Dicke TM-Bleche mit abZ
Für Brücken und WindkraftanlagenBei thermomechanisch gewalzten (TM) Blechen kann teils auf das Vorwärmen beim Schweißen verzichtet werden. So werden Fertigungszeit und -kosten gespart, das Material erweist sich als besonders wirtschaftlich. Die Dillinger Hütte bietet die Hochleistungsbleche der Güten S355 M/ML seit Kurzem in einer Dicke von 140 Millimetern mit allgemeiner bauaufsichtlicher Zulassung (abZ) an.
Ein Beispiel aus dem Brückenbau soll die Vorteile der TM-Bleche für den Stahlbau belegen: Die statische Berechnung einer Stahlverbundbrücke mit geschweißten T-Trägern ergibt im Auflagerbereich eine notwendige Dicke von 140 Millimetern für den Gurt des Stahlträgers. Bisher wurde ein solcher Gurt mit einem Lamellenpaket realisiert, für das zwei TM-Bleche, zum Beispiel 80 und 60 Millimeter dick, per Lamellen- oder Flankennaht zusammengeschweißt wurden. Durch Einsatz eines 140 Millimeter dicken Baustahls S355 ML wird diese Schweißnaht jetzt überflüssig. Bei einer typischen Trägerlänge von acht Metern entspricht das einer Einsparung von mehr als 30 Metern Schweißnaht je Träger.
Im Allgemeinen werden TM-Bleche für statisch anspruchsvolle, schweißintensive Anwendungen genutzt: Ungeschlagen in Bauteilsicherheit, Fertigungseffizienz und -geschwindigkeit finden sie bevorzugten Einsatz beim Bau der Fundamente für Offshore-Windkraftanlagen, aber auch bei hochbeanspruchten Stahlbauten wie Hochhäusern, bei denen enorme statische Belastungen mit Gewichtseinsparungen oder schlankeren Formen in Einklang gebracht werden müssen.
Ihre feine Kornstruktur sorgt für sehr gute Festigkeits- und Zähigkeitswerte. Die dadurch gegebenen höheren Streckgrenzen und Zähigkeitsreserven verhindern Fertigungsschäden und Sprödbruch, was der Konstruktion zusätzliche Sicherheit verleiht.
Thermomechanisch gewalzte Baustähle S355 M/ML enthalten deutlich niedrigere Kohlenstoffäquivalente CET als normalisierte Stähle der gleichen Festigkeitsklasse. Die hierdurch wesentlich bessere Schweißeignung der Güten S355 M/ML zeigt sich in starker Verringerung bis Wegfall der Notwendigkeit zum Vorwärmen. Während normalisierte Stähle ab einer Dicke von 25 Millimetern zum Schweißen vorgewärmt werden müssen, um Aufhärtungen oder Kaltrisse zu vermeiden, ist für TM-Baustähle bei geeigneter Parameterwahl für alle Dicken kein Vorwärmen zum Schweißen oder Brennschneiden erforderlich. Da mit zunehmender Blechdicke üblicherweise sowohl die Vorwärmtemperaturen als auch die Abkühlzeiten steigen, ist dies insbesondere im großen Dickenbereich ein entscheidender Vorteil. So hat ein 140 Millimeter dicker normalisierter Baustahl S355 NL typischerweise ein Kohlenstoffäquivalent CET von 0,31 %, thermomechanisch gewalzte Stähle S355 M/ML jedoch nur 0,23 %. Dadurch sinkt die Vorwärmtemperatur um rund 60 °C – oder entfällt sogar komplett.
Mit dem Wegfall des Vorwärmens gehen wesentliche weitere Vorteile einher: So werden Aufwärm- und Abkühlzeiten bis auf Null reduziert, Werkstattdurchsätze erhöht sowie Kosten für Gas, Schweißzusätze und Fertigungslohn verringert. Außerdem kann der Schweißer beispielsweise bei Innennähten in einem Hohlkasten wegen der geringeren Hitzeentwicklung länger unterbrechungsfrei schweißen. Die gute Schweißeignung der thermomechanisch gewalzten Baustähle bleibt auch bei der höheren Festigkeitsklasse S460 unverändert erhalten. Zugleich erlaubt diese Stahlgüte aufgrund ihrer höheren Festigkeit, die Blechdicke um rund 30 % zu verringern und ermöglicht so leichtere Konstruktionen mit größeren Montageeinheiten. Das wiederum reduziert Montagezeiten und Transportkosten und liefert damit einen Beitrag zu nachhaltigem Einsatz von Rohstoffen. ⇥red ◊