Geprüfte Schweißer
Talentiert, feinfühlig und sehr belastbarDer Schweißer (Homo ferrumino), Mitglied einer hochsensiblen Berufsgruppe und teilweise verkanntes Genie gilt als (Ver-) Bindeglied zwischen Schweißzusatz und Schweißfuge. Matthias Huke hat die Spezies in den Fokus genommen.
Welchen Aufwand hat ein Betrieb, um aus einem begabten oder berufenen „Handwerker“ eine Schweißperle für seine schweißtechnische Fertigung zu formen? Die Selektion unter den Mitarbeitern folgt im Hinblick auf:
- das Auge für das Schweißbad
- die Motivation, sich der Besonderheit dieser Aufgabe zu stellen
- den Willen zum Lernen
- bis zu einem gewissen Grad selbständiges Arbeiten
- fachtechnische und fachtheoretische Kenntnisse
- physische und psychische Belastbarkeit
Unterstützende Motivation für die Ausbildung im Betrieb und den schweißtechnischen Lehranstalten kann die Teilnahme am Wettbewerb „Jugend schweißt“ leisten. Die Ausbildung für Fügepersonal kann sich auf mehr als zehn Normen unter Berücksichtigung von weitaus mehr als 100 Schweißprozessen erstrecken. Von der Vielzahl an Werkstoffen, metallischen oder nichtmetallischen Ursprungs gar nicht erst zu sprechen, Schweißpositionen und Produktformen ganz außen vorgelassen. Fachwissen und -können sind das eine, das andere sind psychisch und physisch anstrengende Montagebedingungen in Kraftwerken, Offshore-Anlagen und auf Brücken- oder Schiffsbaustellen. Nach einer Zeit der Ausbildung wird der Schweißer ausgestattet mit einer oder mehreren Schweißer-Prüfungsbescheinigungen nach (DIN EN ISO ... ) mit Prüfanforderungen nach (...).
Doch in der Schweißtechnik hört das Lernen nicht auf, es folgen Wiederholungsprüfungen oder zusätzliche Qualifizierungen mit unterschiedlichen „Prüfstellen“. Sowohl auf den Schweißer als auch auf den Betrieb warten immer neue, manchmal etwas abenteuerliche Erfahrungen. Die „Gültigkeit“ einer Zertifizierung erstreckt sich mittlerweile von sechs Monaten bis sechs Jahren, nur in wenigen Bereichen gilt eine Zertifizierung „lebenslänglich“.
Normgemäße Prüfung
Beispielhaft eine Passage aus der Einleitung DIN EN ISO 14732: „... das Können und die Fachkenntnisse des Bedieners oder Einrichters von Schweißeinrichtungen bleiben nur dann erhalten, wenn dieser regelmäßig Schweißarbeiten innerhalb des Zulassungsbereiches ausführt. Eine Prüfung der Funktionskenntnisse bezogen auf die Schweißeinrichtung ist hierfür erforderlich.“
Es wird vorausgesetzt, dass der Bediener oder Einrichter von Schweißeinrichtungen einen Lehrgang oder ein Industriepraktikum innerhalb seines Zulassungsbereiches absolviert hat.[2]
Anforderungen an den Bediener bzw. Einrichter sind in der genannten Norm aufgezählt und enthalten im Einzelnen Funktionskenntnisse bezogen auf die Schweißeinrichtung und die Fachkunde über die Technologie beim Schweißen wie: Schweißeinrichtung, Schweißprozesse, Grundwerkstoffe, Schweißzusätze, Sichtprüfung der Schweißnähte, Sicherheit und Unfallverhütung.
Die Fachkundeprüfung nach DIN EN ISO 9606-1 legt fest:
„Die nach Anhang B vorgesehene fachkundliche Prüfung wird für Schweißer verlangt, die in der Bundesrepublik Deutschland die Prüfung ablegen. Bei der Verlängerung einer Schweißerprüfung muss in der Bundesrepublik Deutschland in jedem Fall — unabhängig davon, ob ein Prüfstück geschweißt wird, oder ob aufgrund vorliegender zerstörungsfreier oder zerstörender Prüfprotokolle die Verlängerung bestätigt wird — auch die fachkundliche Prüfung erneut nachgewiesen werden …“[1]
Die Fachkundeprüfung beschränkt sich inhaltlich auf den in der Prüfung benutzten Schweißprozess mit den folgenden Anforderungen: Schweißeinrichtungen, Schweißprozesse, Grundwerkstoffe, Schweißzusätze, Sicherheit und Unfallverhütung, Schweißfolge/-verfahren, Schweißnahtvorbereitung und Darstellung der Schweißnaht, Schweißnaht-Unregelmäßigkeiten sowie Schweißerprüfung.
Den Satz: „Der Schweißer sollte über den Geltungsbereich der Schweißerprüfung unterrichtet sein.“[1] würde ich gerne ändern in: „Der Schweißer sollte den Geltungsbereich seiner Schweißerprüfungen kennen und bewerten können.“ Zudem wäre es wünschenswert, wenn die verantwortliche Schweißaufsichtsperson (v SAP) den Erhalt der Fachkunde und die technische Fortbildung der Schweißer im Aufgabenprofil mit zu verantworten hätte.
Im Portemonnaie des Schweißers
Bruttolöhne von Schweißern liegen von ca. 11 Euro bis 19 Euro im Werkstatt- und Montageeinsatz. Die internen Kostenverrechnungssätze pro Stunde in Projekten liegen in der Größenordnung des Faktors 3. Also zwischen 35 Euro und 60 Euro.
Im Ingenieurbereich steckt hier der Faktor 4 bis 5. Für eine studentische Aushilfskraft beginnt es mit ca. 10 bis 11 Euro. Bei 8,84 Euro liegt der gesetzliche Mindestlohn seit 2017.
EU-weit gibt es 647.000 Schweißer, in Deutschland sind es ca. 156.000. Werden die übrigen Beschäftigten hinzugezählt, die deutschlandweit mit schweiß- und fügetechnischen Tätigkeiten zu tun haben, ergibt sich eine Gesamtzahl von 332.500 vollzeitäquivalent Beschäftigten. Mit den in Deutschland 332.500 Beschäftigten in der Anwendung von Fügetechnik verbindet sich eine Wertschöpfung von rund 18,8 Milliarden Euro. [3] Im Vergleich dazu zählt das deutsche Bäckerhandwerk mit 11.737 Meisterbetrieben, einem Gesamtumsatz von 14,29 Milliarden Euro und 273.400 Mitarbeitern zu den wichtigsten Wirtschaftsfaktoren Deutschlands.
„Nix mit Alltag ohne Fügen“
Der DVS meint, im täglichen Leben sind fügetechnisch gefertigte Gegenstände so selbstverständlich, dass die dahinter stehende Technik oft aus dem Blickfeld verschwindet. Es lohnt sich aber, einen zweiten Blick darauf zu verwenden und die Faszination der Fügetechnik in unterschiedlichsten Gegenständen zu entdecken. Goethes Faust würde sagen: „Die Fügetechnik ist, was die Welt im Innersten zusammenhält. Das also ist des Pudels Kern!“
Fazit
Es gibt Schweißer, die in Weltkonzernen unter äußerst arbeitgeberfreundlichen Infrastrukturbedingungen und kontrollierter Prozessumgebung ihren Beitrag zur Wertschöpfung in der Schweißtechnik beisteuern. Genauso tun es aber auch die Schweißer, die solche Bedingungen nicht vorfinden oder vielleicht gar nicht wollen und in Drei-Mann-Betrieben oder auf Offshore-Plattformen den gleichen Beitrag leisten. Denn Schweißer haben Ehre und ein Qualitätsbewusstsein. Eine schlechte Schweißnaht ist mit genauso viel Aufwand herzustellen, wie ein gute; also dann gleich eine gute. Es gilt: „Qualität kann man nicht erprüfen, sondern sie muss erzeugt werden.“
Info & Kontakte
TÜV Nord Systems
Große Bahnstraße 31
22525 Hamburg
Tel. 040 8557-2665
www.tuev-nord.de
Literaturangaben
[1] DIN EN ISO 9606-1
[2] DIN EN ISO 14731
[3] Kernsätze zur Studie „Gesamtwirtschaftliche und sektorale Wertschöpfung aus der Produktion und Anwendung von Fügetechnik in Deutschland und Europa 2013“, Dipl.-Kulturwiss. Uta Tschakert, DVS – Deutscher Verband für Schweißen und verwandte Verfahren e. V.
[4] Zentralverband des Bäckerhandwerks Wertschöpfungsbericht 2016
[5] DVS Magazin 02/2010