Nachhaltigkeit belohnt
65 Einreichungen beim Industrieverband FeuerverzinkenZum 11. Mal wurde 2009 der mit 10.000 Euro dotierte Deutsche Verzinkerpreis für Architektur und Metallgestaltung vom Industrieverband Feuerverzinken verliehen. Der mittlerweile 20jährigen Tradition folgend wurden auch bei der diesjährigen Preisvergabe wieder herausragende Architekturen, Ingenieurbauwerke und Objekte der Metallgestaltung in das Blickfeld der Öffentlichkeit gerückt.
Aus insgesamt 65 Einreichungen wählte eine unabhängige Jury unter Vorsitz von Prof. Dr.-Ing. Hartmut Niederwöhrmeier zwei Belobigungen, vier Anerkennungen, zwei dritte Preise sowie einen zweiten und einen ersten Preis aus. Die Einreichungen und vor allem die prämierten Objekte zeigen das breite Anwendungsspektrum von feuerverzinktem Stahl und die große Bedeutung des Feuerverzinkens unter dem immer wichtiger werdenden Postulat der Nachhaltigkeit im Lebens- und Nutzungszyklus von Gebäuden und Objekten. Dies gilt besonders für Aufgabenbereiche, die bisher - was Qualitäten und Innovationen anbelangt - eher ein Schattendasein geführt haben.
1. Preis
Kraft Baustoffhandel, München
03 Architekten, München
Begründung der Jury: Die architektonische Transformation eines bestehenden Baustoffhandels in einem urbanen Gewerbegebiet mit angrenzender Wohnbebauung meistern die 03 Architekten, München, mit kreativer Bravour. Das subtile Spiel mit den gehandelten Waren wird zum interaktiven Bild sowohl innen wie außen.
Der klar umgrenzte städtebauliche Rahmen lässt die einzelnen Baukörper in einen funktionalen und architektonischen Dialog treten. Die feuerverzinkten Stahlkonstruktionen mit ihrer silbrig schimmernden Oberfläche erfüllen in vorbildlicher Weise sowohl konstruktive wie gestalterische Anforderungen und bilden einen klar definierten Rahmen für das Spiel von Licht, Schatten und den Jahreszeiten. Die reduzierte Materialästhetik in Verbindung mit sorgfältig entwickelten Details sucht man bei vergleichbaren Bauaufgaben vergebens. Die Themen Nachhaltigkeit, Ökologie und Schallschutz werden auf hohem Niveau in das Gesamtwerk eingebunden. Den Architekten ist es zusammen mit dem Bauherrn, der ausführenden Stahlbaufirma und einer schlüssigen Materialsprache gelungen, dem Ort „KRAFT“ und Seele zu geben. Ein echter 1. Preis.
2. Preis Gleichrichterwerk, Rennbahnstraße, Frankfurt-Niederrad
Schoyerer Architekten BDA, Mainz
Begründung der Jury: Wir kennen sie in jeder Stadt und werden täglich mit ihnen konfrontiert, die Schilder, die Masten, die Leitungen und die kleinen Betriebsgebäude. Fast nie genügen sie unseren Mindestansprüchen an einen gestalteten Stadtraum.
Das Betriebsgebäude an der Rennbahnstraße in Frankfurt-Niederrad gehört deshalb zu den Ausnahmen. Ein klarer Kubus, monochrom gestrichen, wird durch ein filigranes Kleid aus feuerverzinkten Gitterrosten mit unterschiedlichen Stababständen umhüllt. Ein eher unscheinbares Bauelement aus Stahl wird durch einen kreativen Prozess auf ein neues Niveau gehoben. Der im Raum sich bewegende Betrachter erfährt unterschiedliche Blickwinkel, die den orangefarbenen Körper zu einem sich je nach Standpunkt ständig wandelnden Objekt werden lassen. Etwa Alltägliches wird so mit wenigen Mitteln zu einem herausragenden Bauwerk mit hohem Anspruch.
Erste praktische Erfahrungen bescheinigen einen erheblich reduzierten Wartungsaufwand. Sprayer und Plakatierer bleiben aus. Das Gebäude demonstriert auf besondere Weise, dass Qualität in Planung und Ausführung eine erste grundlegende Voraussetzung für Nachhaltigkeit im Bauen sind.
3. Preis
Festungs Arena Kufstein – Wandelbares Dach
Kugel + Rein Architekten und Ingenieure, Stuttgart
Begründung der Jury: Den Architekten und Ingenieuren ist mit der Realisierung des wandelbaren Daches über dem Festungshof der Festung Kufstein ein überzeugender Beitrag im Bereich der Überdachungen für Freiluftveranstaltungen im historischen Kontext gelungen. Aufgrund der Anforderungen des Denkmalschutzes bezogen auf eine zurückhaltende äußere Gestalt und der Beschränkungen auf wenige mögliche Gründungspunkte ist die gewählte „Speichenradkonstruktion“ besonders geeignet. Das „Speichenrad“ besitzt einen Durchmesser von ca. 52 m. Es ist in 15 gleiche Segmente aufgeteilt. Der umlaufende Druckring ist polygonal konzipiert und auf 15 Stützen aufgelagert, von denen fünf nicht gegründet werden können und als sog. „Luftstützen“ über Unterspannungen abgefangen werden. Zur Sicherstellung der Dauerhaftigkeit wurden alle frei bewitterten Stahlkonstruktionen selbstverständlich feuerverzinkt ausgeführt. Insgesamt fügt sich die minimierte und qualitativ hochwertige Konstruktion ästhetisch in den historischen Festungsrahmen ein. Die Veränderungen der äußeren Gestalt und die unterschiedlichen Raumwirkungen bei geöffnetem und geschlossenem Dach stellen eine besondere Qualität dieses wandelbaren Daches dar.
3. Preis
Neubau Mensa + Sanierung Sporthalle Johannes-Häussler-Schule, Neckarsulm
Mattes Sekiguchi Partner Architekten BDA, Heilbronn
Begründung der Jury: Das Sanierungsprojekt Johannes-Häusler-Schule in Neckarsulm steht beispielhaft für die qualitätsvolle Sanierung und Erweiterung eines Schulgebäudes aus den 1960er-Jahren und zeigt eindrücklich die Potenziale auf, die solche Sanierungsvorhaben bieten. Die Lage im Kernstadtbereich und der Erhalt der Schulhoffläche erforderten eine zeitgemäße Architektursprache, die Mattes-Sekiguchi in einer Stahlrahmenkonstruktion interpretierten.
Die auf dem Bestand errichtete neue Mensa nimmt dessen Kubatur auf und führt sie ins Obergeschoss weiter. Industrieglas und metallische Oberflächen charakterisieren das Gebäude und verleihen der Ganztagesschule ihren prägnanten Charakter.
Anerkennung
Brücke der Landesgartenschau in Rietberg
Prof. Eberhard Fiebig, Kassel
Begründung der Jury: Auf dem Gelände der Landesgartenschau 2008 im ostwestfälischen Rietberg wurde von dem Künstler Prof. Eberhard Fiebig ein Brückenschlag vom Seecafe zum gegenüberliegenden Ufer mit einer reduzierten Trog-Balkenbrücke realisiert. Die Geländer übernehmen neben der Absturzsicherung auch noch die Tragfunktion. Sie wurden als Vierendeel-Konstruktion mit Ober- und Untergurt im Querschitt 300 x 100 mm und Vertikalen 100 x 100 mm ausgeführt. Die Laufebene wird aus Lochblechen gebildet, die von Untergurt zu Untergurt spannen. Die skulpturale, formal klare und reduzierte Erscheinung der Brücke macht deutlich, dass es sich hierbei um ein Objekt handelt und nicht um eine neue Entwicklungslinie im Brückenbau. Auch auf den Aspekt der Nachhaltigkeit wurde besonderes Augenmerk gelegt. Zur Erreichung der angedachten Nutzungsdauer von mindestens 90 Jahren wurde die gesamte Tragkonstruktion feuerverzinkt und zusätzlich beschichtet.
Die Einfügung in die Landschaft und die Funktion als Fußgängerbrücke sind hervorragend gelungen.
Anerkennung
Haltepunkt Solingen, Solingen
ASTOC Architects + Planners, Köln
Begründung der Jury: Die markante architektonische Form des „Bahnhof Mitte“ in Solingen signalisiert Bewegung und Funktion. Mit einer ebenso einfachen wie robusten Konstruktion aus feuerverzinkten Stahlträgern in Kombination mit langlebigen Baustoffen wurden die Planer einer nachhaltigen Bauweise gerecht. Die Dachanlage erfüllt mehrere Funktionen: den Schutz vor Witterungseinflüssen und die Unterbringung technisch notwendiger Elemente. Gleichzeitig entstehen wechselnde Licht- und Schattenspiele, die dem Nutzer des Bahnhofs Wartezeiten angenehm gestalten.
Dank der durchsichtigen Optik nimmt der vorbei fließende Verkehr den Baukörper in seinen Dimensionen kaum wahr. Der Bahnhof fügt sich in das moderne Stadtbild ein, hebt sich aber wohltuend von vergleichbaren Funktionsbauten ab.
Anerkennung
Spreebalkon Brommystraße Berlin
Herwarth + Holz Planung und Architektur, Berlin
Begründung der Jury: Mit dem „Spreebalkon“ leisten die Architekten einen wunderbaren Beitrag zur Rückgewinnung des Kreuzberger Spreeufers. In der Materialität auf feuerverzinkten Gitterrosten und Holz reduziert, schafft das Bauwerk einen stimmigen Ort am und über dem Wasser mit vielfachen Blickbeziehungen.
Der 100 m2 große Balkon ruht auf einer auskragenden Stahlkonstruktion, die auf dem vorhandenen Widerlager der früheren Brommybrücke gründet. Die Struktur wird allen Anforderungen des Ortes gerecht: Der Balkon ist demontierbar und kann im Falle des Neubaues der Brommybrücke abgebaut und an anderer Stelle wieder errichtet werden. Es handelt sich insgesamt um eine bis ins Detail überzeugende Anlage.
Anerkennung
Electric Fountain am Rockefeller Plaza, New York
Künstler: Sue Webster, Tim Noble
Michael Hammers Studios GmbH, Wesseling
Begründung der Jury: Die Electric Fountain der Londoner Künstler Tim Noble und Sue Webster katapultiert die Brunnen- und Fontänenspiele der barocken Lustgärten in das mondäne Rockefeller-Center des neuzeitlichen New York. Als Kunstobjekt reagiert es mit seinem opulenten Formen- und expressiven Lichtspiel auf die Umgebung, in der es, temporär verankert, eher Karikatur denn ernstzunehmendes Wasserspiel sein will. Neben dem hohen künstlerischen Anspruch stellte es durch seine komplexe Formensprache und engen Radien höchste Anforderungen an Fertigung und Feuerverzinkung.
Belobigung
Seezeichen Juist
Droste, Droste & Urban Architekten BDA, Oldenburg
Stahl- und Metallbau Ihnen GmbH & Co. OHG, Aurich
Begründung der Jury: Der umgebaute Hafen der Insel Juist hat ein neues, schon von weitem erkennbares Wahrzeichen bekommen – einen 16 m hohen Aussichtsturm, der die Form eines Segels im Wind adaptiert.
Das neue Wahrzeichen birgt zudem eine Wetterstation, das nautische Signalfeuer, Rettungsgeräte und ein Hochzeitszimmer.
Die markante Architekturplastik wurde als feuerverzinkte und zusätzlich beschichtete Stahlkonstruktion ausgeführt und trotzt damit dauerhaft dem rauen Seewetter.
Belobigung
Aussichtsturm Landesgartenschau Schleswig
petersen pörksen partner architekten + stadtplaner bda, Lübeck
Begründung der Jury: Der neue Aussichtsturm der ehemaligen Landesgartenschau Schleswig steht auf einer Regenwasserpumpstation aus rotem Ziegelmauerwerk und wurde als feuerverzinkte Konstruktion mit einer Lärchenholzfassade ausgeführt. Der Turm nimmt den kreisrunden Grundriss der Pumpstation auf und überführt diesen in ein Zehn-Eck. Durch die Kombination der Werkstoffe Holz, Backstein und feuerverzinkten Stahl und durch die Form des Turms entsteht ein Bauwerk, das sich harmonisch in das Landesgartenschaugelände einfügt.
Die Jury
Neben Prof. Dr.-Ing. Hartmut Niederwöhrmeier, der sich u.a. als Präsidiumsmitglied beim Bund Deutscher Architekten BDA engagiert, gehörten der Jury an: - Stephan Birk, Träger des 1. Preises beim Wettbewerb um den Verzinkerpreis 2007
- Peter Brückner, Träger des 2. Preises beim Wettbewerb um den Verzinkerpreis 2007
- Gerd Deimel, Hauptgeschäftsführer Industrieverband Feuerverzinken e.V.
- Holger Glinde, Chefredakteur „Feuerverzinken“ - Stefan Elgaß, Chefredakteur „metallbau“
- Prof. Dr.-Ing. Rainer Hempel, FB Architektur der Fachhochschule Köln
- Carl Steckeweh, Pentapolis
- Tim Westphal, Zeitschrift „Detail“