Sanierung

Rheinbrücke Speyer

Statt fünf Wochen nur vier Tage gesperrt

Den alten Rollverschluss gegen eine moderne MSM Schwenktraversen-Übergangskonstruktion (Üko) austauschen, eine kleinere Trägerrostfuge generalsanieren und vier alte Rollenlager gegen neue Kalottensegmentlager wechseln – das erledigte Maurer an einem Wochenende mit nur 50 Stunden Vollsperrung. Und am nächsten Wochenende lief die gleiche Aktion in der anderen Fahrtrichtung noch einmal. Dieser Erfolg hat viele Väter: von umfassender Planung im Vorfeld über Speziallösungen bis hin zu einem großen und eingespielten Team vor Ort.

Auf der A61 bei Speyer überspannen zwei Brückenbauwerke den Rhein und das Rheinvorland: die markante Schrägseilbrücke und eine linksrheinische Vorlandbrücke. Beide Brücken wurden vor über 50 Jahren gebaut und sind gemeinsam auf einem Trennpfeiler links des Rheins gelagert. Der dortige Fahrbahnübergang musste nach mehreren Reparaturen und Instandsetzungen komplett erneuert werden. Maurer gelang dies im März 2024 an zwei Wochenenden, ein Tausch von Fahrbahnübergangskonstruktionen (Ükos) dauert normalerweise 4–6 Wochen pro Bauabschnitt. Die Sperrung der Fahrbahnen fiel dankenswerterweise kurz aus. Der Verkehr war jeweils ein Wochenende lang in eine Richtung blockiert.
 
Ükos sind flexible Bauelemente und gleichen an den (unbeweglichen) Brückenenden die Bewegungen aus, die der Brückenüberbau infolge von Verkehr, Wind und Temperaturschwankungen aufweist. Gleichzeitig stellen sie sicher, dass der Verkehr ohne Einschränkung über diese Nahtstelle fahren kann, unabhängig vom Verschiebezustand der Brücke.
 
Besondere Herausforderung bei der Rheinbrücke Speyer war, dass die Ükos Verformungen und Bewegungen von zwei beweglichen Überbauten (Strom- und Vorlandbrücke) an ihrem Treffpunkt ausgleichen müssen. Daher wurden sie als Sonderkonstruktionen geplant und ausgeführt. Zudem hat die 456 m lange Schrägseilbrücke einen stählernen Überbau, die 302 m lange Vorlandbrücke ist aus Spannbeton. Die Ükos waren also auf der einen Seite an Stahl, auf der anderen an Stahlbeton anzuschließen.
Die Autobahnsperrzeiten sollten so gering wie möglich gehalten werden – das brachte zusätzliche Herausforderungen mit sich. Denn der alte Übergang war als Rollverschluss eingesetzt. Diese Bauart wird seit den 1970er Jahren nicht mehr ausgeführt, entsprechend anders ist der Einbau einer Üko heute. Doch jeder Eingriff ins Bauwerk beim Aus- und Einbau kostet Zeit. Zudem sollten die Sperrzeiten für weitere Sanierungsmaßnahmen genutzt werden: die Sanierung einer Trägerrostfuge am Widerlager und den Wechsel von vier Brückenlagern pro Fahrtrichtung.
 
Nur 50 Stunden Sperrzeit
Das Baustellenteam bewältigte die Aktion an zwei aufeinander folgenden Wochenenden im März 2024 mit je 50 Stunden Sperrung einer Fahrtrichtung. Diese Rekordzeit wurde dank intensiver Planungen und Vorbereitungen zusammen mit allen Projektbeteiligten realisiert.
Entscheidend war, dass die Anschlussdetails der Üko auf eine minimale Einbauzeit optimiert wurden: Vor Ort durften möglichst wenig Eingriffe ins Bauwerk erfolgen. Deshalb wurden so viele Leistungen wie möglich ins Vorfeld, also ins Werk in München verlegt. Das ganze Wochenende war dann im 15-Minuten-Takt durchgeplant:

  • Entfernen der alten Fugen
  • Vorbereitung der Einbaustellen
  • Einhub der neuen Fugen
  • Anbindung der neuen Fugen an Stahl/Beton; insbesondere der Stahlanschluss war eine technische Herausforderung und erforderte viel Manpower.
  • Betonverguss
  • Fahrbahnbelag
  • Abnahme
 
MSM Schwenktraversen für anspruchsvolle Brücken
Die neuen MSM-Schwenktraversenkonstruktionen (XS12) mit 12 Dichtprofilen und Geräuschminderung, die auf der A61 bei Speyer zum Einsatz kamen, können eine mögliche Längsverschiebung von 1.140 mm ausgleichen. Jede Üko ist mit Gehwegen 16,5 m lang (in der Fahrbahn 12,75 m) und 21 t schwer – die derzeit größten MSM-Schwenktraversen in Deutschland.
 
Übergangskonstruktionen mit Schwenktraversen werden seit Jahrzehnten erfolgreich in anspruchsvolle Brücken weltweit eingebaut. Sie erlauben Bewegungen von bis zu 3 m und ggf. mehr, sowie Verdrehungen in alle Richtungen. Die Schwenktraversen tragen die obenliegenden, parallelen Profile. Die Traversen verlaufen leicht schräg zur Fahrtrichtung und sorgen so dafür, dass sich die öffnenden und schließenden Bewegungen der Brücke gleichmäßig auf die Dichtprofile zwischen den Stahlprofilen verteilen.
 
Eine Besonderheit der MSM Schwenktraversen-Konstruktionen von Maurer ist die Lagerung der Lamellen: Statt in einfachen Elastomerlagern laufen sie in neu entwickelten W-förmigen MSM-Lagern. Diese sog. Katamaran-Lagerung lässt die Profile leichter und präziser über die Traversen gleiten. Die Form und der Hochleistungs-Gleitwerkstoff MSM verhindern Zwängungen und erhöhen die Lebensdauer.
 
Die Lamellen der Üko bei Speyer tragen oben zusätzlich Rauten zur Geräuschminderung. Die aufgeschweißten, speziell profilierten Rauten reduzieren den Geräuschpegel um 30 bis 50 %. Aufgeschweißt deshalb, weil das erheblich länger hält als verschraubte Elemente, die sich durch die ständigen Überfahrungen lösen können.
 
Plus Lagertausch plus Üko-Instandsetzung
Zusätzlich führte Maurer während der beiden Wochenend-Sperrungen weitere Arbeiten aus:
  • Am nordwestlichen Widerlager wurde eine Trägerrost-Dehnfuge (D240) generalüberholt mit Wechsel aller Verschleißteile: Gleitlager, Gleitfedern, Steuerfedern und Dichtprofile.
  • An denselben Widerlagern der Vorlandbrücke und dem Trennpfeiler wurden je Bauabschnitt 4 vorhandene Rollenlager durch Kalotten-Segmentlager ersetzt.
Auch der letzte Punkt ist eine Besonderheit: MSM Kalotten-Segmentlager haben im Gegensatz zu normalen Kalottenlagern einen rechteckigen Grundriss. Sie können damit genau an die Anschlussflächen der alten Rollenlager angepasst werden, haben aber bessere technische Werte und eine höhere Lebensdauer. Diese modernen Speziallager sind der optimale Ersatz für Rollenlager bei geringem Eingriff ins Bauwerk.
 
Die beiden Wochenenden waren nur mit einem Personal-Großaufgebot zu bewältigen. Maurer nutzte dafür die Ressourcen aus allen Montagestandorten. Die Projektleitung kam aus München, ebenso die Bauleitung für die Ükos. Die Bauleitung für den Lagerwechsel hatte der Standort Lünen inne. Die über 30 Monteure kamen aus allen Montagestandorten Bernsdorf, Lünen, München und Wien. Maurer war bei dem Projekt als Hauptauftragnehmer einer Baufirma tätig.

www.maurer.eu

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