BauPV und CE-Zeichen
Mehr als 200 Vertreter der Fenster- und Fassadenbranche trafen sich am 17./18. Januar in Rosenheim zur Fachtagung „Die neue Bauproduktenverordnung und das CE-Zeichen in der Praxis“.
Eingeladen hatten zu dieser gemeinsamen Informationsveranstaltung der Bundesverband Flachglas e.V. (BF), Troisdorf, das Institut für Fenstertechnik GmbH (ift), Rosenheim, und der Verband Fenster + Fassade (VFF), Frankfurt am Main. Ziel der Fachtagung war es, in einer Kombination aus fundierten Vorträgen, konstruktivem Gedankenaustausch und kompetenten Diskussionsrunden Klarheit in die Paragrafenwelt der neuen Bauproduktenverordnung (BauPV) zu bringen.
Wichtige Konsequenzen. Dr. Bernhard Schneider vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) schilderte zunächst die Gründe, die zur Reform des Bauproduktenrechts geführt haben. Die bereits 1988 vom Europäischen Rat erlassene Bauproduktenrichtlinie war nicht in allen europäischen Ländern auf gleiche Weise umgesetzt worden. Die Gremien der EU sahen sich daher in der Pflicht, die Rechtsgrundlagen nach 20 Jahren zu überarbeiten und für alle Mitgliedsstaaten verbindlich zu machen.
Ergebnis war die neue europäische Bauproduktenverordnung (BauPV), die im April des vergangenen Jahres in Kraft trat und nach einer Übergangszeit ab 1. Juli 2013 zwingend anzuwenden ist. Die EU-Kommission hatte diesmal die Rechtsform der Verordnung gewählt, um eine schnelle und einheitliche Umsetzung in allen Mitgliedsstaaten zu erreichen. Dr. Schneider erläuterte die Strukturen des neuen Regelwerkes und nannte die Grundanforderungen einschließlich der aktuellen Ergänzungen (unser Fachautor Reiner Oberacker hat in metallbau 10/2011 bereits ausführlich berichtet). Beispielsweise wurde die „Nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen“ unter Punkt 7 als neue mandatierte Eigenschaft aufgenommen.
Ausführlich befasste sich der Referent mit dem Inhalt der Leistungserklärung, mit den notwendigen Voraussetzungen zur CE-Kennzeichnung sowie mit Ausnahmen und möglichen Erleichterungen für die Betroffenen. Schließlich sprach er auch die Befugnisse der Behörden zur Marktüberwachung und die beabsichtigten bundesrechtlichen Maßnahmen zur Durchführung an.
Die mit der BauPV aus Sicht der Branche einhergehenden Veränderungen beschrieb ift-Leiter Ulrich Sieberath. „Nicht mehr die Vermutung der Brauchbarkeit, sondern die erklärte Leistung steht im Mittelpunkt“, betonte er und nannte daher als Kernelement der Verordnung die Leistungserklärung: „Der Hersteller übernimmt mit ihrer Erstellung die Verantwortung für die Konformität des Bauproduktes mit den Angaben aus der Leistungserklärung und nicht mehr nur für die Konformität mit einer Produktnorm.“ Damit werde unter anderem der Verbraucherschutz wesentlich gestärkt.
Rechtsanwalt Prof. Christian Niemöller von der Kanzlei SMNG, Frankfurt am Main, verglich die bisherige Rechtslage mit derjenigen, die seit Inkrafttreten der BauPV gültig ist. Er vermittelte das Thema anhand eines höchst einprägsamen Bildes: „Die bisherige Konformitätserklärung ist im Grunde die Verwandte der Leistungserklärung, blieb aber beim Hersteller – die Leistungserklärung hat sozusagen den Rucksack auf dem Rücken und wandert mit dem Produkt.“
Kerstin Abend vom Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt), Berlin, stellte das öffentlich-rechtliche Instrument der Marktüberwachung vor. Dabei handelt es sich um die aktive Überwachung von Bauprodukten im Hinblick auf ihre bauwerksrelevanten Eigenschaften auf dem Markt. „Die Marktüberwachung darf Verstöße gegen die Kennzeichnungspflicht in Zukunft eigenständig und aktiv verfolgen“, brachte sie die Situation auf den Punkt und fügte hinzu: „Neu ist auch die gewachsene Verantwortung des Handels, der seinerseits hohe Anforderungen bezüglich der Kontrolle von Kennzeichnung und technischen Unterlagen erfüllen muss.“
Das CE-Zeichen. VFF-Geschäftsführer Ulrich Tschorn stimmte die Tagungsteilnehmer am zweiten Tag auf das Schwerpunktthema „CE-Zeichen in der Praxis“ ein.
Jörn P. Lass vom ift stellte zunächst den Zeitplan für den Übergang von der Bauproduktenrichtlinie zur Bauproduktenverordnung vor. Er beschrieb die Kernelemente Leistungserklärung und CE-Kennzeichnung sowie deren Bezug auf die jeweiligen harmonisierten Produktnormen und veranschaulichte die neuen Regeln anhand von typischen Beispielen.
David Hepp vom ift gestaltete seinen Beitrag zur Leistungsfähigkeit des CE-Zeichens praxisnah aus Sicht der Hersteller. Er interpretierte mit markanten Beispielen Inhalt und Umsetzung der CE-Kennzeichnung, die Rückverfolgbarkeit beziehungsweise Kennzeichnung von Produkten sowie die Leistungserklärung. Differenziert beschrieb er in diesem Zusammenhang auch Rolle und Aufgabe von Herstellern, Händlern und Importeuren – ein Thema, zu dem sich abschließend noch einmal Prof. Christian Niemöller aus rechtlicher Sicht zu Wort meldete.
Lebhafte Diskussion. Ein Kernbereich der beiden Veranstaltungstage waren die Diskussionsrunden, die nach den einzelnen Themenblöcken angeboten und von Ulrich Sieberath moderiert wurden. Mehr als 70 Fragen wurden in diesem Rahmen gestellt und beantwortet. Das ift hat vorgesehen, den gesamten Katalog von Fragen und Antworten in schriftlicher Form auf seiner Website (www.ift-rosenheim.de) zur Verfügung zu stellen.
Fazit. Die Tagungsteilnehmer haben die Aufbereitung einzelner Themen aus verschiedenen Blickwinkeln sehr positiv bewertet. Die Verfahrensweise zeigte die besonderen Aspekte aus Sicht des Regelgebers sowie die praktische Umsetzung bis hin zu den rechtlichen Auswirkungen. Interessierte, die nicht zur Tagung kommen konnten, haben die Möglichkeit, die Tagungsunterlagen einschließlich der Vortragsfolien und die BauPV im Originaltext auf der Website des ift unter dem Stichwort „Literaturverkauf“ zu bestellen.
Aufgrund der überaus positiven Resonanz und konkreter Anfragen laden BF, ift und VFF am 12. Juni zu einer weiteren Fachtagung mit ähnlichem Inhalt nach Hannover ein.
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