Dieter Baumann
„Unser Umsatz ging um zehn Prozent zurück“Gut zehn Prozent ihres Umsatzes von fünf Millionen Euro pro Jahr macht die Baumann-Gruppe aus dem deutschen Winterlingen in der Schweiz. Die Niederlassung bei den Eidgenossen besteht bislang nur aus zwei Mitarbeitern, soll aber mittelfristig mit eigener Produktion auf 80 Mitarbeiter wachsen. Bislang kommen die Getriebe, die etwa in Raffinerien oder der Automobilindustrie eingesetzt werden, von Baumann Components in Winterlingen.
Die Bawarema Umwelttechnik mit Sitz in der Schweiz (Kanton Schwyz) ist Teil der Baumann-Gruppe. Deren Business: Schmutz-, Salz- und Industriewässer in Trinkwasser aufbereiten. Allerdings agiert sie bislang als reines Handelsunternehmen, das die Anlagen auf Basis von Seecontainern vertreibt, die mit allerhand Hard- und Software bestückt werden. Inhaber Dieter Baumann berichtet: „Künftig wollen wir die Anlagen, die 350.000 bis 1,2 Mio. Euro kosten, selbst produzieren.“ Wegen der Mechanik, z.B. Rohre, Klappen und Ventile, hat die Fertigung einen sehr hohen Wertschöpfungsanteil im Arbeitsfeld Metallbau. Aktuell sucht der Metallbau-Ingenieur in den Kantonen Schwyz, St. Gallen oder Thurgau ein mindestens 20.000 Quadratmeter großes Grundstück und eine Halle mit rund 3.000 Quadratmetern.
Dem Unternehmer kommen die wirtschaftlichen Bedingungen in der Schweiz entgegen: „Hier sind wir embargosicher, wenn die Aufbereitungsanlagen für Trinkwasser in den Irak, nach Afghanistan oder in kritische Staaten nach Afrika gehen sollen.“ Denn häufig schließt sich die Europäische Union Boykottbeschlüssen der US-Regierung an. Aber vor allem in Krisenregionen würde diese Technologie dringend gebraucht.
„Leidtragende sind fast immer die Menschen und der Zugang zu Wasser ist ein Grundrecht,“ begegnet der Unternehmer Vorwürfen, er wolle als Schweizer Exporteur im Ernstfall von einem EU-Embargo profitieren. Jedenfalls sei aktuell der pandemiebedingte Nachfrageeinbruch in seinen beiden Nischenbranchen gering gewesen. Hinzu komme, dass die Schweiz pragmatisch und unbürokratisch handle.
Baumann: „Wir hatten hier im Frühsommer 2020 mit viel herberen Einbrüchen und vielen Insolvenzen gerechnet.“ Verglichen damit seien die Auswirkungen bislang gering geblieben. Auch Lieferschwierigkeiten seien kein Thema gewesen, da die Aufträge weniger vom Material abhingen als vom Engineering. Dennoch sei die pandemiebedingte Verunsicherung spür- und messbar gewesen: Die Nachfrage ging um etwa zehn Prozent zurück.
Die Container der Bawarema Umwelttechnik können in der Basisversion pro Stunde 10.000 Liter Schmutz- zu Trinkwasser aufbereiten. Höhere Durchlaufmengen und giftigere Wasserqualitäten erhöhen jeweils den Preis. Sämtliche Anlagen können auch autonom per Photovoltaik oder Windkraft betrieben werden, brauchen also dafür keine Infrastruktur. Baumann informiert: „Wir können komplette Seen, die verunreinigt und gekippt sind, wieder reinigen.“ Je nach Größe des Gewässers kämen dann zwei und mehr Container zum Einsatz. In den nächsten zwei Jahren soll die Produktion gestartet und aufgebaut werden. Gespräche mit Regierungen und potentiellen Käufern liefen bereits. Der Metallbauer: „Wir können aus Gülle Trinkwasser machen und die Inhaltsstoffe extrahieren und zu Biogas aufbereiten.“ Auch Tierkadaver würden in solchen Anlagen in Biogas transformiert. Nachfragen kommen aus dem Agrarbereich, weltweit. Von den neuen Arbeitsplätzen wird gut die Hälfte auf den Metallbereich entfallen, wie Schlosser und Mechaniker. Zudem braucht er Elektriker und Elektroniker, aber auch Leute in Verwaltung, Buchhaltung und Logistik. Wegen der Synergien werde das Schweizer Werk in enger Abstimmung mit den ca. 50 Mitarbeitern in Winterlingen entstehen.