Biegetechniken

Möglichkeiten im Überblick

Biegen oder nicht biegen? Für viele Metallbauer ist das eine entscheidende Frage, denn die Maschinen sind nicht billig. Manche greifen daher auf Lohnbiegereien zurück. Was sich rechnet, muss schließlich jeder selbst entscheiden – richtig und falsch gibt es nicht. Ein Überblick.

Biegen ist nicht gleich Biegen. Wenn Rohre, Bleche und Profile in eine gerundete Form gebracht werden müssen, nehmen viele Metallbauer die Hilfe von Spezialisten in Anspruch. Das sind echte Biegeprofis, die mit speziellen Maschinen arbeiten. Und das, obwohl die Hersteller von Biegemaschinen seit Jahren emsig daran arbeiten, ihre Produkte noch leichter bedienbar zu machen.

Wolfgang Thoman nimmt ein Rohr und legt es in eine Profilbiegemaschine der neusten Generation. Spielend leicht sei die Programmierung, versichert der Geschäftsführer des Biegemaschinen-Herstellers Thoman. Dann drückt er ein paar Knöpfe, stellt noch schnell die Längenabschnitte und Winkel ein. Er drückt auf den Start-Knopf und kurz darauf ist der Rundbogen fertig. Das Programmieren ging ruckzuck. Der Biegeprozess selbst hat nicht mal eine Minute gedauert. „Bereits vor 20 Jahren haben wir die ersten Profilbiegemaschinen mit PC-Steuerung auf den Markt gebracht“, so Thoman. Heute sei das Standard. Die Biegemaschine verfügt über ein großes Display. Die Dateneingabe und Steuerung verlaufen nahezu intuitiv. Die Parameter sind schnell eingegeben, einmal gebogene Profile können als Vorlage gespeichert werden. Die Maschinen laufen CNC-gesteuert. Ganz einfach. Sollte man meinen.

Besser tagtäglich in der Übung

Denn der Teufel ist bekanntlich ein Eichhörnchen. Die Tücke sitzt im Detail. „Keine Biegearbeit gleicht der anderen“, sagt Jörg Hilsky. Er ist Geschäftsführer der Berliner Firma Biegeprofis RHB, die er gemeinsam mit seinem Bruder vor 14 Jahren übernommen hat und seit 2009 alleine führt. Unternehmen wie seins werden in Anspruch genommen, wenn Handwerker nicht nur die Investition in eine eigene Biegemaschine scheuen. Zudem würden die Kunden die Vielseitigkeit und Erfahrung der Biegeprofis schätzen, so Hilsky. „Biegen ist wirtschaftlicher als Schweißen.“ Und Schweißen gehört für viele Metallbauer zur Kernkompetenz. Doch wer ein echter Biegeprofi werden wolle, müsse sich tagtäglich mit den Anforderungen des Biegens auseinandersetzen.

Automatisierte Biegemaschinen

Biegemaschinen arbeiten mit verschiedenen Techniken. Thoman stellt vor allem Profilbiegemaschinen her, die nach dem Drei-Rollen-Prinzip funktionieren. Das Werkstück wird dabei zwischen drei Rollen platziert. Je nach Winkel, Radius und Länge wechseln die Rollen ihre Position zueinander. Durch die Rotation der Rollen wird das Werkstück bewegt. Früher musste dabei jeder Arbeitsschritt einzeln eingestellt werden. Heute läuft das vollautomatisch. Schon an einem einfachen Rundbogen, der vorne und hinten den gleichen Winkel hat, müsste man händisch mehrere Dutzend Kontaktpunkte einstellen. Heute erledigt die Maschine diese Feinarbeit. Doch diese Leistung hat auch ihren Preis: Der Drei-Rollen-Bieger von Thoman kostet mehr als 50.000 Euro. Und doch sei er wirtschaftlich, sagt der Hersteller. Weil er eben fehlerlos und schnell arbeite. Ungenauigkeiten im Millimeter-Bereich können bei manchem Auftrag schon zum Ausschuss führen.

Dornbiegen

Beim Dornbiegen wird ein Rohr von innen mit einem Stab, dem Dorn, verstärkt. Gerade massive Rohre könnten sonst nicht akkurat gebogen werden. „Dorn- und Rollbiegemaschinen sind bei uns ähnlich viel im Einsatz“, sagt Henning Veller, Geschäftsführer von Biegetechnik Veller aus Reichshof-Wehnrath im Oberbergischen Land. „Bei den Stückzahlen führt jedoch die Dornbiegemaschine, da hier andere Losgrößen gefragt sind.“

Kostenintensive Maschinen

Veller ist als reine Lohnbiegerei gestartet. Vor zwei Jahrzehnten haben viele Metallbauer noch mit Einschweißbögen gearbeitet, um etwa Geländer zu formen. „Wir wollten diese Unternehmen mit gebogenen Geländerteilen beliefern, damit sie kostengünstiger produzieren können“, erinnert sich Veller. „Im Laufe der Jahre haben sich die von uns belieferten Branchen und damit die Anwendungsbereiche der Biegeteile erweitert: Vom einfachen Geländerhandlauf über Präzisionsbiegeteile für Maschinen bis zu Sicherheitsbiegeteilen im Personentransport fertigen wir vielfältige Biegeteile.“ Gleichzeitig wurde das Fertigungsspektrum erweitert – etwa ums Rohrbohren, Flachstahlkanten und Lochen. Alle Bereiche sind in der Anschaffung der Maschinen kostenintensiv. Mitarbeiter müssen geschult werden. „Es rechnet sich nur bei guter Auslastung“, sagt Henning Veller.

Nebenbei Metallbauleistungen

Und um diese möglichst optimal zu erreichen, stellt Veller sogar eigene Produkte her. Das Unternehmen ist ein bundesweit renommierter Hersteller von Fahrradparkern, wie man sie etwa aus den Innenstädten kennt. „Nachdem wir mehrfach Biegeteile für Fahrradanlehnbügel anderer Hersteller gefertigt hatten, haben wir unseren eigenen Design-Fahrradparker entwickelt“, erinnert sich Henning Veller. Danach wurde das Sortiment an eigenen Produkten mehr und mehr erweitert. Die Lohnbiegerei mache aber weiter rund 80 Prozent des Umsatzes aus.

Für´s Biegen Schlange stehen

Und das ist auch ein Grund, warum gerade kleinere Handwerksunternehmen auf eine eigene Biegemaschine verzichten. Einfache Biegejobs mit nur ein oder zwei Teilen erledigen die Lohnbiegereien für wenig hundert Euro. Man darf aber nicht darauf hoffen, sein gebogenes Rohr dann am nächsten Tag zu erhalten. „Unsere derzeitige Auftragsbearbeitungsdauer beträgt etwa zwei bis drei Wochen“, verrät Jörg Hilsky. Für besonders eilige Aufträge hält der Biegeprofi jedoch eine Überholspur bereit. Gegen Aufpreis für den Expressdienst, natürlich.

Mit dem Biegen allein ist es nicht getan, wie Jörg Hilsky erläutert: „Daneben ist auch das Zuschneiden sehr wichtig. So werden Handelslängen vor und nach dem Biegen zum gewünschten Fertigmaß des Kunden zugeschnitten. Dabei sind Sägen notwendig, die das große Spektrum an zu biegenden Rohren und Profilen abdecken.“ Die Wünsche der Kunden würden dabei immer umfangreicher – fast schon wie bei einem fertigen Produkt.

Metallbauer mit Biegemaschine

Auch der Freiburger Metallbauer Wolfgang Spittler hat in seiner Firma eigene Biegemaschinen. Bei der Firma Heck, die Spittler vor 14 Jahren übernommen hat, wird zu mehr als zwei Dritteln für den eigenen Bedarf gebogen. „Vor etwa vier Jahren haben wir eine neue CNC-Rohrbiegemaschine gekauft“, sagt Spittler. Eine beträchtliche Investition, doch das Vorgänger-Modell habe gut 30 Jahre gehalten. „Gebogen wurde bei uns schon immer“, so Spittler. Die Firma wurde 1978 gegründet, heute zählt sie 14 Mitarbeiter.

Daneben steht in Spittlers Werkstatt noch eine hydraulische Kantblechbiegemaschine. „Wir haben so die Möglichkeit, andere Leistungen anzubieten.“ Das werde auch von anderen Schlosserkollegen genutzt, sagt der Handwerker. Aber vermarktet wird die Leistung nicht. Es habe sich bei einigen rumgesprochen, gelegentlich komme mal ein neuer Kunde per Empfehlung dazu. Zu den Kosten für den Betrieb der Maschine macht Spittler keine Angaben. Wer biegt, braucht jedoch Werkzeugsätze, die durchaus teuer sind. Biegemesser müssen das Material und dessen Stärke angepasst sein. Ein Satz Messer kann schon mal 3.500 Euro kosten – hält dann aber auch eine Weile.

„Biegen ist bei uns kein Ersatz für das Schweißen“, sagt Spittler. Er ist aber froh, dass er die Leistung im Angebot hat. „Viele Schlosser biegen nicht mehr selbst. Wenn sie dann mal eine Wendeltreppe bauen wollen, bleibt ihnen nur, die Treppe komplett einzukaufen und sie dann fertig zu montieren.“

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