Branche

BVM zur Corona-Krise

Den Mitgliedern stets zur Verfügung

Der Bundesverband Metall (BVM) ist Sprachrohr für seine Mitglieder in Politik- und Wirtschaftskreisen. Diese Aufgabe übernimmt der Verband selbstverständlich auch in Sachen Corona und adressiert Vorschläge und Forderungen zum Bedarf an staatlicher Hilfe an die zuständigen Ministerien und Stellen, um die Unternehmen handlungsfähig und liquide zu halten. Darüber hinaus sind die Ansprechpartner des BVM für die Beratung der Mitgliedsbetriebe da. Wir haben mit Markus Jäger, dem Hauptgeschäftsführer, gesprochen.

metallbau: Mit welchen Maßnahmen kann der Verband seine Mitglieder in so einer völlig neuen wirtschaftlichen Situation unterstützen?

Dipl.-Ing. (DH) Markus Jäger: Wir stellen den Mitgliedsbetrieben tagesaktuelle Informationen auf unserer Internetseite zur Verfügung. In diesem Rahmen informieren wir über den richtigen arbeitsrechtlichen Umgang in dieser Krise und, sobald Klarheit herrscht, natürlich auch über die Wege zu Überbrückungsprogrammen. Außerdem: viele Fragen des täglichen Miteinanders.


metallbau: Mit welchen Anfragen wenden sich Unternehmer gehäuft an den Verband?

Jäger: Im Fokus steht derzeit sicherlich der Umgang mit eventuell infizierten Mitarbeitern. Viele Betriebe fragen, wie sie mit Urlaubsrückkehrern aus besonders betroffenen Gebieten (Norditalien, Süd-Ost-Asien) umgehen sollen. Außerdem werden – auch in Zusammenhang mit der Krise im Automotive-Sektor – Fragen zur Kurzarbeit gestellt. Aber es gibt auch Fragen zu unterbrochenen Lieferketten. Beispielsweise erhalten die Betriebe dringend benötigte Stähle aus Italien nicht mehr termingerecht. Wir haben eindringlich darauf hingewiesen, dass bei allem Verständnis für den Blick der Politik auf die weltweiten Lieferketten, die Lieferketten im europäischen Binnenverkehr nicht aus den Augen geraten dürfen. Diese sind für den in Deutschland äußerst wichtigen Mittelstand mindestens genauso wichtig.


metallbau: In welchen Segmenten des Metallbaus sorgt Corona für Zulieferprobleme? Wie können sich die Betriebe alternativ behelfen?

Jäger: Insbesondere die Betriebe mit einem feinwerkmechanischen Hintergrund sind die ersten Betroffenen, die die Auswirkungen bereits deutlich spüren. Erste Probleme treten aber auch in den eher baulastigen Betrieben auf, durch Quarantäne-Maßnahmen in anderen Betrieben, die die Lieferung wichtiger Bauelemente verhindern oder verzögern. Unsere Metallbauer beschäftigen darüber hinaus Fragen, wie die Arbeitsabläufe bei laufenden Aufträgen für den möglichen Fall einer Infektion in der eigenen Mannschaft dennoch aufrechterhalten bleiben können. Bis hin zum Einsatz auf der Baustelle. Im Grunde Fragen der Notfallplanung.


metallbau: Welche Lieferketten sind durch die Maßnahmen gegen das neue Virus eingeschränkt?

Jäger: Lieferketten sind weltweit aber auch schon europaweit eingeschränkt. So bekommen durch die Einreisebeschränkungen nach Österreich erste Betriebe schon keine Halbzeuge mehr aus Italien, weil die LKW in Teilen schlicht die Grenzen nicht passieren dürfen. Und es sieht danach aus, dass sich diese Probleme noch weiter verschlimmern werden. Wir empfehlen Kunden, sich zu informieren und nach alterativen Lieferanten Umschau zu halten. Dies wird nicht immer möglich sein, dennoch gibt es vielleicht national oder regional Lösungen für diesen Fall.


metallbau: Gibt es bereits Metallbaubetriebe, in denen mehr Mitarbeiter als einer unter Quarantäne gestellt wurde und welche verpflichtenden Maßnahmen müssen diese betroffenen Unternehmer umsetzen?

Jäger: Regelmäßig kommt es in solchen Betrieben darauf an, wie intensiv der Kontakt mit den Infizierten war. Die Behörden fragen genau dies bei betroffenen Personen ab und identifizieren diejenigen, die beispielsweise mehr als 15-minütigen direkten Kontakt hatten. Wir empfehlen zum Schutz des eigenen Unternehmens über einfache Maßnahmen nachzudenken, um die Kontakte möglichst gering zu halten. Hierzu können auch Meetings im Haus ggfls. durch Telefonkonferenzen ersetzt werden, sodass jeder Mitarbeiter an seinem Arbeitsplatz bleiben kann. Eine weitere Überlegung besteht darin, die Pausen nicht in Gemeinschaftsräumen zu verbringen. Durch solche einfachen Maßnahmen kann die Verbreitung des Virus zumindest verlangsamt werden, sodass nicht die gesamte Belegschaft auf einmal ausfällt.


metallbau: Was können Unternehmen tun, bei denen zugleich mehrere Mitarbeiter wegen des Corona-Virus ausfallen?

Jäger: Kurzarbeit ist in diesem Zusammenhang ein probates Mittel. Zwar ist das Abschließen von Tarifverträgen Ländersache, aber soweit wir die Tarifverträge überblicken, ist in allen Ländern zur Einführung von Kurzarbeit eine Regelung getroffen, sodass die Betriebe zu diesem Mittel greifen können.
Ob die vertraglichen Regelungen einen Ausweg zulassen oder man sich auf Höhere Gewalt beziehen kann, wird wohl im Einzelfall zu klären sein. Hier können sich die Firmen an die juristischen Berater der Beratungsstruktur der Verbände wenden. Wir erarbeiten hierzu derzeit grundsätzliche Empfehlungen.
Letztendlich muss man wohl das offene Gespräch mit den Kunden suchen. Die derzeitige Situation erfordert ein aufeinander zugehen in allen Richtungen – auf Kunden wie auch auf die eigenen Lieferanten. In einem Wirtschaftssystem ist man zukünftig am Ende einer Krise auf alle Bausteine angewiesen.


metallbau: In Ihren Empfehlungen auf der Website schreibt der BVM, dass Unternehmen bei Betriebsausfällen gegenüber den Auftraggebern „höhere Gewalt“ erfolgreich vorbringen können. Ist es denn gängig, dass in Vertragsvereinbarungen zwischen AG und AN ein Passus zu Ereignissen durch „höhere Gewalt“ eingeflochten wird?

Jäger: Soweit es sich um Bauverträge nach VOB handelt, ist das ausdrückliche Vereinbaren von Rechtsfolgen bei „höherer Gewalt“ nicht erforderlich, weil § 6 VOB/B hierzu bereits Regelungen trifft. In allen anderen Fällen empfehlen wir zu diesem frühen Zeitpunkt eine Einzelfallprüfung. Der BVM bemüht sich auch hier Handlungsempfehlungen zu erstellen.


metallbau: Wie sind die Abläufe und welche Folgen hat dies für Mitarbeiter, wenn ein Unternehmen wegen des Virus von einer Behörde geschlossen wird?

Jäger: Ein Gesetz, das bis vor kurzem ein weitgehend unbekanntes Schattendasein geführt hat, gibt hierzu Aufschluss: Das Infektionsschutzgesetz regelt die Ersatzansprüche. Greift der Staat ein und stellt Ausscheidende und Ansteckungsverdächtige unter Quarantäne, dann haben sie nach § 56 Abs. 1 S. 2 IFSG einen Anspruch auf Entschädigung. Der Arbeitgeber zahlt die Entschädigung aus und hat in dieser Höhe einen Erstattungsanspruch gegen das jeweilige Bundesland. Wichtig ist hier, dass nicht eine Krankheit der Grund für das Fernbleiben von der Arbeit ist (dann greift die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall nach EFZG), sondern die behördliche Anordnung. Einen Erstattungsanspruch haben auch Selbständige.

->hierzu folgender Rat von Anwälten

metallbau: Wenn Behörden den Betrieben in Sachen Corona Vorgaben machen, mit welchen Folgen muss der Betrieb rechnen, wenn er sich den Aufforderungen widersetzt?

Jäger: Das Infektionsschutzgesetz sieht eine Freiheitsstrafe von bis zu 2 Jahren oder eine Geldstrafe vor, wenn man gegen Quarantäne-Auflagen verstößt. Für den Fall, dass jemand als infizierte Person eine andere Person ansteckt, kann auch eine Strafbarkeit wegen Körperverletzung (§ 223 StGB) bin Betracht kommen.
Auch wenn diese Strafen wohl nur im Einzelfall eingesetzt werden, sollte zum Schutz der Mitarbeiter und auch zur Verlangsamung der Ausbreitung des Virus dringend die behördlichen Quarantäneanordnungen befolgt werden. Je langsamer das Virus sich im Unternehmen verbreitet, desto besser werden die Mitarbeiterausfälle zu verkraften sein.


metallbau: Können Sie eine Einschätzung geben, wie sich die Folgen des Corona-Virus auf die Konjunktur der Metallbaubetriebe 2020 auswirken könnte?

Jäger: Das steht noch in den Sternen. Hier wäre zu diesem Zeitpunkt eine konkrete Aussage unseriös. Fest steht jedoch, dass es sich um eine wirklich ernste wirtschaftliche Situation für die Unternehmen und die gesamte deutsche Wirtschaft handelt. Letztendlich sind aber alle Volkswirtschaften weltweit betroffen.




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