Michael Scheiwiller, Methabau
„An BIM führt kein Weg vorbei!“Methabau im Schweizerischen Amriswil lebt seit 15 Jahren den Grundsatz „Das BIM-Modell ist die Mutter aller Pläne und aller Arbeit“. Das Unternehmen beschäftigt ca. 200 Mitarbeiter, etwa 36 Techniker nutzen die BIM-Arbeitsweise. Entwickelt hat sich der Totalunternehmer (TU) aus dem Metallbau, die ca. 20 Fachkräfte in der Schlosserei erwirtschaften knapp 3 Mio. Franken Jahresumsatz.
metallbau: Herr Scheiwiller, wenngleich Methabau vor allem als TU agiert, Ihre Wurzeln liegen im klassischen Metallbau!
Michael Scheiwiller: Wir haben als Montagefirma für den Stahl- und Aluminiumbau begonnen, das war Mitte der 1990-er-Jahre. Seinerzeit fand eine starke Marktbereinigung statt und wir haben einige Kunden verloren. Das haben wir damals zum Anlass genommen, auch eine Fertigung für den klassischen Metallbau aufzubauen. Heute sind in der Schlosserei ca. 20 Fachkräfte tätig.
metallbau: Gleich vorneweg, inwiefern werden Ihrer Einschätzung nach Metallbauunternehmen, die Geländer, Treppen, Fenster und Türen herstellen, künftig mit BIM arbeiten?
Scheiwiller: Meiner Ansicht nach müssen hochwertige Kleinbetriebe, beispielsweise Kunstschmiede oder Edelmetallbauer, mit weniger als zehn Mitarbeitern nicht auf den Zug aufspringen, sie können ihre Qualität langfristig mit klassischer Planung oder Skizzen verkaufen. Alle anderen kommen allerdings nicht an BIM vorbei, denn große Auftraggeber, zum Beispiel die öffentliche Hand, werden BIM in ein paar Jahren als Bedingung voraussetzen. In den Nordländern und in UK ist es ja teils schon so, in Deutschland wird es sicher bald so sein. Da sich in der Schweiz der klassische Architekt gegen BIM sträubt, weil er deutlich an Wichtigkeit verlieren wird, wird der Prozess hierzulande etwas länger dauern. Das Schweizer Regelwerk am Bau, die SIA-Gesetzgebung, wird vom Architekten gemacht, somit hat er ein Händchen darauf, seinen jetzigen Status bestmöglich zu schützen.
metallbau: Sie haben X-Steel, die Software, aus der sich die BIM-Software Tekla Structures entwickelt hat, bereits 1998 eingesetzt?
Scheiwiller: Meinen Compag-non Marco Andermatt habe ich auf der Baustelle kennengelernt, er ist gelernter Metallbauzeichner und hat viel Erfahrung im Konstruieren von Glasfassaden in 2D mitgebracht. Gemeinsam haben wir uns im Stahlbau auf größere Hallen fokussiert und ein Technisches Büro mit X-Steel eingerichtet. Mein Compagnon hat sich ins Konstruktionsprogramm eingearbeitet, hat früh begonnen, angrenzende Bauteile wie Fundamente und Haustechnikkomponenten mit zu konstruieren, und wir haben festgestellt, die Abhängigkeiten stimmen. Es ist wirtschaftlich mit dem Programm in 3D zu konstruieren. Das machen wir inzwischen seit Ende 1999.
metallbau: Können Sie an einem konkreten Beispiel darstellen, wie Sie mit X-Steel für ein anderes Gewerk konstruiert haben?
Scheiwiller: Beim Bau einer Stahlhalle musste der Sanitärinstallateur ohne gewerkeübergreifende Konstruktionszeichnung in X-Steel an allen Bindern die Durchdringungen für seine Dachwasserleitungen anzeichnen. Wir haben dann wochenlang auf dem Gerüst gestanden und die Löcher mit dem Schneidbrenner ausgesäbelt. Dank 3D in X-Steel konnten wir den Vorfertigungsgrad bei den Bauteilen so weit verbessern, dass wir auf der Baustelle keine Schneidbrennanlage mehr gebraucht haben, die Aussparungen wurden nach unserem 3D-Modell in der Werkstatt ausgeführt.
metallbau: Anfang der 2000-er-Jahre haben Sie angefangen, gewerkeübergreifende Aufträge anzunehmen. Wie kam das, Sie waren im typischen Metallbauportfolio angesiedelt?
Scheiwiller: Wenn Kunden nicht nur Stahltragwerk und Verkleidung wollten, sondern auch eine fest eingebaute Einrichtung wie Waschanlage oder etwas Ähnliches, dann haben wir das einfach mit übernommen. Oder bei Industriebauten wollten sich Bauherren den Architekten sparen und weil reine Zweckbauten anvisiert waren, haben wir diese Aufträge angenommen.
metallbau: Das war aber sehr mutig!
Scheiwiller: Ja, natürlich mussten wir uns zunächst vieles neu aneignen, insbesondere die Kooperation mit den Ämtern, aber wir sind an unseren Aufgaben gewachsen.
metallbau: Und im Rahmen dieser Aufträge haben Sie auch X-Steel für die gewerkeübergreifenden Projekte manipuliert?
Scheiwiller: Naja, wir haben für unsere Totalunternehmen den Stahl-, Beton-, Fassaden- und Fensterbau in 3D mit X-Steel konstruiert. Meinem Compagnon ist es gelungen, das Programm zu übertölpeln. Er hat die Bauteile im Stahl- und Metallbau in den 3D-Konstruktionszeichnungen umbenannt. Zum Beispiel war dann ein Fundamentriegel ein Flachstahl 1,5 m breit, 0,4 m dick und 20 m lang – die Stücklisten waren logischerweise unbrauchbar. Pläne für die Kanalisation hat er mit Stahlrohren konstruiert. Außenmaßtechnisch wurden die Bauteile der anderen Gewerke korrekt in das 3D-Modell integriert. Die Knoten, das Zusammentreffen der Gewerke, war technisch gelöst, optisch sah der Plan natürlich sehr komisch aus, in 2D war er sehr schwierig zu lesen.
metallbau: Wie haben die kooperierenden Unternehmen auf Ihre sonderbaren Pläne reagiert?
Scheiwiller: Wir sind für unseren Plan-Output immer wieder belächelt worden, mussten uns sehr viel mit den am Bau beteiligten Handwerkern streiten, weil sie ihre konventionellen Pläne wollten und ich gesagt habe, schaut doch einfach das 3D-Modell an. Mancher konnte nicht mit einem 3D-Viewer umgehen.
metallbau: Wie kam es, dass Methabau derart expandiert ist? Für Sie sind 100 Monteure tätig und im technischen Büro über 70 Mitarbeiter u.a. drei Statiker und drei Architekten.
Scheiwiller: Wir haben verschiedene Kunden gewonnen, die mit ihren Betriebsgrößen und Produktionsstätten sehr schnell gewachsen sind. Wir durften so mitwachsen und haben die Chance genutzt und sind natürlich sehr stolz auf solche langjährigen Stammkunden, wir haben zum Beispiel innerhalb von zehn Jahren und in größeren und kleineren Etappen eine der größten Seilfabriken der Welt bauen dürfen.
metallbau: Für die Statik haben Sie doch sicher einen externen Bauingenieur gebraucht, hat er seine Pläne in 3D geliefert?
Scheiwiller: Unser externer Bauingenieur hat die Statik und Bewehrung in handgezeichnete Pläne umgesetzt, unsere Mitarbeiter hatten jedoch Probleme, die Maße und Angaben zu lesen. Also haben wir ihn gebeten, die Statik zu rechnen, und wir haben seine Ergebnisse in 3D nachkonstruiert und ihm zugleich einen 2D-Plan angefertigt. Diesen hat er freigegeben. Es hat uns sehr viel Energie gekostet, die Leute für unsere Vorgehensweise zu gewinnen und bei Laune zu halten. Dieser Bauingenieur war ein Glück für uns.
metallbau: Aber die Partner, mit denen Sie arbeiten, das sind doch alles langfristige Kooperationen, sagten Sie.
Scheiwiller: Ja, mit einigen arbeiten wir seit mehr als 20 Jahren zusammen. Die Arbeit im 3D-Modell hat sie letztlich überzeugt, weil die gewerkeübergreifenden Anschlüsse immer gestimmt haben. Die Präzision sorgt für effizientere und kalkulierbare Arbeitsabläufe und es lässt sich Marge machen. Das hat die Kooperation mit uns trotz der Auseinandersetzungen um die Pläne attraktiv gemacht.
metallbau: Wie ist nun X-Steel zur BIM-fähigen Software geworden?
Scheiwiller: Das weiß ich nicht mehr auf das Jahr genau, aber wir wurden von den Leuten von Trimble als Anwender bei der Entwicklung des Programms Tekla mit einbezogen. Es gab schrittweise zusätzliche Bibliotheken für Bauelemente und uns wurden neu ifc-Dateien übermittelt, beispielsweise für Paneelfassaden. Hatten wir bislang in Zeichnungen für eine Paneelfassade mehrere Flacheisen aneinandergereiht, so waren wir mit der neuartigen ifc-Datei in der Lage, auch Überlappungen in die Zeichnung aufzunehmen, und das 3D-Modell wurde immer aussagekräftiger.
Dass die Finnen die Entwicklung von BIM forciert haben, ist nicht verwunderlich, denn wegen der kurzen Sommerzeit ist der Vorfertigungsgrad der Bauteile für die Nordischen Länder wichtiger als für uns und bei der Konstruktion in 3D-Modellen lässt sich dieser enorm optimieren. Wir haben von den Finnen gelernt und parallel zum Einzug der Arbeitsweise in BIM auch die Vorfertigung unserer Bauelemente vorangetrieben.
metallbau: Wie setzen denn die 100 Monteure auf der Baustelle das 3D-Modell um?
Scheiwiller: Wir setzen seit vier Jahren die Robotic von Trimble auf der Baustelle ein, das heißt, der Konstrukteur wählt vorab in seinem 3D-Modell alle messrelevanten Punkte ein, wie zum Beispiel die, wo Dübel gesetzt werden sollen. Diese Informationen holt sich der Polier oder Messspezialist auf der Baustelle. Die Robotic-Station zeigt dem Monteur auf der Baustelle exakt auf der Montageunterkonstruktion via Laser, wo sein Dübelpunkt liegt. Toll ist, dass die Robotic merkt, wenn das Fundament krumm ist. Sie korrigiert dann den Dübelpunkt je nach Umformung des Fundaments. Das ist Bauen und Messen in einer anderen Dimension, aber die Mitarbeiter müssen EDV-affin sein, sonst kann die Hightech nicht eingesetzt werden.
metallbau: Heißt das, Sie setzen eine papierlose Baustelle um?
Scheiwiller: Es gelingt uns zu etwa 50 Prozent, dass sich unsere Handwerker auf der Baustelle am 3D-Viewer und am Robotic-Einmaß orientieren. Beim Messen mit Robotic sind Schnurgerüst, Nivelliergerät oder Vertikallaser überflüssig. Allerdings gibt es für die Anwendung der Roboticstationen noch viel Potential, da sind wir stets dran, das Denken und Vorgehen am Bau anzupassen. Bei großen Baustellen setzen wir zum Beispiel Vermessungsleute ein, die im Wesentlichen für alle Gewerke die Robotic bedienen, damit sich der Polier auf seine Aufgaben und die Führung des Teams konzentrieren kann. Wir wissen, dass wir fortschrittlich sind auch mit dem 3D-Einmass, jedoch haben wir bei Weitem noch nicht das ganze Potential dieser Technik ausgeschöpft, da arbeiten wir täglich daran…
metallbau: Und heute bieten Sie vor allem schlüsselfertige Gebäude im mehrgeschossigen Industrie- und Gewerbebau?
Scheiwiller: Die Entwicklung eines immer besseren Vorfertigungsgrades, der Einsatz von Fertigbauteilen mit Finesse und unser Einblick in die skandinavische Bauweise hat diesen Markt für uns interessant gemacht. Zudem gibt es in der Schweiz aufgrund der beschränkten Grundstücksfläche für mehrgeschossige Bauten je länger je mehr Bedarf und so viele Unternehmen können diese Leistungen nicht bringen. Diese Faktoren haben uns zu einer guten Position in diesem Markt verholfen.
metallbau: Was war Anlass, dass Sie Methabau auch noch um das Arbeitsfeld des Baumeisters erweitert haben?
Scheiwiller: Das war 2007, damals haben wir eine kleine Bauunternehmung gekauft und auf unser System eingeschliffen. Ab dann konnten wir ein komplettes Projekt zu einem fixen Preis anbieten, die Führung des BIM-Modells liegt immer bei uns. Ehrlich gesagt, wir wollten uns nicht mehr mit den Forderungen und negativen Ansichten externer Baumeister auseinandersetzen.
metallbau: Welche Rolle spielt BIM in den Verträgen?
Scheiwiller: Wir regeln mit allen Partnern vertraglich, dass sie mit dem BIM-Modell arbeiten, für das wir die Führung haben. Zudem wird mit den Bauherren im GU-Vertrag geregelt, dass das BIM-Modell ein wesentlicher Teil der Schlussdokumentation (Mutter aller Pläne ) ist.
metallbau: Welche Software setzen Sie für die Kalkulation und für die Terminplanung ein?
Scheiwiller: Kalkuliert wird mit Excel-Tabellen und die Termine laufen über das Projektmanagement-Programm T.A. Project.
metallbau: Wie lautet Ihr Fazit zur BIM-Arbeitsweise?
Scheiwiller: Ich bin überzeugt, dass für eine gesamtheitliche Konstruktion BIM mit ifc-Datenaustausch die beste Lösung ist und es wird der Tag kommen, an dem der Kunde wegen der Qualität dies fordern wird. Gewerkeübergreifende Abstimmungen lösen wir im Büro nicht auf der Baustelle. Wenn es gelingt, die Belegschaft auf BIM einzuschleifen, ist das gigantisch und eine andere Dimension für das Bauen. Die Qualität in der Maßhaltigkeit ist um Welten besser. Das ist eine Chance, verlangt aber wahnsinnig viele Änderungen im Prozessdenken. Das Vorgehen in der Denke der Baubeteiligten ist völlig anderes, die Nordländer zum Beispiel denken im Planungs- und Bauablauf ganz anders als wir Westeuropäer.
metallbau: ... und wie ist die Denke in der Schweiz?
Scheiwiller: Bei uns in der Schweiz ist die Vorgehensweise und Denke in der Planung für ein Bauvorhaben vielfach sehr traditionell und in die Jahre gekommen, um nicht sogar zu sagen altmodisch, und es ist an der Zeit, diese neu zu handhaben, BIM-Planung ist die entscheidende Vorgehensweise dazu.