Vom Verarbeiter zum Zulieferer
Bauingenieur Turgay Turan bei AkothermTurgay Turan hat Spaß an großen Bauvorhaben. Zunächst war der Diplom-Ingenieur als Projektleiter bei Metall- & Fassadenbaubetrieben tätig, inzwischen ist er bei Akotherm als Leiter für Projektkonstruktionen beschäftigt. Wir haben mit ihm über seinen Wechsel vom Ausführenden zum Systempartner gesprochen.
metallbau: Die Zulieferer, ob nun Profilhersteller oder auch Softwareentwickler, inserieren immer wieder Stellengesuche für einen Metallbaumeister oder Techniker. Unter welchen Voraussetzungen ist ein Wechsel vom ausführenden Unternehmen zum Zulieferer interessant?
Turgay Turan: Ein Jobwechsel wird dann interessant, wenn es darum geht, sich beruflich weiterzuentwickeln. Beim ausführenden Betrieb hat man natürlich den Charme, direkt Kontakt mit unterschiedlichen Gewerken vor Ort und direkt am Objekt zu haben. Wenn die Interessen gezielt aber auf Materialien, Systemen usw. gehen, dann kann ein Wechsel zum Systemlieferanten sehr interessant sein. So ist eine Spezialisierung auf ein bestimmtes Fachgebiet durchaus möglich.
metallbau: Welche Arbeitsbereiche haben Sie beim ausführenden Metallbau kennengelernt und von welchen Aufgaben haben Sie für die Tätigkeit bei Akotherm profitiert?
Turan: In meiner früheren Tätigkeit als Projektleiter in größeren Metallbaubetrieben lag mein Schwerpunkt meist im Bereich der Fassaden. Als sichtbares Gestaltungselement wird der äußeren Gebäudehülle ja zweifellos architektonisch eine sehr große Bedeutung beigemessen und gerade das hat mich schon immer fasziniert. Bei Akotherm hatte ich dann die Chance, als Projektingenieur Fassadensysteme zu entwickeln und so direkt Einfluss auf Gestaltung und Anwendungsbereiche zu nehmen. Auch in der Beratung der Systemtechnik für Kunden vor und während der Projekte sind die praktischen Erfahrungen aus dem Metallbau natürlich von großem Vorteil. So ergibt sich eine Partnerschaft auf Augenhöhe, von der alle Beteiligte im Prozess profitieren.
metallbau: Inwiefern haben Sie mit den Projekten bei Akotherm mehr Freude als beim ausführenden Metallbau?
Turan: Mich reizt es einfach, an großen Bauvorhaben mitzuwirken. In Projektgesprächen mit allen Beteiligten an einem Tisch zu sitzen und die Ideen des Architekten umzusetzen. Sowohl von Seiten des Ausführenden wie auch von Seiten des Zulieferers. Durch den ständigen Austausch mit Projektleitern von ausführenden Betrieben bin ich weiterhin nah dran am werkpraktischen Metallbau. Die Arbeit bei Akotherm finde ich spannend, weil sie sehr kreativ und auf höchstem technischem Niveau ist. Für unterschiedlichste Anforderungen müssen unter Berücksichtigung von bauphysikalischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen Sonderlösungen erarbeitet werden.
metallbau: Sehen Sie durch die vielen Jahre, die Sie bereits für einen Zulieferer arbeiten, die ausführenden Unternehmen anders?
Turan: Man kennt durch die Erfahrung die Sorgen und Probleme der ausführenden Firmen. Unter anderem auch deshalb leben wir bei Akotherm unser Credo: „Aus der Praxis für die Praxis“. Für mich speziell heißt das, mit meinen Entwürfen die Interessen von Metallbauern, Planern und uns als Systemhaus − so gut es geht – in Einklang zu bringen. Als Zulieferer von Profilsystemen brauchen wir die ausführenden Unternehmen als Partner und diese erhalten von uns dafür unsere durchdachten Systeme. Ich stehe dem konstruktiven Metallbau generell sehr positiv gegenüber.
metallbau: BIM im Fassadenbau gibt es in Deutschland so gut wie nicht. Sogar Fassadenbauer meinen inzwischen, dass ohne Druck durch den Gesetzgeber die BIM-Arbeitsweise gewerkeübergreifend nicht zu implementieren ist! Was meinen Sie?
Turan: Ja, den Eindruck muss man bekommen. Es scheint tatsächlich so zu sein, dass es hier noch weiterer Bemühungen bedarf. Konkrete Anforderungen in Bezug auf BIM gibt es leider nur sehr selten, was sich in meinen bisherigen Projekten auch widerspiegelt. In anderen Gewerken wiederum scheint dies besser zu funktionieren. Dabei läuft ein Großteil der Arbeitsprozesse, auch bei Fassadenbauern, bereits digital ab. Ich denke, die derzeitige weltweite Pandemie, die wir alle durchleben, zeigt sehr gut, dass wir unbedingt zügig vorankommen sollten. Die aktuell gültigen Regelungen und Normen sind jedoch noch nicht auszureichend. Dennoch verfolgen wir die Entwicklung mit Spannung und ich bin zuversichtlich, dass sich da in naher Zukunft etwas tut.
metallbau: Wenn Sie die Zusammenarbeit Systempartner und Metallbauer früher und heute vergleichen – zu welchem Ergebnis kommen Sie?
Turan: Unsere Profilsysteme werden ständig weiterentwickelt, denn der Stand der Technik von heute wird in ein paar Jahren schon wieder veraltet sein. Die technischen Anforderungen an Profilsysteme nehmen immer mehr zu, dennoch sollte die Verarbeitung weiterhin einfach bleiben. Die Digitalisierung ist auf dem Vormarsch und unterstützt den Metallbauer in immer mehr Aufgaben. Grundsätzlich gilt aber, damals wie heute: ein guter technischer Support und regelmäßige Schulungen sind Voraussetzung für eine gut funktionierende Systempartnerschaft.
metallbau: Architektenberater bei Systempartnern von Profilherstellern fungieren immer stärker als Fachplaner, die für die Architekten die detaillierten Planungen in Bezug auf die Systeme kostenfrei ausarbeiten. Mancher aus der Branche sagt hinter vorgehaltener Hand, u.a. Architektenberater verdrängen den Berufsstand der Fachplaner – wie sehen Sie das?
Turan: Als Architektenberater bei einem Systemhaus stellt man sich mit jedem neuen Bauvorhaben wiederholt dem Wettbewerb. Bei Bauvorhaben ab einer gewissen Größe reicht es oft nicht aus, einfach nur ein System vorzuschlagen bzw. dem Metallbauer entsprechende Schnittdetails zur Verfügung zu stellen. Oft müssen Sonderprofile entwickelt werden. Und hier gilt es dann, eine Lösung zu erarbeiten, die neben gestalterischen auch preisliche Vorgaben der Projekte erfüllt. Je genauer der Entwurf ist, desto besser kann kalkuliert werden. Durch dieses Wirtschaftlichkeitsdenken kommt es schon mal vor, dass man zu sehr ins Detail geht. Das heißt aber nicht, dass der Fachplaner ersetzt wird. Die Verantwortlichkeiten sind anders. Der Fachplaner, beispielsweise ein Fassadenberater, betrachtet ein Projekt ganzheitlich, macht Vorgaben und entscheidet.