Stundensätze
Ein Hebel in KrisenzeitenSteigende Preise, Lieferengpässe, Inflation und Materialmangel: Auch in der Metallbau-Branche suchen viele Betriebe derzeit nach Möglichkeiten, wie sie die hohen Kosten sowie den drohenden Auslastungsrückgang abfedern. Eine Möglichkeit ist, die Stundensatzkalkulation zu überprüfen. Sie ist ein wichtiger Hebel, um auf gestiegene Lohnkosten, Energiepreise oder Zinsen zu reagieren.
Während im Jahr 2021 ca. 51 Prozent der befragten Betriebe ihre Stundensätze erhöht haben, waren es allein in den ersten vier Monaten dieses Jahres 68 Prozent. 30 Prozent geben sogar an, in beiden Jahren aufgeschlagen zu haben. [1]
Den Stundensatz zu erhöhen, macht aber nur bei einer präzisen Kalkulation Sinn. Schätzen oder sich an den Preisen der Konkurrenz zu orientieren, sollte nicht das Mittel der Wahl sein. Dennoch: Für viele Unternehmen ist das in Sachen Stundensatzkalkulation gang und gäbe. Fatal, denn so verschenken Handwerksbetriebe schon in vermeintlich normalen Zeiten Summen im sechsstelligen Bereich.
Wichtig ist zudem, nicht eine drohende niedrigere Auslastung als Berechnungsgrundlage für einen erhöhten Stundensatz anzusetzen. Damit würde das Unternehmen die eigene Wettbewerbsfähigkeit gefährden. Deswegen: Kostenänderungen sollten in die Stundenkalkulation einfließen. Auslastungsschwankungen sollten auf andere Weise kompensiert werden. Hier empfiehlt sich, mit der Erstellung von Szenarien mögliche Hebel zu identifizieren und die Auswirkung abzuschätzen. Wie die korrekte Berechnung funktioniert und warum ein präziser Stundensatz gerade in Krisenzeiten wichtiger denn je ist, erläutert dieser Fachbeitrag.
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Die Stundensatzkalkulation bildet die Grundlage für die unternehmerische Planung. Denn erst die Stundensatzkalkulation zeigt, was eine Arbeitsstunde kostet und was sie einbringen muss, damit das Unternehmen im Wettbewerb bestehen kann. Die positive Nachricht: Die Kalkulation ist nicht kompliziert. Was die wenigsten Betriebe wissen: Zur korrekten Berechnung des Stundensatzes haben sie bereits alle relevanten Zahlen im Haus – nämlich in ihrer Buchhaltung.
Stundensatz in drei Schritten
Zur Berechnung des Stundensatzes gibt es diverse Verfahren. Am einfachsten ist die Berechnung in folgenden drei Schritten.
Schritt 1: Produktive Arbeitszeit ermitteln
Als Erstes sollten Unternehmen die Arbeitszeit ermitteln, die ihre Mitarbeiter produktiv an Kundenaufträgen arbeiten. Wochenenden, Feiertage, Urlaubszeiten und sonstige Fehlzeiten wie Krankheits- oder Fortbildungstage ziehen Betriebe bei der Berechnung von den jährlichen Kalendertagen ab. Das Ergebnis multiplizieren sie mit der täglichen tariflichen Arbeitszeit einer Vollzeitkraft. In der Regel sind das acht Stunden. Zum Verständnis: Innerhalb dieser errechneten Zeit muss ein Betrieb alle Kosten decken und einen „angemessenen“ Gewinn erzielen. Nur dann bleibt er wettbewerbsfähig.
Die ermittelte Arbeitszeit können Betriebe aber nicht vollständig auf ihre Kunden umlegen. Denn: Kein Mitarbeiter ist zu 100 Prozent produktiv – beispielsweise, weil administrative Tätigkeiten anfallen oder Maschinen gewartet werden müssen. Im Umkehrschluss bedeutet das: Die Zeit, in der Mitarbeiter nicht für den Kunden arbeiten, müssen Betriebe von den berechneten verfügbaren Stunden abziehen.
Achtung: Viele Unternehmen beginnen an dieser Stelle zu schätzen. Diese Ungenauigkeit rächt sich in Zeiten wie diesen. Denn wie oben beschrieben, summieren sich diese Schätzungen als Kalkulationsfehler schnell auf und Unternehmen verschenken so Umsatz im fünf- oder gar sechsstelligen Bereich.
Wer mit einer Leistungserfassung arbeitet, ist hier klar im Vorteil. Der kann die Produktivität seiner Mitarbeiter gezielt per Knopfdruck auswerten. Nutzen Betriebe keine Leistungserfassung, sollten sie die Mitarbeiter unbedingt um Hilfe bitten. Die klare Empfehlung lautet: Lieber die Mitarbeiter mit einbeziehen, statt Pi mal Daumen die unproduktive Zeit abzuwägen. Dokumentieren Mitarbeiter über einen gewissen Zeitraum, welche Aufgaben sie je Arbeitstag erledigen, wenden Betriebe die durchschnittliche produktive Zeit eines Mitarbeiters dann als Richtwert an.
Die unproduktiven Stunden ziehen Betriebe von den Anwesenheitsstunden pro Jahr ab. So erhalten sie die produktiven Stunden pro Jahr und pro Mitarbeiter. Sind im Betrieb mehrere Mitarbeiter beschäftigt, multiplizieren Betriebe die produktiven Stunden mit der Anzahl der Vollzeitkräfte. So erhalten sie die produktive Zeit für den kompletten Betrieb. Achtung: Mitarbeiter, die nicht direkt an Kundenaufträgen arbeiten, wie Geschäftsführer oder Bürokräfte, setzen Betriebe in der Kalkulation mit 0 an. Betriebe sollten in diesem Schritt zudem mit einem Vollzeitäquivalent arbeiten. Mitarbeiter in Teilzeit, die über 20 Stunden arbeiten, zählen hier beispielsweise 0,5. Deswegen kann die Anzahl der Vollzeitkräfte durchaus eine krumme Kommazahl sein. Im Beispiel verfügt das Unternehmen über 8,968 Vollzeit-Mitarbeiter, die produktiv an Aufträgen arbeiten.
Schritt 2: Die Jahreskosten ermitteln
Zu den Jahreskosten zählen alle Ausgaben, die notwendig sind, um den Betrieb am Laufen zu halten. Darunter fallen Ausgaben wie Mieten, Werbeausgaben oder Energiekosten. Letztere entwickeln sich derzeit bei Strom, Gas und Öl in Rekordgeschwindigkeit. Achtung: Unternehmer arbeiten in diesem Schritt oft mit Zahlen aus einem vergangenen Geschäftsjahr. Deshalb ist es wichtig, dass sie bei der Stundensatzkalkulation aktuell bekannte Werte heranziehen.
Rechnungswesen-Software wie die von Agenda verfügt über praktische Standardauswertungen, mit denen Unternehmen die Jahreskosten mit wenigen Klicks ermitteln. Zusätzliches Plus: Mit etwaigen Programmen kann ein Handwerksbetrieb Prognosen für die Zukunft stellen und dementsprechend zielsicherer planen. Wer nicht mit einem derart professionellen Programm arbeitet, kann sich die Gewinn- und Verlustrechnung oder die betriebswirtschaftlichen Auswertungen des vergangenen Jahres ansehen und zur Berechnung der Jahreskosten heranziehen.
Schritt 3: Den Stundensatz berechnen
Im letzten Schritt stellen die Unternehmen die ermittelten Jahreskosten den produktiven Arbeitsstunden gegenüber und berechnen so einen realistischen Stundensatz. Dafür dividieren Betriebe ihre Jahreskosten durch die produktiv verfügbaren Arbeitsstunden. Dabei erhalten sie den Netto-Stundensatz. Da jedes Unternehmen aber einen Gewinn erwirtschaften möchte, schlagen sie auf das Netto-Ergebnis einen prozentualen Gewinn auf. Gibt es Rabatte oder Skonti, sollten diese ebenfalls in die Stundensatzkalkulation einfließen. Ansonsten geht der gewährte Rabatt zulasten des Gewinns. Zudem müssen Betriebe am Ende die Mehrwertsteuer berücksichtigen, um auf einen korrekten Brutto-Stundensatz zu kommen.
Fazit
Mit diesen drei Schritten erhalten Unternehmen den Stundensatz, den sie festsetzen sollten, um ihre Angebote korrekt bepreisen zu können. Hochgerechnet aufs Jahr werden viele Betriebe feststellen, dass sie sich oft unter Wert verkaufen.
Wollen Betriebe noch genauere Stundensätze berechnen, unterteilen sie ihre produktiven Mitarbeiter in Untergruppen. So können sie die Stundensätze von Azubis, Gesellen und Meistern – oder anderen Berufsgruppen – getrennt berechnen und so noch präzisere Angebote erstellen. Der Stundensatz ist eine Stellschraube von vielen, die durch eine frühzeitige Anpassung dabei helfen kann, besser durch die Krise zu kommen.
[1] Das zeigt eine Erhebung der Unternehmensgruppe, die mit der Taifun Software GmbH (Hannover), der M-Soft Organisationsberatung GmbH (Dissen), P Software & Service (Eckernförde) sowie der extragroup GmbH (Münster) mehrere Software-Anbieter für Handwerksbetriebe unter ihrem Dach vereint.
Infos zum Autor Christoph Buluschek
Kostenloses Whitepaper
Agenda Informationssysteme bietet zur Vertiefung dieser Thematik ein kostenloses Whitepaper an unter: agenda-software.de/gewinn. Die Informationen unterstützen Unternehmen dabei, den Stundensatz einzelner Mitarbeitergruppen zu berechnen. Das Whitepaper arbeitet mit denselben Zahlen, die hier in der Beispielrechnung verwenden werden. Es erklärt Schritt für Schritt, wie Unternehmen auf die entsprechenden Werte kommen. So fällt zum Beispiel die Berechnung der produktiven Mitarbeiter oder der Jahreskosten leichter.