Fachkräfte im Metallbau (4)
Je älter, desto weniger leistungsfähig? Im Gegenteil, meinen Walter Heinrichs und Johannes Lansing. Die Chefs zweier Metallbau-Betriebe freuen sich über ihre erfahrenen Fachkräfte.
Best Ager, Silver Liner, Generation Happy End: Es gibt so einige neudeutsche Etiketten für die über 50-Jährigen auf dem Arbeitsmarkt hierzulande – und viele Klischees. „Alt und nutzlos“ ist so eins, „ständig krank“ ein anderes. Studien belegen dieses Bild von den 50plus-Jährigen nicht. „Solche Vorurteile kann ich nicht bestätigen“, meint auch Johannes Lansing jun., geschäftsführender Gesellschafter der Lansing Metallbau GmbH & Co. KG in Vreden. „Durch den demografischen Wandel sind die 55- bis 67-Jährigen heute viel fitter. Und sie wollen gerne arbeiten.“ Lansing ist ein alteingesessener Familienbetrieb, der sich als Individualfertiger für Metallbau und Glasfassaden aus Aluminium einen Namen gemacht hat. Als zweites Geschäftsfeld betreibt er Fahrzeugbau. Zur Belegschaft zählen ein Betriebsleiter, drei Meister und 20 Kräfte im Bereich Montage. Insgesamt arbeiten rund 85 Beschäftigte im Unternehmen, das gezielt auch Ältere einstellt. Etwa 15 Prozent zählen über 50 Lenze.
Erfahrung. Lansing hat mit älteren Mitarbeitern vor allem positive Erfahrungen gemacht: „Bei ihnen kann man auf einen erheblichen Erfahrungsschatz zugreifen. Das ist genauso viel wert wie jung und dynamisch zu sein, den Jüngeren fehlt diese Fähigkeit noch.“ Das kann Walter Heinrichs nur unterstreichen: „Gerade im Handwerk mit seinen ständig wechselnden Baustellen und neuen Herausforderungen ist es sehr wichtig, über einen gewissen Erfahrungsschatz zu verfügen“, erklärt der Geschäftsführer der Heinrichs Stahl- u. Metallbau GmbH in Simmerath. „Dank bereits gemachter Erfahrungen ist hier ein besser durchdachtes Arbeiten möglich.“ Metallbau Heinrichs beschäftigt mit drei Auszubildenden und drei Meistern insgesamt sieben Leute, zwei davon zählen zur älteren Generation.
Engagement. In anderen Ländern wie Dänemark nimmt man die so oft frühzeitig ausrangierte Altersgruppe schon seit Längerem eher mit ihren Vorteilen wahr. Und offenbar wandelt sich auch in Deutschland allmählich das Bild. Lansing und Heinrichs können es aus ihrer Sicht auf jeden Fall widerlegen. „Tatsächlich bringen Ältere oft eine extra Portion Engagement mit - gerade, weil viele die Erfahrung gemacht haben, dass sie ,rausgegangen‘ oder ausgemustert wurden, weil sie alt waren“, weiß Lansing, der alleine in den vergangenen Monaten vier Leute über 50 Jahre eingestellt hat.
Fachkräftemangel. So oder so: „Auf die Arbeitskraft jenseits der 50 werden wir in Zukunft nicht mehr gut verzichten können, denn der Markt gibt wegen des demografischen Wandels nicht mehr genügend junge Mitarbeiter her“, meint beispielsweise Dr. Gottfried Richenhagen, Leiter des Referates „Arbeit und Gesundheit“ im Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen im Interview. „Der Fachkräftemangel ist wirklich ein Thema und in unserer Region spürbar“, kann Lansing nur bestätigen. „Es ist schwierig, gute Leute zu finden. In unserem Bereich gibt es nicht so viele Metallbauer, die freistehen. Auch deshalb konzentrieren wir uns auf Ältere.“
Herangehensweise. Aber nicht nur: „Wir bilden auch in großem Umfang aus. Doch dazu gehört auch ein gewisses Niveau an Erfahrung. Nur mit jungen Leuten, das klappt nicht.“ Lansing baut auf eine ganze Reihe von Vorzügen, die Junge noch nicht vorweisen können: „Sehr gute handwerkliche Fähigkeiten zum Beispiel, die vervollkommnen sich erst im Laufe der Zeit.“ Und so manches wird mit den Jahren einfach anders angepackt. So sei der menschliche Umgang mit Kollegen, Kunden und Lieferanten ausgereifter. „Junge Leute sind oft Heißsporne“, weiß Lansing. „Das ist auch nicht schlecht, aber bei Älteren kommt eben auch mehr Sachlichkeit rüber.“ Das sieht Heinrichs ganz ähnlich: „Gerade in kniffligen Fällen kommt es auf die älteren Arbeitnehmer an, die mit ihrer Ruhe manche Sache besser lösen können.“
Teamfähigkeit. Die beiden Metallbauer schätzen in der Praxis vor allem den gesunden Mix, den das heterogene Altersgefüge mit sich bringt. „Das schafft Stabilität im Team und in der gesamten Belegschaft“, meint Lansing. Dass sich im Betrieb ein Graben zwischen den Generationen ziehen könnte, gehört nach Meinung der Praktiker ebenfalls in die Welt der Vorurteile. Die verschiedenen Altersgruppen akzeptierten sich gut. „Natürlich fallen gelegentlich Sprüche, die ziehen sich gerne auch mal gegenseitig auf“, erzählt Lansing. „Aber die jungen Leute profitieren von der Erfahrung. Und umgekehrt bekommen die Älteren deren Schwung mit, zum Beispiel gerade auch bei Computeranwendungen.“
Lerneffekte. Damit gewinnt der Handwerksbetrieb auch wirtschaftlich. „Wer Ältere einstellt, verbessert die Teamfähigkeit durch das Zusammenspiel von Alt und Jung sehr - für mich ist das sogar der wichtigste Aspekt bei dem Thema“, bringt Lansing auf den Punkt, was in Konzernen aufwendig von Stäben geplant wird und neudeutsch unter „Diversity Management“ läuft. Das ist auch bei Metallbau Heinrichs der Fall. Besonders achtet der Geschäftsführer auf eine flexible Aufteilung der Arbeit, etwa bei Montagen. „Unsere Teams bestehen immer aus einem erfahrenen und einem jüngeren Mitarbeiter“, sagt Heinrichs. „Mit dieser Konstellation haben wir die besten Erfahrungen gemacht, hier vereint sich das Wissen des Alters mit der Dynamik der Jugend.“ Auch er widerspricht einem angeblichen Generationenkonflikt: „Solange der Ältere dem Jüngeren mit seinem Können noch immer zeigen kann, wer im Endeffekt produktiver ist, gibt es auch keine Probleme in der Hierarchie.“ Wichtig sei aber ein lockerer Umgang, damit keine Spannungen aufkommen. „Es darf gelacht werden, miteinander und auch mal übereinander.“
Fitness. Eine besondere Rücksichtnahme, wie es in der Erziehung vom Nachwuchs gegenüber Gereifteren gefordert wird, wirkt im Arbeitsalltag ohnehin meist deplatziert – zumal so mancher Metallbauer kurz vor der Rente seine jüngeren Kollegen sportlich noch in die Tasche stecken könnte. „Unser Mitarbeiter Gentges ist jetzt 61 Jahre alt“, erzählt Heinrichs. „Aber er macht unseren Auszubildenden körperlich oft noch etwas vor.“ Und so war es auch der älteste Teilnehmer beim letzten Betriebsausflug, der sich als der beste Skifahrer erwies. Jugendliche seien zu Beginn der Ausbildung in seinem Metallbaubetrieb oft bei Weitem noch nicht so belastbar, erzählt der Metallbaumeister. „Mit der Zeit kommt in unserem Beruf natürlich eine gewisse körperliche Ertüchtigung dazu, und die Azubis werden stärker.“ Aber gerade dann gehöre es eben wieder zur Teamarbeit, dass nicht der Älteste die schwersten Arbeiten verrichten müsse. Heinrichs Einschätzungen decken sich mit der von Lansing. „Ältere sind heute wirklich recht fit, oft sogar aktiver als Jüngere“, ergänzt der Junior-Chef aus Vreden. Selbst die weit verbreitete Ansicht von ständigen Fehlzeiten wegen Zipperlein und andere Erkrankungen können weder Lansing noch Heinrichs bestätigen. „Aufgrund des Alters hatten wir bisher noch keine zusätzlichen Fehlzeiten“, berichtet Heinrichs. Das stützt auch eine Studie des Verbandes Deutscher Betriebs- und Werksärzte e.V. (VDBW), Karlsruhe. Demnach erkranken in Deutschland ältere Menschen nicht häufiger als jüngere. Die Krankheiten dauern lediglich länger und sind „oftmals das Ergebnis jahrelanger Überbeanspruchung“, stellt Jochen Protzer vom VDBW richtig.
Arbeitsorganisation. Und das ist in der Regel eine Frage der Arbeitsorganisation. Viele Großunternehmen wie BMW haben ihre Montagehallen im Zuge des Fachkräftemangels altersgerecht umgestaltet, auch, weil in den Produktionslinien die Tätigkeiten oft recht eintönig sind. Lansing hält neue Strukturen jedoch nicht für erforderlich. Er achtet, ebenso wie Heinrichs, ohnehin auf die ergonomische Ausgestaltung der Arbeitsplätze. „Und auch körperliche Überlastung gibt es wenig bis kaum“, so Junior-Chef Lansing. „Das liegt an unserem breiten Spektrum. Wir haben so viele Varianten von Tätigkeiten, also keine stereotypen Bewegungen. Die Aufgabenstellung variiert durch unsere Vielfalt.“
Der Vorteil von kleinen und mittleren Betriebsgrößen: „Abläufe sind bei Mittelständlern ohnehin flexibel, da spricht sich das Team untereinander viel ab, auch was die Arbeitsaufteilung betrifft“, sagt Lansing und fügt hinzu: „Übrigens sind Ältere meiner Erfahrung nach nicht weniger flexibel als jemand, der 40 ist.“
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Heinrichs Stahl- u. Metallbau GmbH
Schlosser und Schmiedemeister
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