Casals Forum, Kronberg

Konzertsaal mit Ausblick

Ein nach außen und innen verglastes Foyer verbindet den Kammermusiksaal des Casals Forums mit seiner Umgebung. Diese umlaufende „Fuge“ addiert sich aus einer Structural Glazing Fassade und zwei inneren Ganzglaswänden; die eine geschwungen, die andere gefaltet. Die Maße und Positionen der Letzteren wurden vom Akustiker vorgegeben.

Die Kronberg Academy zählt zu den weltweit bedeutendsten Ausbildungsstätten für Geiger, Bratschisten, Cellisten und Pianisten. Im dritten Jahrzehnt ihres Bestehens konnte sie mit dem Neubau des sogenannten Casals Forums eigene Räumlichkeiten beziehen. Zum Gebäudeensemble gehören Kammermusiksaal mit Foyer und einem angegliederten Studienzentrum mit einem weiteren, kleinen Konzertsaal; von Staab Architekten in die Planung mit einbezogen wurde auch das Hotel am gegenüberliegenden Ende des neu entstandenen Beethovenplatzes sowie zwei Erweiterungsbauten, die zu einem späteren Zeitpunkt realisiert werden sollen.

Das ansteigende Gelände ist in Terrassen, Treppen und Wege gegliedert, die von grob behauenen Natursteinmauern eingefasst werden. Diese Natursteinwände bilden zugleich den Sockel der Gebäude, auf den leichtere Gebäudeteile aufgesetzt wurden. Während das Hotel mit seiner Holzfassade hoch aus dem Sockel herauswächst, sind die Räume der Akademie fast gänzlich in die Landschaft eingebettet. So zeigt sich das Kammermusiksaalgebäude von der höchsten Stelle des Geländes aus als transparenter Pavillon: Lediglich eine Ganzglasfassade trennt das Dach vom steinernen Sockel. Dieser scheinbare Pavillon beherbergt das obere Foyer, das den Konzertsaal mit einer zweischaligen Glaswand umfließt. Damit bietet der „beste Kammermusiksaal Europas“ – so der Gründer und Intendant der Kronberg Academy, Raimund Trenkler – all denjenigen, die beim Musikhören nicht die Augen schließen, vielfältige visuelle Eindrücke.

Foyer als „gläserne Fuge“

Den drei Glasfassaden gemeinsam sind ihre enormen Formate, die zum Teil an das technisch Machbare grenzen. So sind die Scheiben der raumabschließenden Structural Glazing Fassade 6.235 Millimeter lang und 3.208 Millimeter hoch – bei einem Glasbandmaß von 3.210 Millimeter! Zur Realisierung der Ganzglasfassade fiel die Wahl auf das Stahlsystem Viss Semi SG von Jansen, welches vom Metallbauer – der Radeburger Fensterbau – mit einer dafür eigens entwickelten und in geringen Abständen montierten Unterkonstruktion verstärkt wurde. Mit Viss Semi SG als tragendes Profil für die Glaskonstruktion wurden Toleranzen des primären Tragwerks ausgeglichen und eine absolut plane Fassadenebene erreicht. Eventuelle Wärmebrücken wurden einer detaillierten Analyse unterzogen und bestmöglich reduziert. Unauffällige Deckschalen am oberen und unteren Abschluss und Pfosten mit einer Ansichtsbreite von nur 50 Millimeter charakterisieren die Structural Glazing Fassade des Kammermusiksaalgebäudes. Alles, was man von außen sieht, ist eine 20 Millimeter breite Silikonfuge. Vier Ganzglastüren mit Oberlicht aus dem Türsystem Janisol SG wurden nahezu unsichtbar in die Fassade integriert.

Im Kontrast zur strengen Linie der äußeren Structural Glazing Fassade steht die zweischalige Glaswand, die das Foyer vom Konzertsaal trennt. Ihre geschwungene Form entstand im Ringen um eine bauliche Lösung, die sowohl dem Wunsch der Architekten nach einem gemeinschaftlichen Musikerleben als auch der von den Akustikern postulierten Notwendigkeit geeigneter Reflexionsflächen gerecht wird. Ihre äußere Glasebene transportiert die geschwungene Form des Saals in das Foyer. Dieser Form folgt die innere, „gefaltete“ Glasebene, deren Längen und Positionen der Akustiker anhand der gewünschten Reflexionen in den Raum festgelegt hat. Außerdem übernimmt die innere Glasebene die Funktion der Absturzsicherung für Reinigungsarbeiten im Glaszwischenraum.

Studien- und Verwaltungszentrum

In ihrem Selbstverständnis als „Wegbegleiterin junger Musiker zur Weltspitze“ errichtete die Kronberg Academy in der Nachbarschaft des Kammermusiksaalgebäudes ein Studien- und Verwaltungszentrum. Unterirdisch sind die beiden Bauwerke miteinander verbunden, auf der Platzebene jedoch getrennt. Neben Eingangs- und Empfangsbereich beherbergt das Studien- und Verwaltungszentrum einen Proben- und Vorspielraum mit Galerie, Büro- und Besprechungsräume sowie verschiedene Übungsräume für die Studierenden. Die umlaufend verglaste Fassade des Dachpavillons öffnet sich an der südwestlichen Giebelseite mit einer riesigen Hebeschiebetür zu einer vorgelagerten Dachterrasse. Realisiert wurde die 7.060 Millimeter breite und 2.565 Millimeter hohe Konstruktion aus dem Stahlsystem Janisol HST. Es steht außer Frage, dass sich dieser Außenraum in kürzester Zeit zum bevorzugten Treffpunkt der jungen Musiker gemausert hat.

www.rf-fassaden.de

www.jansen.ch

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