Management

Stichtag Coronahilfen

Worauf Unternehmen bei Finanzhilfen achten sollten

Der Stichtag 30. Juni 2023 spielt sowohl für mögliche Rückzahlungen der Corona-Überbrückungshilfen eine Rolle als auch für das Thema Kurzarbeitergeld. Anwälte der Kanzlei Schultze & Braun in Achern haben Unternehmen in diesen Angelegenheiten unterstützt. Aus ihren Erfahrungen heraus geben Sie in diesem Beitrag Hinweise.


Es stehen die Überprüfungen des beantragten und vorläufig bewilligten Kurzarbeitergeldes an, die sich mit einem enormen administrativen Aufwand und der Vorlage zahlreicher Unterlagen verbinden. Auf folgende Punkte sollten die Unternehmen besonderes Augenmerk legen: 

  • Neu- und/oder Ersatzeinstellungen: Dokumentation und Nachweis der Notwendigkeit von Neu- und/oder Ersatzeinstellungen von Mitarbeitenden im Kurzarbeitergeldzeitraum.
  • Besondere Abwesenheitszeiten: Dokumentation von besonderen Abwesenheitszeiten der Mitarbeitenden – beispielsweise bei Erkrankung, Covid-19-Quarantäne, Mutterschutz, Elternzeit, Urlaub oder Freistellung und von Änderungen dieser Abwesenheitszeiten im Laufe des Kurzarbeitergeldzeitraums.
  • Geplante Arbeits- und Abwesenheitszeiten und Arbeitszeitmodell: Dokumentation und transparente Nachweise zu den konkreten Planungen der Arbeits- und Abwesenheitszeiten („Soll-Arbeitszeit“) und des angewendeten Arbeitszeitmodells.  
  • Tatsächliche Arbeits- und Kurzarbeitszeiten: Dokumentation und transparente Nachweise zu tatsächlichen Arbeits- und Kurzarbeitszeiten („Ist-Arbeitszeit“).
  • Vermeidung der Kurzarbeit: Darstellung des Prüf- und Umsetzungsprozesseses zur Vermeidung der Kurzarbeit, insbesondere vorherige Urlaubsgewährung, Nutzung von Arbeitszeitkonten und betriebsinternen zumutbaren „Ausweichtätigkeiten“. 
Kurzarbeits-Damoklesschwert

Die mögliche Rückforderung von Kurzarbeitergeld birgt für die betroffenen Unternehmen ein nicht unerhebliches finanzielles Risiko“, sagt Alexander von Saenger. „Denn die Wahrscheinlichkeit, dass ein Unternehmen zumindest einen Teil des erhaltenen Kurzarbeitergeldes zurückzahlen muss, ist sehr hoch.“ Ein Grund dafür ist, dass das Kurzarbeitergeld während der Corona-Pandemie zumeist ohne die üblicherweise im Vorfeld stattfindenden Beratungen der Agentur für Arbeit vorläufig bewilligt wurde. „Die Unternehmen haben die erhaltenen Gelder unmittelbar an die Arbeitnehmer in Kurzarbeit ausgezahlt, wodurch ihnen dieses Geld natürlich nicht mehr für eine Rückzahlung zur Verfügung stehen kann,“ sagtJoachim Zobel. „Über so manchem Unternehmen hängt damit ein mitunter Millionen Euro schweres Kurzarbeits-Damoklesschwert.“

Prüfungen nicht auf die leichte Schulter nehmen

In Deutschland waren in der Spitze im April 2020 fast sechs Millionen Menschen in Kurzarbeit. Die Bundesagentur für Arbeit hat in den Jahren 2020 bis 2022 insgesamt 45,5 Milliarden Euro für Kurzarbeitergeld ausgezahlt. Hinzu kommt: Zum Großteil haben die Unternehmen, die ihre Mitarbeitenden in der Pandemie in Kurzarbeit geschickt haben, immer noch mit den wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie zu kämpfen – von den Verwerfungen der weiteren Krisen wie etwa der Energiekrise und der inflationsbedingten Konsumzurückhaltung vieler Verbraucher ganz zu schweigen. 

Bis zum 30. Juni 2023: Schlussabrechnung einreichen oder Fristverlängerung beantragen

Bis 30. Juni 2023 müssen sie eine Schlussabrechnung einreichen oder eine Fristverlängerung bis zum 31. Dezember 2023 beantragen. Wichtig ist: Die Schlussabrechnung muss zwingend von einem prüfenden Dritten abgegeben werden, also einem Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer. Die prüfenden Dritten sind es auch, die die Fristverlängerung bis Ende 2023 beantragen können, die automatisiert genehmigt werden soll. Unabhängig von einer möglichen Fristverlängerung gilt jedoch: Den Stichtag 30. Juni oder 31. Dezember zu reißen und die Schlussabrechnung verspätet abzugeben, ist nicht ratsam. Und auch ein Aussitzen führt im Fall der Schlussabrechnung nicht dazu, dass die Rückzahlung nach dem Motto „Wo keine Schlussabrechnung, da keine Rückforderung“ entfällt. Die Hilfen sind in den beiden genannten Fällen vielmehr in voller Höhe zurückzuzahlen. 

Rückzahlungen vermeiden oder die Höhe der Rückzahlung reduzieren

„Über die Angaben in der Schlussabrechnung können die Unternehmen eine Rückzahlungspflicht entweder ganz vermeiden oder zumindest die Höhe der Rückzahlung reduzieren, wenn sie Hilfen erhalten haben, aber nicht bezugsberechtigt waren“, sagt Rechtsanwältin Dr. Elske Fehl-Weileder von Schultze & Braun, die bereits in mehreren Fällen mit der Prüfung von erhaltenen Corona-Überbrückungshilfen befasst war. „Umso dringlicher ist es für Geschäftsleiter, sich mit der Schlussabrechnung so bald wie möglich zu befassen – gerade auch wegen des großen operativen und administrativen Aufwands für die Einreichung der Schlussabrechnung.“ Die Schlussabrechnung dient dazu, die ursprünglich im Antrag für die finanziellen Hilfen gemachten Angaben zu überprüfen. Da die Zeit für die Beantragung mitunter knapp gewesen ist und es schnell gehen musste, basieren diese Angaben in den meisten Fällen auf Schätzungen. Anhand der Differenz zwischen den Zahlen in der Schlussabrechnung und den Angaben im Antrag bemisst sich die Höhe einer etwaigen Rückzahlung. Es ist also wichtig, genau zu prüfen, wie die Zahlen für die Schlussabrechnung aussehen. Hinzu kommt, dass sich die Förderbedingungen der Überbrückungshilfen kontinuierlich geändert haben, was bei der Schlussabrechnung ebenfalls berücksichtigt werden muss.

War der Umsatzrückgang Corona-bedingt oder nicht?

Erhaltene finanzielle Hilfen müssen die Unternehmen auch dann zurückzahlen, wenn der Umsatzrückgang nicht durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie begründet war. Zu belegen, dass der Umsatzrückgang Corona-bedingt war, ist jedoch alles andere als einfach. Eindeutig Corona-bedingt ist der Rückgang lediglich, wenn das Unternehmen in der Pandemie schließen musste – Stichwort Lockdown. Musste es das nicht, wird der Nachweis eines Corona-bedingten Umsatzrückgangs mitunter zu einer großen Herausforderung. Materialengpässe, der Mangel an Fachkräften oder wenn Aufträge aus anderen Gründen nicht bearbeitet werden konnten, zählen nicht per se als Gründe für einen Corona-bedingten Umsatzrückgang. Zahlreiche Abgrenzungsfragen führen dazu, dass sich Unternehmer, Geschäftsleiter, aber auch Wirtschaftsprüfer und Steuerberater bei der Frage „War der Umsatzrückgang Corona-bedingt?“ in den Schlussabrechnungen in einem rechtlichen Bereich bewegen, zu dem es bis dato noch keine Rechtsprechung gibt.


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