Marketing für den Metallbau

Erfolge nach einem Jahr Investitionen

Die schlechte Nachricht zuerst: Es gibt kein Universalrezept fürs Marketing. Die gute Nachricht: Es ist alles erlaubt. Das Wichtigste aber ist eine glaubwürdige und zielgruppengerechte Kommunikation, ganz gleich ob es sich um ein B2B- oder B2C-Geschäft handelt. Fachredakteurin Ulrike Hensel hat einige Metallbauunternehmen befragt. Zwei Schwergewichte der Branche berichten über ihre unterschiedlichen Positionen.

Wer glaubt, mit ein paar Standardformeln aus einem Marketingkurs schnell den richtigen Weg gefunden zu haben, kann sich sehr täuschen. Marketing ist genauso individuell wie jedes einzelne Unternehmen. Das verdeutlichen nicht nur unzählige Beispiele aus Industrie und Handwerk, sondern auch die beiden Unternehmen Bonda Balkon- und Glasbau und Josef Gartner. Ihre Marketing- und PR-Maßnahmen bedienen zum Teil ganz unterschiedliche Kanäle und sind doch von Erfolg gekrönt. Dabei hat die Art der Kundenansprache viel mit dem Selbstverständnis des Unternehmens und seiner Kunden zu tun.

Marketing via Internet. Für Yvonne Bonda, Geschäftsführerin von Bonda Balkon- und Glasbau, ist Marketing und PR eine strategische Unternehmensaufgabe. Für das überdurchschnittliche Wachstum des Unternehmens sorgte ihrer Ansicht nach ein außergewöhnlicher Internetauftritt und eine schnelle, sehr zuverlässige Kundenbetreuung sowie Auftragsbearbeitung. Früher ist sie tagelang auf Tour gewesen, um einen Auftrag zu akquirieren, erzählt Bonda und ergänzt: „Heute ist es wichtiger, eine informative und stets aktuelle Internetseite zu besitzen.“

Für ihre Firma fährt kein einziger Außendienstler zur Akquise durchs Land, trotzdem sind ihre Auftragsbücher immer viele Monate im Voraus gefüllt. Sie hat im Innendienst einen sehr gut arbeitenden Mitarbeiterstamm, der die täglich eintreffenden Anfragen sofort beantwortet. Spätestens nach zwei Tagen erhalten die Kunden ein Feedback bzw. ein individuelles Angebot und „sind dann immer ganz sprachlos wegen der Schnelligkeit“, sagt Bonda. Und genau damit signalisiert das Unternehmen Zuverlässigkeit und Professionalität.

Bonda weiß, dass es an diesem Punkt erst richtig losgeht, will sie glaubwürdig sein. So versendet sie via E-Mail einen elektronischen Katalog im PDF-Format, liefert Links zu vergleichbaren Projekten, die auf ihrer Homepage als Referenz erläutert sind und telefoniert den Anfragen nach. Ihrer Homepage widmet sie besondere Aufmerksamkeit, damit die Verweildauer auf den Seiten hoch ist. Nur dann würden Informationen gelesen und könnten Botschaften transportiert werden. Sie möchte den User emotional ansprechen und zielt darauf, dass über die positive Erinnerung an ihre Projekte auf der Website der Kontakt fortbesteht.

Exklusive Zielgruppe. Klaus Lother, Geschäftsführer von Josef Gartner aus dem bayrischen Gundelfingen, setzt eher auf klassische Werbewege: Fachartikel, Anzeigen und ein jährlicher Kalender für die Kunden. Lother betont: „Marketing muss maßgeschneidert sein, es muss auf das Produkt und die Zielgruppen passen. Und es sollte höchsten Qualitätsansprüchen genügen. Wenn das stimmt, kann Marketing eine sehr wichtige Rolle spielen, zum Beispiel bei der Markteinführung und dem Bekanntheitsgrad eines Produktes.“

Das ehemalige Familienunternehmen Josef Gartner, das seit 2001 zum italienischen Baukonzern Permasteelisa gehört, beschäftigt in Deutschland rund 770 Mitarbeiter, weltweit 1.200. Gefertigt werden hochwertige und energieeffiziente Fassaden für architektonische Highlights in aller Welt. Gartner arbeitet mit bekannten Architekten wie Norman Forster, Wolf D. Prix von Coop Himmelb(l)au oder Renzo Piano zusammen. Im Unterschied zu Systemanbietern im Fassadenbau steht nicht der Bekanntheitsgrad der Produkte im Fokus, sondern die individuelle Ansprache und Betreuung einer exklusiven internationalen Zielgruppe von Architekten, Bauherren und Planern. „Unterstützt von ausgewählten Marketingaktivitäten hat sich Gartner einen Ruf als Premiummarke erarbeiten können“, so Lother. Als Schwerpunkte nennt der Geschäftsführer den Gartner-Kalender, eine gezielte Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, insbesondere in der Fachpresse, den sorgfältig gepflegten Internetauftritt, Unternehmensbroschüren und Buchveröffentlichungen, Veranstaltungen wie Baustellen- und Betriebsbesichtigungen  sowie das Sponsoring von internationalen Architekturpreisen und -konferenzen.

Attraktiver Kalender. Stolz ist Klaus Lother auf den Gartner-Kalender, der bereits seit 64 Jahren erscheint und zu einem echten Markenzeichen des Unternehmens geworden ist: „Man könnte meinen, dass ein Kalender ein nicht mehr ganz zeitgemäßes Marketingins- trument ist.“ Aber das Gegenteil ist der Fall. „Die meisten unserer Kunden heben ihn auf und stellen ihn ins Archiv“, sagt er. Auf der Vorderseite zeigt der Wochenkalender Projekte von Gartner, die auf der Rückseite mit Detailzeichnungen der Fassadenkonstruktionen und technischen Ausführungen ergänzend beschrieben sind. „Und genau das spricht Architekten und Planer an: Sie blättern gern darin, suchen ihre Projekte, freuen sich über die anspruchsvollen Fotografien und lesen die Informationen über andere.“

Auch Sponsoring ist bei Gartner ein wichtiges Werbemittel. Seit Jahren ist das Unternehmen nach eigenen Angaben Hauptsponsor des Detail-Preises, eines internationalen Architekturpreises der Zeitschrift „detail“, sowie internationaler Architektur- und Fassadenbauveranstaltungen wie Glass Supper in London.

Der Internetauftritt ist für das Unternehmen besonders wichtig, weil das „die Basis unserer gesamten Konzernkommunikation ist, sowohl für Kunden als auch für Interessenten und Bewerber“, betont Lother. Newsletter hingegen verschickt Gartner nicht. Nur manchmal erhalten Kunden Sonderdrucke von besonderen Projekten. Unter den Printmedien genießen Fachzeitschriften einen besonderen Stellenwert, „weil sie vor allem Projekte in einem besonderen Licht darstellen. Oft liefern wir auch eigene Artikel und Beiträge.“ Die Tagespresse wird eher mit aktuellen Geschehnissen versorgt.

Für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit nutzt das Unternehmen Gartner die Agentur Dr. Mignat PR in Hanau, die u.a. entsprechende Fachartikel und Presseinformationen verfasst und die Kontakte zu führenden Architektur- und Wirtschaftsmedien im In- und Ausland pflegt. Das ist kostengünstiger und effektiver als eine eigene Presseabteilung im Hause.

Emotionale Fotocollagen. Hochwertige Projektfotografie ist auch für Yvonne Bonda eines der wichtigsten Marketinginstrumente. Mehrmals im Jahr fährt Industrie- und Werbefotograf Marcel Mende dafür quer durchs Land und dokumentiert sämtliche Bauprojekte für die Referenzseite der Homepage. Mende ist auch der Schöpfer der sehr außergewöhnlichen Fotocollagen, die zum Hingucker und Markenzeichen der Firma Bonda geworden sind. In seinem 300 qm großen Fotostudio probiert er gern tage- und nächtelang verrückte Ideen aus und konnte Yvonne Bonda eines Tages überzeugen, dass man Balkone nicht mit simplen Fotos kommunizieren darf, wenn man sich von Mitbewerbern differenzieren will. „Wir versuchen mitzuteilen, was einen Balkon überhaupt ausmacht, welche neue Wohn- und Lebensqualität dadurch entstehen kann“, erläutert Mende. So gestaltet er fantasievolle, emotionale Fotomontagen, die sowohl die Homepage als auch den Fuhrpark des Unternehmens illustrieren.

Wenn Mende über seine Arbeit spricht, ist schnell klar: Hier ist nichts dem Zufall überlassen. Er erläutert die Wirkung von Bildlinien und Lichtpunkten, die den Blick des Betrachters unbewusst steuern, und von erfolgreich gelösten Bildrätseln, die positive Emotionen zurücklassen. Die psychologische Wirkung von Bildern nutzt er klar für sich, denn er weiß, dass der Mensch im Millisekundentakt mehrere 10.000 Bilder pro Tag betrachtet. Darum sieht es Marcel Mende als seine Aufgabe, dass das Auge am Bild hängen bleibt. Er möchte den Betrachter dazu bringen, sich an seine Bilder zu erinnern.

Auch wenn Marcel Mende unterdessen mit allen verfügbaren Softwaretools aus 3D-Konstruktionsdateien utopisch anmutende Balkonszenarien am Computer ersinnt, so muss für ihn letztlich alles authentisch sein. „Wenn hinter allem, was mit Werbung suggeriert wird, eine glaubwürdige Firma steht, dann ist das perfekt“, sagt er. Bonda ergänzt: „Es ist nicht selten, dass Kunden vor Auftragsvergabe auch mal zu einer Betriebsbesichtigung kommen. Ich freue mich dann immer, wenn sie verwundert sind, dass es bei uns genauso wie auf der Homepage dargestellt aussieht. Wahrhaftigkeit ist das A und O.“

Nicht zum Nulltarif. Bonda beschwichtigt: „Kataloge und deren Versand sind heute sehr viel teurer als meine Homepage.“ Für eine Fotocollage verbringt Mende durchschnittlich zwischen 10 und 20 Stunden am Computer, das kostet zwischen 700 und 1.300 Euro netto. Für hochwertige Werbung ist das nicht zu viel. Ein bis zwei Prozent vom Umsatz sollte ein Unternehmer in Werbung und Marketing stecken. Bonda weiß, dass diese Investitionen anfangs hoch sind und der Erfolg erst ein bis zwei Jahre später zu spüren ist. Doch seit sie vor vier Jahren begann, Marketing in der jetzigen Form zu betreiben, hat sich der Umsatz nach ihren Angaben mehr als verdoppelt. Ihre Erfolgsquote liegt bei über 50 %, und rund 90 % aller Kunden werden Stammkunden.

Die Kommunikation hat Bonda gänzlich auf den Versand von einigen Newslettern und ihre Homepage reduziert. Allerdings wird beides professionell betrieben und die Homepage wöchentlich aktualisiert.

Response ist schwierig. Da Marketing schnell einiges Kapital verschlingen kann, ist es sinnvoll, nach geeigneten Kontrollen zu suchen, mit denen sich die Wirksamkeit der Maßnahmen prüfen lässt, sagen Lehrbücher und Marketingexperten. „Doch in der Praxis ist das gar nicht so einfach“, erklären Bonda und Lother übereinstimmend. Eine gezielte Auswertung durch Fragebögen oder andere Feedback-Maßnahmen bringt kein ausreichend objektives Bild, weil längst nicht alle Kunden mitmachen. So verlässt sich jedes Unternehmen auf das gewisse Bauchgefühl und misst den Erfolg ganz einfach an der Kundenzufriedenheit. Gartner und Bonda lassen deshalb Aspekte wie Qualität, Termintreue, Wirtschaftlichkeit und Kostensicherheit abfragen. Auch Stammkunden und deren Weiterempfehlungen sind ein Beweis für Zufriedenheit, sagt Klaus Lother.

Bonda nutzt auch hier die Möglichkeiten der modernen Kommunikation. In ihrem Unternehmen legt sie großen Wert auf umfassende und zuverlässige Kundenbetreuung, am liebsten per Mail, „weil das am schnellsten geht.“ Sie hat beispielsweise herausgefunden, dass die sofortige Beantwortung von Kundenanfragen und das schnelle Aussenden eines Angebotes innerhalb von zwei bis drei Tagen oft schon der halbe Zuschlag für den Auftrag sind. Dass sich dieses Tempo natürlich bis in die tatsächliche Auftragsabwicklung fortsetzen muss, ist ihr bewusst und wird deshalb konsequent umgesetzt. „Nur absolute Kundenzufriedenheit bringt die höchste Erfolgsquote.“

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