Aus Überzeugung für die Umwelt
Auftragsvergabe lässt meist Nachhaltigkeit vermissenMit wenig Aufwand können Handwerksbetriebe nachhaltig und umweltfreundlich wirtschaften und obendrein Geld sparen. Zertifikate und Umweltallianzen gibt es in allen Bundesländern, die derlei Engagement unterstützen. Das erste EMAS-zertifizierte Metallbauunternehmen Heidrich aus Nürnberg hat seine Betriebsabläufe dadurch kontinuierlich verbessert und schätzt besonders die Hilfe der Handwerkskammer.
Für seinen engagierten, unermüdlichen Einsatz beim betrieblichen Umweltschutz wurde er vom bayerischen Umweltminister zum Umweltbotschafter ernannt, seinen Betrieb hat er als erstes deutsches Metallbauunternehmen bereits 1997 nach der Europäischen Öko-Audit-Verordnung EMAS zertifizieren lassen: Michael Heidrich, der gemeinsam mit seinem Vater Erich den Nürnberger Handwerksbetrieb leitet, ist ein engagierter und durchsetzungsstarker Unternehmer. Auch gegenüber seinem Vater, denn vor allem ihn musste er zunächst überzeugen, dass Umweltschutz nicht nur für unsere Erde, sondern auch für den Geldbeutel gut ist.
Umweltschutz rechnet sich. Die Firma Heidrich hat sich seit vielen Jahrzehnten auf Torsysteme und Feuerschutzabschlüsse in Form von Türen, Toren und Fenstern spezialisiert, baut diese aber längst nicht mehr selbst. Sie werden bei verschiedenen Herstellern eingekauft, gegebenenfalls auf die Einbausituationen vor Ort angepasst und montiert. Das Komplettangebot umfasst sämtliche Gewerke wie Maurer-, Verputzer- und Elektrikerarbeiten. Und vor allem bei Modernisierungen fällt hier jede Menge Bauschutt und Verpackungsmüll an. Sämtliche Abfälle wie Alteisen, Aluminium, Edelstahl, Bauschutt oder Holz – alles kam früher in nur zwei Mischcontainer und wurde für viel Geld entsorgt. Michael Heidrich dachte deshalb Mitte der 1990er Jahre gezielt über eine Mülltrennung nach. „Schon als Lehrling hat es mich gestört, runtergefallene Schrauben aus dem Sand zu sammeln. Deshalb habe ich unter den Schrotthaufen ein altes Torblatt gelegt. So war das Laden des Schrotts viel schneller erledigt. Später habe ich dann durchgesetzt, dass wir die Materialien in verschiedenen kleineren Containern getrennt sammeln“, erzählt er.
Seniorchef Erich Heidrich war zunächst nicht begeistert, denn die Container mussten ja gekauft werden und benötigten Platz auf dem Hof. „Dein Umweltschutz kostet immer nur Geld“, warf er seinem Sohn vor. Diesen Satz konnte sich Michael Heidrich von seinem Vater anfangs öfter anhören, der den erfolgreichen Nürnberger Handwerksbetrieb mühsam aufgebaut hatte und mit kritischem Unternehmerblick die Experimente seines Sohnes beobachtete. Doch schon nach kurzer Zeit rechnete sich die Anschaffung der Container, denn der reine Bauschutt kostete nur ca. 20% vom Preis des Mischmülls. Michael Heidrich schmunzelt, wenn er an diese Zeiten zurückdenkt, denn heute ist das kein Thema mehr im Unternehmen. „Längst sparen wir durch die konsequente Mülltrennung nicht nur wertvolle Ressourcen, sondern auch Geld“, erklärt Heidrich. Die 28 verschiedenen Sammelbehälter für die Müllsortierung haben sich mehr als amortisiert.
Vermeidung ist der beste Umweltschutz. Auch das Thema Verpackung hat er schon vor Jahren ins Visier genommen. Die bei Heidrich angelieferten Türen und Tore sind so sorgfältig verpackt, dass das Packmaterial stets aufwändig zerlegt und sortiert werden musste. Als die aktuelle Verpackungsverordnung Hersteller und Lieferanten zur Rücknahme verpflichtete, hat Michael Heidrich einige Male die komplette Verpackung den LKW-Fahrern wieder mitgegeben, auch gegen einigen Widerstand. „Über sinnvolle und nicht sinnvolle Verpackung denken die jetzt besser nach“, sagt Michael Heidrich. Überrascht sei er gewesen, was er damit auslöste. Beispielsweise sei ein Hersteller überaus froh gewesen, dass er das teure Verpackungsmaterial (Sonderpaletten) zurückbekam und wieder verwenden konnte. Auf diese Weise ist sogar ein Rücklaufsystem entstanden. Andere Hersteller hat er dazu gebracht, auf Euro-Paletten umzustellen und Kartons und Stahlpackbänder anstelle von Schrumpffolien zu verwenden. „Nur bei wenigen Artikeln ist das nicht möglich, also zerlegen wir diese Paletten zu Brennholz und nutzen das in unserer Öl-Holz-Heizungsanlage“, sagt Heidrich. Die anderen Verpackungsmaterialien wie Kartons, Chips, Luftpolsterfolien und Papier verwendet Michael Heidrich in seinem zweiten Unternehmen, einem Einzel- und Versandhandelsgeschäft für englische Körperpflegeprodukte. „So vermeiden wir fast zu 100 % Verpackungsmüll.“ Überhaupt sei der beste Umweltschutz die Vermeidung, findet er, denn „jedes Produkt verbraucht Energie und Rohstoffe bei der Herstellung.“
Nachhaltigkeit wird gelebt. Michael Heidrich setzt sich für Umweltschutz und nachhaltiges Wirtschaften aus Überzeugung ein, denn: „Wir haben nur eine Erde, auf der wir leben können.“ Ohne große Umschweife setzt er seine klare Haltung im Unternehmen um und realisiert seit Jahren viele Maßnahmen. Die Zertifizierung nach der Öko-Audit-Verordnung war für ihn dann die logische Konsequenz. Sie hat auch geholfen, die betrieblichen Prozesse noch genauer unter die Lupe zu nehmen. Daraus entstand ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess mit immer neuen Umweltzielen. Allerdings macht Heidrich das nicht zum Selbstzweck und beleuchtet vieles kritisch. „Umweltschutz muss funktionieren und nachhaltig sein, dann ist er auch sinnvoll“, sagt er. So einfach ist das.
Und auch wenn Michael Heidrich diese Themen ganz persönlich am Herzen liegen, so weiß er als Unternehmer auch, dass er sie nur umsetzen kann, wenn alle Mitarbeiter an einem Strang ziehen. Darum kommen im zweiwöchentlichen Jour fixe auch Umweltthemen und Nachhaltigkeit auf die Agenda, „damit wir alle ständig darüber nachdenken, eingefahrene Dinge zu verbessern und neue Lösungen gemeinsam zu finden.“
Umweltpreis von Nürnberg. So entstand auch ein neuer Ausstellungsraum. Für 250.000 Euro wurde eine alte Halle in Präsentationsflächen und für 150.000 Euro ein Zwischengeschoß mit Kunden- und Schulungsraum umgebaut. Sie verfügt jetzt über eine isolierte Deckenkonstruktion mit Wärmedämmpaneelen, viel Tageslicht durch isolierte Oberlichter und eine sparsam dosierte LED-Beleuchtung. „Eigentlich unspektakulär auf den ersten Blick“, findet Michael Heidrich und rechtfertigt sich: „Da stecken aber viele gute Gedanken drin.“ Ausschlaggebend für die Neukonzeption war die aufwändige Beratung, die er für jeden Kunden aufbringen musste und trotzdem oftmals feststellte, dass die Musterständer nur begrenzt die Vorzüge der Tore veranschaulichen konnten. Michael Heidrich kam zu der Einsicht: „Wer ein Tor kauft, macht das nur einmal im Leben und will sich damit nicht ewig beschäftigen.“ Also erschien es ihm sinnvoll, sich von den Musterständern zu verabschieden und einige Tore in Originalgröße und mit funktionierender Technik fest zu installieren. Zwar ist kein Platz für alle Systeme, Farben und optischen Nuancen, aber das ist verschmerzbar. Die neue Ausstellungshalle ist auf 25 Jahre Nutzungsdauer konzipiert und verbraucht nur noch 10% der Beleuchtungsenergie sowie geschätzte 50% der Heizungsenergie. „Das ist für mich Nachhaltigkeit“, sagt Heidrich. Von der Stadt Nürnberg bekam die Firma Heidrich dafür den Umweltpreis verliehen.
Kunde dankt Umweltschutz nicht. Auch wenn im Empfangsbereich der Firma Heidrich einige Urkunden hängen, die auf die seit Jahren erfolgreichen Umwelt-Zertifizierungen hinweisen, so stellt Michael Heidrich nüchtern fest: „Umweltschutz ist schön und gut, aber der bringt uns keine weitere Kundschaft, weder bei öffentlichen noch bei privaten Aufträgen.“ Kommunen wie die Stadt Nürnberg würden ihre Aufträge immer an den billigsten Anbieter vergeben und nicht an den wirtschaftlichsten. Und zwischen wirtschaftlich und billig sei ein Riesenunterschied, so Heidrich. Wirtschaftlich heißt für ihn, dass der ortsansässige Handwerker Gewerbesteuer zahlt, die wieder zurückfließt und falls er Nachwuchs ausbildet, werden die Sozialsysteme auf längere Sicht geschont. Außerdem müssten zertifizierte Unternehmen von der Gewerbeaufsicht nicht ständig überwacht werden. „Das könnte man alles in eine Wirtschaftlichkeitsberechnung mit einem Schlüsselfaktor einbeziehen. Das tun die größeren Städte aber nicht“, klagt Heidrich. Leider habe er gegen die Ignoranz der Verwaltung auch als Vertreter der Innung oder als Umweltbeauftragter keine Chance. Bei der Privatkundschaft sei es ähnlich: „Die Vorzüge einer zertifizierten Schlosserei lassen sich nur schwer erklären. Da helfen weder Umwelt-Logo noch Marketing viel“, beschreibt Michael Heidrich seine Erfahrungen.
QuB für kleine Unternehmen. Warum also sollte sich ein Metallbauer zertifizieren lassen? „Das wird für einen Metallbauer dann interessant, wenn er für die Indus-trie arbeitet“, sagt Heidrich. „Die Industrie fordert immer mehr Zertifizierungen.“ Dabei sei es oft gar nicht so entscheidend, ob das EMAS, ISO 9001 oder der QuB ist. „Deshalb empfehle ich den Handwerkern den Qualitätsverbund umweltbewusster Betriebe (QuB), weil der ein Qualitäts- und Umweltmanagementsystem auf kleiner Flamme ist und von der Industrie für Kleinbetriebe als Zertifizierung anerkannt wird. Die anderen Audits können oft gar nicht geleistet werden, der Aufwand ist zu hoch.“
Zertifizierungen haben außerdem den Nutzen, dass sich das Unternehmen über seine Prozesse klar wird und die Qualität und den Umweltschutz damit voranbringt. Wenn Michael Heidrich als Botschafter im Umweltpakt Bayern vor den Kollegen der Innung für nachhaltiges Wirtschaften wirbt, kann er dies nicht mit Idealismus tun. „Man muss auch nachweisen können, dass dies rechnerisch funktioniert“, sagt er.
Nutzen sollte jeder auch die Beratungsangebote der Handwerkskammern. In der HWK für Mittelfranken steht zum Beispiel Energie- und Umweltberater Wilhelm Scheuerlein den Unternehmen mit Rat und Tat zur Seite. Er berät in allen Fragen zur Energieeinsparung sowie bei Umweltauflagen und begleitet Zertifizierungsprozesse. „Diese Sonderrolle der Handwerkskammer sollte man nutzen, denn die IHK darf keine Beratung leisten“, rät Michael Heidrich und betont: „Mit Herrn Scheuerlein habe ich jemanden an meiner Seite, der mich nicht im Regen stehen lässt und der mir nichts verkaufen will.“
Info + Kontakte
Erich Heidrich GmbH
Neuwieder Straße 6-8
90411 Nürnberg
Tel. 0911 524005
www.torprofi.de
Handwerkskammer für Mittelfranken
Abt. IV Wirtschaftsförderung -BBSulzbacher Straße 11-15
90489 Nürnberg
Tel. 0911 5309 290
www.hwk-mittelfranken.de
Umweltallianzen der Bundesländer
Alle Bundesländer haben eigene Umweltinitiativen ins Leben gerufen, die nachhaltiges, energiebewusstes und ökologisches Wirtschaften unterstützen. Inhalte der freiwilligen Programme sowie Fördermaßnahmen unter dem Kontakt.
Baden-Württemberg – Umweltdialog, www.umweltdialog.de
Bayern – Umweltpakt, www.umweltpakt.bayern.de
Berlin – Umweltallianz, Kontakt: Frau Wolf, Tel. 030 31510-410
Brandenburg – Umweltpartnerschaft, Kontakt: Herr Dr. Beck, Tel. 0331 866 7210
Bremen – Partnerschaft Umwelt Unternehmen, www.umwelt-unternehmen.bremen.de
Hamburg – Umweltpartnerschaft, www.hamburg.de/umweltpartnerschaft
Hessen – Umweltallianz, www.umweltallianz.de
Mecklenburg-Vorpommern – Umweltallianz, Kontakt: Herr Dr. Permien, Tel. 0385 5886200
Niedersachsen – Nachhaltigkeitsallianz, www.nachhaltigkeitsallianz.de
Nordrhein-Westfalen – Dialog Wirtschaft und Umwelt, Kontakt: Effizienz-Agentur, Tel. 0203 3787930, www.dwu.nrw.de
Saarland – Umweltpakt, www.saarland.de/umweltpakt
Sachsen – Umweltallianz, www.umwelt.sachsen.de
Sachsen-Anhalt – Umweltallianz, Kontakt: Tel. 0391 5671535,
Thüringen – Nachhaltigkeitsabkommen, www.nachhaltigkeitsabkommen.de