Metallbautage
So viele Teilnehmer wie noch nieAnfang April fand der Österreichische Metallbautag 2024 im Imlauer Hotel Schloss Pichlarn in Aigen im Ennstal statt. Der Event zählte mehr als 200 Teilnehmer. Dieser Rekord liegt gewiss auch an den zwei Premieren: Erstmals wurde der Österreichische Metallbaupreis vergeben und erstmals hatte der Kongress ein zweitägiges Programm.
Im Jahr 2025 wird für Österreich ein konjunkturelles Wachstum von 1,8% erwartet, wie Mag. Dr. Benjamin Bittschi vom Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) informierte. Nachdem die Konjunktur in Österreich seit zwei Jahren kein Wachstum mehr verzeichnet, ist Sorge Nummer eins nicht mehr der Fachkräftemangel, sondern der Auftragseingang. Wenngleich die Marktforschung davon ausgeht, dass konjunkturell die Talsohle erreicht ist – bei den Auftragseingängen tritt dieser Tiefpunkt naturgemäß etwas später ein.
Bittschi meint, dass die Verbraucher ab Herbst für Konsum wieder mehr Geld in der Tasche haben. Allerdings dämpfe der Indikator Verbrauchervertrauen mit einem Wert, der schlechter ist als zu Zeiten der Wirtschaftskrise im Jahr 2009, Konsum- sowie Investitionsbereitschaft weiterhin. Die Entwicklung des Exports sei dieses Jahr trotz der Rezession gut, sagte der WIFO-Wirtschaftsexperte. Die rückläufigen Zahlen bis zum Herbst vergangenen Jahres führt er u.a. auf die Wirtschaftskrise in Deutschland zurück.
AMFT-Geschäftsführer Anton Resch organisiert die Metallbautage im Zweijahresturnus, in seinem Vortrag wies er auf die Plattform www.preisumrechnung.at hin. Dort wird auch Metallbaubetrieben mit Rechentools Unterstützung bei der Wertsicherung von Bauverträgen geboten. Aufgrund meist längerer Ausführungsfristen werden bei Bauprojekten zwischen Vertragspartnern üblicherweise veränderliche Preise vereinbart. Diese werden auf Basis von Preisumrechnungsgrundlagen wertgesichert. Das Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft (BMAW) stellt dazu mit den „Baukostenveränderungen für Hochbau“ branchenspezifische Indexwerte (Baukostenindizes) für Arbeitskategorien des Bauwesens zur Verfügung.
Des Weiteren informierte er über die neue OIB-Richtlinie 2. Mit dem Titel „Anforderungen an das Brandverhalten von Vorhangfassaden“ wurde sie 2024 veröffentlicht. Aktuell erarbeitet die Arbeitsgemeinschaft eine Richtlinie für „Klima+ Fenster“. Diese soll die Leistung von Fenster und Beschattung als „Haustechnikkomponente“ und „klimarelevantes Bauteil“ sichtbar machen. „Weil derzeit nur der U-Wert (Verluste) und nicht die solaren Einträge (Gewinne) kommuniziert werden“, wie Resch erläuterte, „werden Fenster und Beschattung kaum als Leistungsträger für die Energieeffizienz gesehen, sondern im Vergleich zu Wandbauteilen als Elemente mit einem schlechten U-Wert.“ Mit dieser landläufigen Haltung soll aufgeräumt werden; Fenster und Beschattung sollen als Lösung für die Überhitzungs- und Energieproblematik in Gebäuden erkannt werden. Mit der korrekten Darstellung der klimarelevanten Wirkung von transparenten Bauelementen der Gebäudehülle im Jahreszyklus in Kombination mit Beschattung geht es um die Integration in Normung (ÖNORM B 8110) und Baugesetzgebung (OIB) sowie um einen Ausweis der CO2-Ersparnis des „Klima+ Fensters“, also der Produktkombination Fenster und Beschattung. Involviert in die Ausarbeitung der Richtlinie sind u.a. der Bundesverband Sonnenschutztechnik, die TU-Graz sowie das Institut Holzforschung Austria.
Dr. Julia Bachinger von Holzforschung Austria in Wien berichtete unter der Überschrift „Coole Fenster für coole Räume“ von einer Simulationsstudie über die Zusammenhänge von Heizenergiebedarf, thermischer Behaglichkeit und Tageslichtverfügbarkeit. Im Ergebnis wird klar, diese drei Faktoren müssen als Einheit gedacht werden. Mithilfe gezielter Energiegewinne im Winter und Reduktion des Wärmeeintrags im Sommer können eine vorteilhafte Belichtung der Innenräume erreicht und bei einer optimalen Abstimmung der drei Parameter in Summe jährlich 250 bis 450 Euro eingespart werden. Die Studie wird in einer knapp 200 Seiten langen Borschüre des Bundesministeriums Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität kostenfrei zur Verfügung gestellt. Kurzgefasst auf zwei Seiten wurde ein Merkblatt mit den 10 goldenen Regeln erstellt, die sich aus den Forschungsergebnissen ableiten lassen (beide Dokumente finden Sie unter: www.metallbau-magazin.de zum Download). Einige der Regeln sollen an dieser Stelle genannt werden.
Außenliegende Beschattung ist viel besser als innenliegende; innenliegende Beschattung ist viel besser als keine Beschattung.
Beschattung ist für alle Himmelsrichtungen, auch im Norden sollte nicht darauf verzichtet werden.
Ug-Wert ≤ 1,0 W/m2K
Solarer Gesamtenergiedurchlassgrad der Verglasung ≥ 0,5
Etwa die Hälfte der Fenster in einem Gebäude sollten sich öffnen lassen.
Prof. Dr. Winfried Heusler empfahl den Unternehmern, die Sanierung der Bürogebäude aus den 1960er- und 1970er-Jahren im Blick zu behalten. „Diese Gebäude können leicht in Wohngebäude umgenutzt und entsprechend umgebaut werden“, konstatierte der frühere Schüco-Mitarbeiter. „Mit diesem Markt können Sie gut Geschäfte machen, unsere Produkte sind dafür geeignet!“ Mit seinem Vortrag brachte er die Chancen für die Fenster- und Fassadenbranche hinsichtlich Zirkularität, Resilienz und Digitalisierung auf den Punkt. Entscheidende Fortschritte für die digitale Transformation der Fenster- und Fassadenbranche brächten smarte Komponenten wie ein Fenster-Sensor, der in Echtzeit folgende Parameter messen kann:
- Nutzungsprozess wie z.B. Anzahl der Öffnungsvorgänge
- Objektzustände (z.B. Offenstellung)
- Unerlaubte Nutzung wie z.B. Erschütterung, Temperatur und Feuchtigkeit
- Störungen usw.
Zugunsten einer kreislaufgerechten Konstruktion bei Beibehalt der Produkt- /Komponentengestalt empfahl er folgende Regeln: Damit Produkte bzw. Komponenten sich einfacher demontieren lassen, sollten lösbare Verbindungselemente verwendet werden, die maximal alterungs- und korrosionsbeständig sind; die Zahl der Verbindungselemente gilt es auf das Notwendige zu beschränken; die Verbindungselemente sollten leicht zugänglich bleiben; unvermeidbare Gift- und Gefahrenstoffe sollten sich leicht separieren lassen.
In diesem Kontext wies Prof. Heusler auf die DIN SPEC 91472 vom Juni 2023 hin, die Standards für die Wiederaufarbeitung gebrauchter Produkte bzw. Komponenten setzt. „Das könnte Vertrauen von Unternehmen und Kunden für diesen Bereich der Kreislaufwirtschaft fördern.“ Unter dem Titel „Remanufacturing – Qualitätsklassifizierung für zirkuläre Prozesse“ grenzt sie Remanufacturing von anderen werterhaltenden Prozessen wie Reparatur und Refurbishment ab. Remanufacturing hat ökonomische und ökologische Vorteile: Für die Wiederaufarbeitung sind verglichen mit der Neuproduktion meist deutlich weniger Materialien und ein geringerer Energieaufwand nötig. Weniger Ressourcenverbrauch und geringere CO2-Emissionen schützen das Klima. Für die Kundschaft sind diese Produkte außerdem günstiger. Gleichzeitig gilt: Produkte, die mittels Remanufacturing wiederhergestellt wurden, sind Neuprodukte – sie erhalten daher die marktübliche Gewährleistung, was Verbrauchern zusätzliche Sicherheit gibt. Remanufacturing-Produkte sind mindestens genauso funktional und leistungsfähig wie die ursprünglichen Produkte, wie es in der DIN SPEC 91472 heißt (das vollständige Dokument finden Sie unter www.metallbau-magazin.de zum Download).
In seiner Rede über die nachhaltige Transformation der Bau- und Immobilienbranche bezog sich Heusler immer wieder auf das DGNB Rahmenwerk für klimaneutrale Gebäude und Standorte (unter www.metallbau-magazin.de zum Download). In der 60-seitigen Broschüre aus dem Jahr 2020 werden beispielsweise Berechnungsvorgaben der CO2-Bilanzierung genannt oder auch Grundprinzipien eines Klimaschutzfahrplans, der Maßnahmen mit zeitlichem Ablauf zur Reduktion der CO2-Emissionen eines konkreten Gebäudes auf Zielwerte hin benennt.
Braucht die Produkt-/Komponentengestalt bei der Demontage nicht erhalten zu werden, stellen sich die Empfehlungen zur kreislaufgerechten Konstruktion etwas anders dar: Für diese Variante der Kreislaufwirtschaft kommt es auf einheitliche und geradlinige Füge- und Trennrichtungen an; auf Sollbruchstellen für eine erleichterte zerstörende Demontage; auf die Verwendung stofflich verwertbarer oder nachwachsender Materialien; auf die Vermeidung unverträglicher Werkstoffkombinationen, die Verringerung der Werkstoffvielfalt und die Vermeidung kritischer Beschichtungen sowie Verbundstoffe. Voraussetzung für die Rückführung der Baustoffe in den Materialkreislauf sind die Verwendung von Rezyklaten und eine Werkstoffkennzeichnung – automatenlesbar.
Metallbauunternehmer Martin Hartl informierte als Vorsitzender des Ausschusses für Öffentlichkeitsarbeit der Bundesinnung über die Fortschritte der Branchenkommunikation. Die Arbeitsgruppe sorgt für Updates der Online-Auftritte, bespielt Social-Media-Kanäle wie TikTok, Instagram und Facebook mit Videoinhalten. „Wir freuen uns über Material der Mitgliedsbetriebe, die von der Innung für Posts aufbereitet werden und dann auch wieder den Betrieben für deren Zwecke zur Verfügung stehen“, erläuterte Hartl (siehe Interview S. 38). Unter dem Stichwort „Snackable Content“ wies er seine Zuhörer hin, dass für den Erfolg dieser externen Kommunikation kurze Botschaften und eine leicht verständliche Sprache ausschlaggebend sind. Ziel des Engagements sei die Sichtbarkeit der Metalltechnik zu erhöhen, die Vielfältigkeit des Gewerks aufzuzeigen, junge Menschen zu begeistern und Metall als zukunftsträchtigen Werkstoff zu positionieren.
Die Anwälte der Kanzlei Weiss Weiss, bei den Metallbautagen vertreten durch Christina Weiss, Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht, und RAin Natalia Avolio, begleiten mehr als 200 Mandanten aus der Metallbaubranche. Von ihren Erfahrungen profitieren regelmäßig die Leser unseres Fachmagazins (siehe Seite 33), während der Metallbautage auch die Mitglieder der AMFT. Thema waren die Arbeitsabläufe auf der Baustelle, für die laut Erfahrung der beiden Rechtsanwältinnen Metallbauer häufig noch kein routiniertes Qualitätsmanagement eingerichtet haben. Dies führe dazu, dass Behinderungsanzeigen gar nicht oder nicht rechtszeitig dem Auftraggeber gemeldet werden und daher auch keine Ausführungsfristverlängerung erreicht werden kann; kann der Betrieb im weiteren Fortlauf der Montage seine gesetzten Termine nicht einhalten, liegt die Verantwortung für die Schwierigkeiten bei ihm und zeitliche Verzögerungen werden möglicherweise ihm angelastet. Mehraufwand, der aus dieser Situation resultiert, wird dann nicht vergütet – etwa wenn Material nicht verbaut werden kann, sondern mit Zeitaufwand an einen geeigneten Lagerplatz transportiert werden muss. Ein weiteres Risiko für die angemessene Vergütung der Montageleistungen sind Überstunden auf der Baustelle, die das Budget überschreiten. „Häufig werden solche Budgetüberschreitungen nicht zu dem Zeitpunkt von Projektleitern registriert, zu dem sich ihre inhaltliche Begründung einfach nachvollziehbar feststellen lässt und deshalb regulär in eine Nachtragskalkulation einfließen könnte“, sagte RAin Christina Weiss. Die Zeiterfassung der Monteure in Verbindung mit der Dokumentation der Tätigkeiten sei gelegentlich noch eine Schwachstelle im Betriebsmanagement der Metallbauer. Unternehmer würden von derlei Mehraufwand vielfach erst im Nachhinein und zufällig erfahren. Den Fachbericht der Kanzlei Weiss Weiss zum Thema Montage können Sie in unserer Ausgabe 5/2024 lesen.
Last but not least wurde noch ein Blick auf die künftige Rolle von Werkstoffdaten geworfen. Mag. Stefan Grüll von der Firma S1Seven in Retz referierte über Nachhaltigkeit als neues Beschaffungskriterium und wie sich mit digitalen Materialpässen diese effizient nachweisen lässt, sodass die Parameter einfach in die Berechnungen weiterer Nachhaltigkeitszertifikate übernommen werden können. Im Sonderheft Nachhaltigkeit unserer Ausgabe 11/2024 lesen Sie einen Fachbeitrag von Grüll zum Thema „Digitale Materialpässe“.
Die AMFT
Was das Tätigkeitsfeld der Hersteller von Metall-Fenster/Türen/Tore/Fassaden (AMFT) betrifft, arbeitet die Wiener Arbeitsgemeinschaft vernetzt mit Eurowindoor, dem AFI, der Plattform Fenster Österreich, der Bundesinnung der Metalltechniker, der Firma Bau EPD und dem Institut für Baubiologie und -ökologie zusammen.
Wenn sich Harald Greger, Geschäftsführer des AFI, zum Juni 2024 verabschiedet, wird Anton Resch die Koordination seiner Aufgaben übernehmen – AMFT und AFI wachsen im Sinne der Verarbeiter von Aluminiumelementen weiter zusammen. Mehr zum AFI erfahren Sie im Interview mit Obmann Thomas Sattler auf Seite 46.