Schweißerpüfungen
Normkonform in jedem FallWelche Prüfungen ein Schweißer für welche Tätigkeiten nachweisen muss, ist für manchen Unternehmer nicht mehr nachvollziehbar – die Vorgaben, so komplex, dass Experten gefragt sind. Unser Fachautor zu diesem Thema ist Jochen Mußmann – Obmann im Normenausschuss Schweißen und verwandte Verfahren NAS-04 „Qualitätssicherung beim Schweißen“.
Wenngleich seit Juli 2016 keine DIN 18800 mehr existiert, fragt sich mancher Schweißer, welche Bedeutung dies für seine Schweißprüfung hat, die er noch zur Zeit der DIN 18800 abgelegt hat. Wichtig zu wissen ist, dass die DIN 18800-7 „Stahlbauten – Ausführung und Herstellerqualifikation“ eine Produktnorm gewesen ist. Die erforderliche Qualifizierung von Schweißern war im Abschnitt 13.4 beschrieben. Demnach mussten Schweißer eine gültige Schweißerprüfung nach DIN EN 287-1 einschließlich des Nachweises der Fachkunde haben. Für die Fertigung von Kehlnähten musste auch ein Nachweis über die bestandene Kehlnahtprüfung vorliegen. Es gab zur Zeit der DIN 18800-7 also nur Schweißerprüfungen nach DIN EN 287-1.
Prüfungen nach DIN EN 287-1 sind/waren zwei Jahre gültig (siehe Abschnitt 9.2). Allerdings unter der Voraussetzung, dass dem Schweißer von der Schweißaufsicht seines Betriebs auf der Prüfungsbescheinigung bestätigt wurde, dass er im Geltungsbereich der Prüfbescheinigung gearbeitet hat. Dies musste im Turnus von sechs Monaten bestätigt werden.
Eine Schweißerprüfung konnte von der Prüfstelle nach Ablauf von zwei Jahren für jeweils weitere zwei Jahre verlängert werden, wenn ein Nachweis über Prüfungen auf innere Fehler mittels Durchstrahlungs- oder Ultraschallprüfung bzw. aus zerstörenden Prüfungen z.B. Bruch- oder Biegeprüfung an mindestens zwei Prüfstücken aus den vergangenen sechs Monaten vor Ablauf der Prüfungsbescheinigung vorlag. Die Bewertung der untersuchten Prüfstücke musste aber die Bedingungen der Erstprüfung erfüllen, also im Wesentlichen die Kriterien der Bewertungsgruppe B nach DIN EN ISO 5817.
EN 1090 fordert EN 287-1
Die aktuelle Norm für Stahltragwerke DIN EN 1090-2 „Ausführung von Stahltragwerken und Aluminiumtragwerken – Teil 2: Technische Regeln für die Ausführung von Stahltragwerken; Deutsche Fassung EN 1090-2:2008+A1:2011“ von 2011 fordert in Abschnitt 7.4.2, dass Schweißer nach (DIN) EN 287-1 qualifiziert sein müssen. Aufzeichnungen von allen Qualifizierungsprüfungen von Schweißern, also Schweißerprüfungsbescheinigungen müssen im Betrieb verfügbar sein.
EN 287-1 abgelöst und trotzdem gültig
Zwischenzeitlich ist die DIN EN 287-1 durch die internationale Norm DIN EN ISO 9606-1 „Prüfung von Schweißern – Schmelzschweißen“ aus dem Jahr 2013 abgelöst worden. Da in DIN EN 1090-2 der Verweis auf die Schweißerprüfungsnorm (DIN) EN 287-1 undatiert ist, dürfen selbstverständlich Schweißer mit Prüfungen nach DIN EN 287-1 eingesetzt werden, vorausgesetzt, die Bescheinigung ist gültig.
Jeder Schweißer braucht Qualifikation
Alle Personen, die Schweißarbeiten ausführen, müssen eine gültige Prüfung nachweisen. Dabei wird nicht unterschieden, ob ein Schweißer auf der Baustelle oder in der Werkstatt arbeitet. Spielraum lässt die Schweißerprüfungsnorm in punkto Prüfstelle beziehungsweise Prüfer. Dies kann über die Produktnorm DIN EN 1090-2 oder über Verordnungen, EU-Richtlinien oder in Lieferbedingungen festgelegt sein. Für Stahltragwerke nach DIN EN 1090-2 wird zum Prüfer bzw. zur Prüfstelle keine Aussage gemacht. Prinzipiell kann also die Schweißaufsicht des Betriebs seine eigenen Schweißer prüfen. Es empfiehlt sich zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer die Prüfstelle zu vereinbaren, durch die Schweißer zu prüfen sind. Da in Normen wegen Wettbewerbsverzerrung Prüfer bzw. Prüfstellen nicht gelistet werden dürfen, musste auf Festlegungen verzichtet werden (siehe Liste auf www.metallbau-magazin.de ).
Empfohlene Anforderungen an Prüfstellen
Für den Bereich der Stahltragwerke (DIN EN 1090) in Deutschland sollten die von den Prüfstellen eingesetzten Prüfer für Schweißerprüfungen akkreditiert sein. Dies bedeutet, die Prüfstellen verfügen über eine DAkkS-Akkreditierung (Deutsche Akkreditierungsstelle in Berlin). Ein wichtiges Kriterium für eine Prüfstelle ist, dass die bei ihr beschäftigten Prüfer nach DIN EN ISO/IEC 17024 (Konformitätsbewertung, Allgemeine Anforderungen an Stellen, die Personen zertifizieren) akkreditiert sind. Diese Akkreditierung von Prüfstellen für Schweißerprüfungen wird in Deutschland nur von der DAkkS vorgenommen. Akkreditierte Konformitätsbewertungsstellen (früher: akkreditierte Prüfstellen) für die Schweißerprüfung sind auf der DAkkS-Homepage (www.dakks.de) zu finden. Die Akkreditierungsurkunde sollte einsehbar sein. Prüfstellen, die für Schweißerprüfungen nach Druckgeräterichtlinie notifiziert sind, dürfen auch Schweißerprüfungen für den Stahlbau abnehmen.
Schweißaufsichtspersonen als Prüfer
Im Stahlbau (EN 1090) sind auch Schweißaufsichtspersonen (SAP) als Prüfer zulässig, die für die Durchführung von Schweißerprüfungen von betriebseigenen Schweißern auf Bescheinigungen oder Zertifikaten benannt sind. Diese Benennung gilt jedoch nur zur Prüfung betriebseigener Schweißer und ist im Rahmen einer Herstellerzertifizierung gegenüber der Zertifizierungsstelle, z. B. entsprechend DIN EN 1090-1 (Tabelle B.1), DIN EN 15085-2 usw., nachzuweisen und im Zertifikat zu bestätigen. Das DVS-Merkblatt 0700 „Voraussetzungen zum Erwerb der Berechtigung, betriebseigene Schweißer- und/oder Bedienerprüfungsbescheinigungen als Hersteller auszustellen“ gibt dazu hilfreiche Empfehlungen. Eine Schweißaufsichtsperson mit Berechtigung zur Prüfung betriebseigener, festangestellter Schweißer- und/oder Bediener berechtigt nicht dazu, Schweißer anderer Firmen oder für den freien Markt zu prüfen.
Wenn eine Schweißaufsichtsperson betriebseigene Schweißer prüft und dafür Prüfungsbescheinigungen ausstellt, sollte dies vorab mit dem Auftraggeber vereinbart werden. Damit die betriebseigene Schweißerprüfung gegenüber dem Auftraggeber akzeptiert wird, sollte diese Berechtigung im Schweißzertifikat nach DIN EN 1090-1 eingetragen sein. Prüft eine SAP betriebseigene Schweißer, finden sich weder in DIN EN 1090-1 noch in DIN EN ISO 9606-1 Anforderungen an diese SAP. Gleichwohl muss sichergestellt sein, dass die SAP in der Lage ist, Schweißerprüfungen vorzubereiten, durchzuführen und zu bewerten. Der Betrieb sollte ferner folgende Voraussetzungen erfüllen:
- schriftliche Benennung der/des Prüfer(s) durch die Geschäftsleitung,
- schriftliche Darlegung der Verantwortlichkeiten und Befugnisse der/des Prüfer(s),
- Nachweis, dass das schweißtechnische Personal eine entsprechende Ausbildung erhalten hat und/oder über nachgewiesene Praxiserfahrung verfügt,
- Aufbewahrungsmöglichkeiten für die Proben/Prüfstücke und die ZfP-Dokumentation,
- Vorliegen der erforderlichen Schweißanweisungen,
- Vorliegen von Verfahrensanweisungen für das Durchführen, Prüfen und Bewerten der betriebseigenen Schweißerprüfung,
- Durchführen der fachkundlichen Prüfung,
- Vorliegen gültiger Qualifikationsnachweise, z.B. Schweißzertifikat nach DIN EN 1090-1, Tabelle B.1 in Verbindung mit DIN EN 1090-2 und -3.
Damit der Prüfer ausreichend in Übung ist, empfiehlt es sich, dass er je Schweißprozess, den er prüft, eine Mindestanzahl von fünf Schweißerprüfungen pro Jahr ausführt. Für betriebseigene Schweißerprüfungen empfiehlt das DVS-Merkblatt 0700, dass der Betrieb folgende Voraussetzungen erfüllt:
Schweißaufsichtspersonen haben Zeugnisse nach Richtlinie DVS-IIW/EWF 1170 als „International Welding Engineer“ (SFI/EWE/IWE), „International Welding Technologist“ (ST/EWT/IWT) oder „International Welding Specialist“ (SFM/EWS/IWS) sowie Erfahrungen in den zu beaufsichtigenden Schweißarbeiten – wie in DIN EN ISO 14731 festgelegt
Die Nachweise über folgende Lehrgänge (inkl. Prüfungen) müssen vorliegen:
a) Sichtprüfung Stufe 2 (min. VT 2 geschweißte Produkte – w) und
b) Filmauswertung Stufe 2 Schweißnähte (RT 2 Filmauswertung – FI)
Der Nachweis der ausreichenden Sehfähigkeit durch einen Augenarzt, Augenoptiker oder eine sonstige medizinisch anerkannte Person muss vorliegen. Die Sehfähigkeit muss mindestens einmal jährlich nachgewiesen und dokumentiert werden. Folgende Kriterien gemäß den Anforderungen an die Sehfähigkeit der DIN EN ISO 9712 sind dabei nachzuweisen:
- die Nahsehfähigkeit muss ausreichen, um die Jaeger-Nummer-1-Buchstaben oder Times Roman N 4,5 oder gleichwertige Sehzeichen (mit einer Höhe von 1,6 mm) in einem Abstand von nicht weniger als 30 cm mit mindestens einem Auge, mit oder ohne Sehhilfe, lesen zu können;
- das Farbsehvermögen muss ausreichend sein, dass der Kandidat Kontraste zwischen Farben oder Grauschattierungen erkennen und unterscheiden kann, die bei den betreffenden ZfP-Verfahren, wie vom Arbeitgeber festgelegt, benutzt werden.
Die Kosten für einen VT-Lehrgang Stufe 1 und 2 mit Prüfung liegen bei 2.500 Euro, die für die Filmauswertung RT 2 – FI liegt in etwa beim gleichen Betrag. Augenoptiker stellen meist keine Kosten für die Untersuchung in Rechnung.
Unterlagen für betriebseigene Prüfung
Die Unterlagen (Themenstoff) für die fachtheoretische Prüfung muss sich die SAP aus dem Anhang B (Fachkunde) der DIN EN ISO 9606-1 zusammenstellen. Hier sind Themenbereiche beschrieben, zu denen Prüfungsfragen formuliert werden müssen. Die Fachkundeprüfung beschränkt sich inhaltlich auf den geprüften Schweißprozess. Alternativ kann auf den „Prüfungsfragenkatalog für den Schweißer“ vom DVS zurückgegriffen werden.
Welche Prüfgeräte notwendig sind, richtet sich nach den Prüfungen der jeweiligen Norm bzw. welche Prüfverfahren die SAP auf Basis der Tabelle 13 von DIN EN ISO 9606-1 anwendet. Im Mindestfall muss für die Bruchprüfung eine geeignete Presse vorhanden sein. Eine eigene „Röntgenanlage“ ist nicht erforderlich, Prüfstücke (Stumpfnaht) können bei externen Dienstleistern untersucht werden.
Die Prüfstücke sollten mindestens für die Gültigkeitsdauer der ausgestellten Prüfungsbescheinigung aufbewahrt werden. Der Bewertungsbogen für das Prüfstück und der Nachweis der bestandenen Fachkunde sind zusammen mit der Prüfungsbescheinigung bereitzuhalten – auch zum Nachweis gegenüber einem zweifelnden Auftraggeber bei Prüfung durch die SAP.
Die auszustellende Prüfungsbescheinigung hat den Vorgaben des Anhangs A (Schweißer-Prüfungsbescheinigung) von DIN EN ISO 9606-1 zu entsprechen. Falls ein anderer Vordruck als der in der Norm abgedruckte für die Schweißer-Prüfungsbescheinigung verwendet wird, muss er die im Anhang A geforderten Angaben enthalten. Der Prüfer ist verantwortlich und muss nachweisen, dass alle wesentlichen Einflussgrößen in dieser Schweißer-Prüfungsbescheinigung berücksichtigt sind.
Die erforderlichen Prüfungen hängen vom Auftrag ab. Es kann differenziert werden zwischen dem klassischen „schwarzen Stahlbau“ und dem „weißen Geländerbau“. Üblicherweise werden im „schwarzen Stahlbau“ meist das Metallschutzgas-Schweißen und das Lichtbogenhandschweißen mit umhüllter Elektrode eingesetzt. Im „weißen Geländerbau“ vorzugsweise das Wolfram-Inertgasschweißen. In beiden Bereichen werden Stumpf- und Kehlnähte gefertigt. In Kombination mit der Werkstückdicke leiten sich daraus die erforderlichen Prüfungen ab.
Ausbildung für Schweißaufsichtsperson
Die Schweißaufsichtsperson soll bei Stahlbauprodukten nach DIN EN 1090-2 in der Ausführungsklasse (EXC) 2 bei Materialdicken bis einschließlich 25 mm über Basiswissen (B) verfügen. Bei Materialdicken zwischen 25 mm bis zu 50 mm sind spezielle technische Kenntnisse beim Schweißen (S) erforderlich. Üblicherweise erwirbt man dieses Wissen über einen Lehrgang zum Basiswissen (B) mit dem Schweißfachmann „International Welding Specialist“ (SFM /EWS / WS) oder zu den speziellen technischen Kenntnissen (S) mit dem Schweißtechniker „International Welding Technologist“ (ST /EWT /IWT). Diese Kosten für den Lehrgang zum Schweißfachmann einschließlich Prüfung liegen bei ca. 5.500 Euro, für den Schweißtechniker bei ca. 6.800 Euro. Diese Preise beinhalten die Ausbildung und die Prüfung.
Qualifikation Schweißer
Die Kosten für eine Prüfung des Schweißers ergeben sich durch den Werkstoff, das Verfahren Stumpfnaht oder Kehlnaht und durch die Art der Prüfmethoden für das Prüfstück. Zu diesen gehört in jedem Fall die Sichtprüfung der Naht. Bei einer Stumpfnahtqualifikation kann die Durchstrahlungsprüfung, die Bruchprüfung oder beides nötig sein, bei einer Kehlnahtqualifikation die Bruchprüfung und ggf. Schliffherstellung gefordert werden. Die Kosten für die Ausbildung bis zur Prüfungsreife hängt von dem Talent des Schweißers ab.⇥red ◊
Info & Kontakte
Ingenieurbüro für Schweißtechnik
und Qualitätsmanagement
Dipl.-Ing Jochen W. Mußmann
Necklenbroicher Straße 45 a
40667 Meerbusch
Tel. 02132 3339