Matthias Demmel, GF PfB
„Mechatronische Beschläge & Schlösser geregelt!“Die Einbruchhemmung mechatronischer Schlösser und Beschläge wurde von den Prüfinstituten lange Zeit nach bestem Wissen und Gewissen geprüft, seit Gültigkeit der EN DIN 1627 sind diese Bauteile normativ klar geregelt. Eine Übergangszeit für die alten Zeugnisse gibt es nicht, weil nicht normativ geprüft wurde.
Wir haben bei Matthias Demmel nachgefragt.
metallbau: Welche Themen im Bereich Sicherheitstechnik haben für das PfB Relevanz?
Matthias Demmel: Mechatronik ist ein großes Thema. Was die Einbruchhemmung betrifft, sind die Nachweise mechatronischer Schlösser und Beschläge in die neue Norm DIN EN 1627 bis 1630 integriert worden.
metallbau: Und der Anhang E, in dem es um die Nachweise für die mechatronischen Schlösser der Zutrittskontrollen ging, wurde separiert und wird nochmals überarbeitet?
Demmel: Die Zutrittskontrolle ist nur ein kleiner Teil. …. Trotzdem, wegen der EU-weit über 300 Einsprüche, ist im Jahr 2023 dazu voraussichtlich keine Norm mehr zu erwarten. Und liegt mal ein Entwurf vor, dann wird rückwirkend bei den mechatronischen Drückergarnituren und Schließzylindern nachzuarbeiten sein.
metallbau: Und funktionieren die Prüfvorgaben für die Mechatronik, so wie sie in die Normen DIN EN 1627 – 1630 eingebunden sind?
Demmel: Ja, es ist für die Prüfstellenseite ok. Aber jetzt sind die Schloss- und Beschlaghersteller dran, ihre Hausaufgaben zu machen. Wir Prüfer haben nicht mehr die Möglichkeit, gegenüber den Herstellern kulant zu sein und nach bestem Wissen und Gewissen zu prüfen, sondern die Prüfanforderungen sind klar geregelt – die Nachweise zur Schlossnorm DIN 14846 sind zu erbringen.
metallbau: Müssen die Schlösser und Beschläge, die zurzeit geprüft wurden, als die Norm die Anforderungen noch nicht geregelt hat, erneut geprüft werden? Wie lange haben die Hersteller dafür Zeit?
Demmel: Wir arbeiten mit einer Korrelationstabelle. Das heißt, alt wird grundsätzlich auf neu übernommen. Nur die Korrelationstabelle betrifft nicht die mechatronischen Elemente, weil es für diese gar keine normativen Regelungen gab. Das heißt, mit Überarbeitung der jeweiligen Klassifizierungsdokumente werden nun die neu zu prüfenden Komponenten überprüft und integriert.
metallbau: Gibt es nun auf Seiten der Hersteller bei den Prüfungen Nachholbedarf?
Demmel: Die Hersteller müssen sich schon für ihre mechatronischen Produkte überlegen, ob ihre Komponenten, die seinerzeit „nur“ nach bestem Wissen und Gewissen geprüft wurden, den inzwischen klar geregelten normativen Vorgaben entsprechen.
metallbau: Das hört sich so an, als ob das für die Ordnung der Nachweisbelege auf Seiten der ausführenden Betriebe bzw. der Türhersteller schwierig bzw. chaotisch werden könnte?
Demmel: Wir sammeln inzwischen alle bisherigen mechatronischen Nachweise von den Schloss- und Beschlagsherstellern, weil sonst der Türhersteller diese in Eigenregie organisieren müsste, was oft schon am richtigen Ansprechpartner bei Schloss- und Beschlagshersteller scheitert und auch an der Komplexität. Wir versuchen damit den Türherstellern in dieser speziellen Situation unter die Arme zu greifen.
metallbau: Aber schrittweise werden die alten Nachweise ja alle der aktuell gültigen Norm angeglichen.
Demmel: Ja, bei jeder Gelegenheit, bei der es neue Zeugnisse, neue Klassifizierungsberichte oder gutachterliche Stellungnahmen braucht, muss das Produkt gemäß der neuen Norm geprüft werden. Viele Hersteller von Schloss und Beschlag haben bereits die geforderten Nachweise nachgezogen.
metallbau: Konstruieren wir mal ein Beispiel mit einem Türhersteller, der seine mechatronische Tür fertigt und auf der Baustelle montieren möchte. Was, wenn der Metallbauer merkt, dass seine vorliegenden Nachweise für die Schlösser nicht den aktuellen Normanforderungen entsprechen?
Demmel: Offiziell müsste er den Hersteller kontaktieren und bei ihm den neuen Nachweis anfragen. Wenn es so laufen würde, wäre es schön. In der Regel kommt aber der Hersteller zum Prüf- institut und sagt, wir möchten diese Schlösser und Beschläge für unser System haben – gib uns diese mal frei. Deswegen haben wir im Hintergrund das Sammeln der Nachweise für die Türhersteller angefangen und die Zulieferer für Schloss und Beschlag über die besondere Situation aufgeklärt.
Insbesondere bei mechatronischen Türen mit Flucht- und Rettungsfunktion kommen viele Nachweise bzw. Zertifikate zusammen. Ob diese vollständig vorliegen, darüber hat ein Türhersteller, auch wenn er in der Verantwortung ist, nicht wirklich einen Überblick. Deswegen haben wir die Initiative ergriffen.
metallbau: Hat sich der Normenstau nach Corona wieder aufgelöst?
Demmel: Wir hängen mit der Innentürennorm, bei den Normen für Automatiktüren an der fehlenden Harmonisierung und es ist weiter unklar, wird die neue Tornorm kommen oder bleibt alles beim Alten. Somit ist die Thematik der Harmonisierung aktuell das größte Problem, die Pläne der Europäischen Kommission tragen nicht zur praktikablen länderübergreifenden Anwendung der EN-Normen bei, der Weg über die Europäischen Technischen Bewertungen (ETAs) macht die Nachweise nicht einfacher und nicht schneller.
metallbau: Da verfehlt die Norm-Harmonisierung pfeilgrad ihr Ziel. Frustet Sie das?
Demmel: Frust habe ich mir abgewöhnt!
metallbau: Können Sie bitte noch ein Statement geben, was es mit der Übernahme von 51 Prozent Anteilen vom PfB durch DMT, ein Unternehmen der TÜV Nord Group, auf sich hat? Welche Konsequenzen resultieren daraus für das PfB?
Demmel: Die Übernahme ist die logische Fortführung der bereits bestehenden Kooperation zwischen DMT und PfB und ermöglicht im Bereich der Bauelemente das vollständige Prüfportfolio aus einer Hand anbieten zu können. Dieser Zusammenschluss bietet neben Synergieeffekten im Bereich der Verwaltung auch die übergeordnete Lösung z.B. des Themas UKCA ohne fremde Institute. Die Standorte bleiben selbstverständlich erhalten. Sofern erforderlich, werden wir seitens des PfB auch DMT-Standorte für Prüfungen aus dem PfB-Portfolio nutzen.