind heißer“ mit stolzen 11.000 Mitgliedern. „9.000 davon sind regelmäßig auf der Seite aktiv“, stellt Pasic fest. Über die Gruppen generiere er heute schon große Umsätze. Nicht nur die Geschäftsführer seien dort Mitglieder, sondern auch deren Mitarbeiter. „Aber die empfehlen uns weiter“, sagt der Experte für Schweißtechnik und -zubehör. Von kleinen Anfragen bis zu Aufträgen im fünfstelligen Bereich habe er hier schon viel mitgenommen, so Pasic. Regelmäßig geht er als Moderator in die vielen Gruppen und regt so die Diskussionen an. Man will ja im Gespräch bleiben. Auch eine Instagram-Seite hat er, mit gut 8.000 Followern. „Verkauft habe ich hier aber erst ein einziges Mal etwas.“ Um den Traffic hoch zu halten, postet er in den Kanälen aber nicht ausschließlich zu fachspezifischen Themen, sondern auch mal etwas Unterhaltsames, ein lustiges Video etwa.

Pasic hat die Schweißer-Gruppen sogar ins reale Leben zurückgeholt und für diese regelmäßig Schweißer-Stammtische veranstaltet. Für Pavic lohnt sich der immense Aufwand: Der Schweißtechnikgroßhändler, der eigentlich in seiner Kerndomäne im Ruhrgebiet stark war, bekommt in letzter Zeit Bestellungen aus ganz Deutschland. „Wir wissen es nicht ganz genau, aber ich gehe stark davon aus, dass das mit Facebook zusammenhängt.“

Sich aus der Masse abheben

Der Karlsruher Harry Baumgärtner ist erst seit wenigen Jahren online aktiv – heute mit eigener Website, einem Auftritt bei Facebook, und auch auf dem Videoportal Youtube stehen Clips von seinem Unternehmen. Gegründet wurde die Firma, die heute fünf Mitarbeiter zählt, 1959 von Heinrich Baumgärtner. Als dessen Sohn Harry die Firma in den frühen 1990er-Jahren übernahm, ergab sich mit der Zeit eine Spezialisierung: Baumgärtner ist heute nicht mehr am Bau tätig, sondern in der Produktion von Baumaschinenzubehör. Er stellt vor allem Löffel für Bagger her. „Geplant war das nie, es ist so gekommen“, erinnert der Geschäftsführer sich an seine Anfangsjahre. „In Karlsruhe sind wir damit die einzigen“, sagt er. Deutschlandweit gebe es aber mehr als 100 dieser kleinen, spezialisierten Handwerksbetriebe. Für Baumgärtner ist es daher umso wichtiger, sich aus der Masse abzuheben, sichtbar zu sein.

Das schafft er zum Teil auch über Online-Werbung, etwa Google-Anzeigen. Das habe dem Unternehmen geholfen, seine Spezialität nach außen zu tragen. Denn die Firma hat immer noch den Stahlbau im Namen. „Aber wer Baggerlöffel sucht, der sucht nicht nach Stahlbau“, so Baumgärtner. Er selbst ist auch in mehreren Fachgruppen präsent. Die Online-Beiträge schreibt dann sein Sohn. Es gebe dafür allerdings keinen festen Plan. Man sei nicht täglich aktiv, aber regelmäßig.  Baumgärtner schätzt, dass pro Woche so vier bis fünf Stunden Arbeit anfallen, ist mit dem Ertrag daraus aber zufrieden. Es gebe immer wieder positive Resonanzen und auch einzelne Bestellungen habe er schon erhalten, weil jemand etwa auf ein Foto von einem neuen Zubehör-Teil aufmerksam geworden war. Baumgärtner macht heute 80 Prozent seines Umsatzes im Direktgeschäft, also ein Unternehmen mit Bagger kauft bei ihm das Zubehör für seine Geräte. Den restlichen Umsatz macht er mit Baumaschinenhändlern. Über die sozialen Netzwerke steht er in direktem Kontakt zu seinen Kunden.

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