Umrüsten auf E-Mobilität

Stahlbauer reduzieren den CO2-Fußabdruck

Die ersten E-Transporter sind zu haben, Firmen installieren Ladesäulen vor den Werkshallen und schrauben sich Photovoltaik-Anlagen auf die Dächer – sogar E-Bikes ersetzen Pkws in den Betrieben für Kurzstrecken. Nachhaltige Mobilität und Produktion stehen bei vielen Unternehmen auf der Liste. Und das nicht erst seit heute.

Um das Klima zu schonen, ist für Metallbauer eine nachhaltige Mobilität zwingend. Dieseln doch täglich deren Transporter in ganz Deutschland zum Kunden. Eine umweltfreundliche Umstellung des Fuhrparks ist dank alternativer Antriebe immer besser möglich. Wer nun plant, auf elektrische Antriebe zu setzen, muss allerdings eines wissen: E-Fahrzeug ist nicht gleich E-Fahrzeug.

Je nach Batteriekapazität, Ladeleistung und Steckertyp ergeben sich unterschied-liche Anforderungen an den Ladevorgang. „Weil meist das E-Fahrzeug zuerst da ist, gilt es, die passende Wallbox für das neue Gefährt zu finden“, weiß Christian Raach, Ingenieur bei der Firma ESS Kempfle aus Leipheim, einem mittelständischen Solarunternehmen. Er empfiehlt einen Drehstromanschluss mit 63 Ampere und einen dreiphasigen Ladegang, der ein schnelleres Laden verspricht. Mit einer üblichen Haushaltssteckdose sollte übrigens nicht dauerhaft geladen werden. Denn sind die Leitungen überlastet, können durch die Wärmeentwicklung Schäden und Brände entstehen. Und die Abwärme kostet Geld: bis zu 200 Euro jährlich.

Mehrere Ladepunkte!

Also alles easy? Leider nein. Die E-Realität sieht in deutschen Handwerksbetrieben noch ernüchternd aus. So lässt sich der Dienstwagen des Chefs deutlich leichter elektrifizieren als die Transporter-Flotte. Wenn dann doch ein Fahrzeugwechsel stattfindet, weil das Verbrenner-Aus droht, empfiehlt Solarexperte Raach mehrere Wallboxen zu installieren. Denn je mehr Ladepunkte ein Betrieb hat, umso mehr Fahrzeuge lassen sich gleichzeitig im Ladeverbund mit Strom versorgen.

Das sehen auch die geschäftsführenden Brüder Thomas, Michael und Christian Wurst vom gleichnamigen Stahlbauunternehmen in Bersenbrück so. Im Hinterland von Osnabrück lässt das Unternehmen mit 240 Beschäftigten derzeit einen 50 Meter langen Car-Port installieren, dessen Dach, ein Solarkraftwerk, 500 Kilowatt-Peak Strom für mehr als 20 Ladestationen liefert. Aktuell hat das Unternehmen zehn Hybrid- und E-Fahrzeuge im Einsatz. „Schritt für Schritt wollen wir die restlichen 50 Fahrzeuge unseres Fuhrparks auf alternative Antriebe umstellen“, sagt Thomas Wurst.

50 Fahrzeuge in 4 Jahren

Abhängig von der jeweiligen Laufleistung und dem Auslaufen der Leasingverträge wird die Umstellung etwa vier Jahre dauern. Wobei der Geschäftsführer einräumt, dass etwa ein Außendienstmitarbeiter, der 80.000 km im Jahr quer durch die Republik fährt, auch künftig im Diesel-Kombi sitzen dürfte – zu dünn gestrickt sei das Ladestationen-Netz. Anders sehen es die Wurst-Brüder bei Transportern, die auf die Baustellen fahren. „In naher Zukunft“, so Thomas Wurst, „werden unsere zwölf Montageteams wohl mit E-Autos fahren“. Aber E-Transporter dürfen aufgrund ihrer schweren Akkus mit rund einer Tonne weniger Gewicht beladen werden. Werkzeug und Ausrüstung würden dann, statt im Transporter hin und her chauffiert zu werden, in Containern und auf den Baustellen sicher verschlossen stehen bleiben. Weniger Gewicht zu transportieren, schont das Klima.

CO2-Reduktion mit PV-Anlagen

Doch Klimaschutz ist nicht allein mit E-Fahrzeugen zu haben. Faktoren sind neben einem Fuhrpark der gesamte CO2-Fußabdruck, also wie viel klimaschädliche Emissionen ein Betrieb in Summe ausstößt. Und das ist eine ganze Menge: Die Stahlindustrie ist weltweit für zehn Prozent aller CO2-Emissionen verantwortlich. Robert Wüst aus Pritzwalk weiß das schon lange. Bereits 2011 hat der Potsdamer Kammerpräsident ein Sonnenkraftwerk aufs Dach seiner Firma installiert. Damit produziert der Metallbauer 60 Megawatt Strom, die er ins Netz einspeist. Rund ein Sechstel der regenerativen Energie würde sein Betrieb mit zehn Mitarbeitern selbst verbrauchen, aber damalige Förderungen gab es nur für Einspeiser.

2031 laufen die öffentlichen Gelder aus. Dann will Wüst wieder investieren, die vorhandene PV-Anlage soll um Stromspeicher und Ladestation erweitert werden. Eine autarke Energieversorgung ist das Ziel. Momentan seien die Akkuleistungen jedoch noch zu schwach, um etwa eine energieintensive Schleifmaschine zu speisen. Für das Firmen-E-Bike reicht der Strom aus dem Akku zwar locker. Einen Transporter mit elektrischem Antrieb anzuschaffen, ordnet Wüst hingegen als „Zukunftsmusik“ ein. Liegen die Preise für die elektrifizierten Trafic- und Sprinter-Modelle doch weit über den Diesel-Varianten. Fast das Doppelte kosten die e-motorisierten Brüder aktuell. Wüst sagt aber auch: „Kurzfristig geschaut rechnet sich eine Solaranlage kaum. Zu hoch sind die Investitionen.“ Langfristig betrachtet, und mit Blick auf die eigenen Kinder, findet der 37-jährige Familienvater allerdings, dass kein Betrieb darauf verzichten darf.

Wie er denken immer mehr Menschen. Sonnen- und Windenergie sind die wichtigsten erneuerbaren Energielieferanten. Solar-Mann Christian Raach kennt die Fakten: „Insgesamt wurden deutschlandweit bisher mehr als 2,65 Millionen PV-Anlagen installiert – mit steigender Tendenz.“ Wie Wüst haben die Stahlbauer von Wurst in Bersenbrück schon vor langer Zeit in eine PV-Anlage investiert. Diese liefert seit 15 Jahren 350 Kilowatt-Peak. Gemeinsam mit dem neuen 50-Meter-Carport reicht das, um 35 Prozent des Energiebedarfs des Unternehmens zu decken. Hinzu kommt eine Biogasanlage beim benachbarten Bauern; mit der dort produzierten Fernwärme heizt Wurst-Stahlbau das 4.000 m² große Bürogebäude, in dem 100 Menschen arbeiten.

Um den jährlichen Footprint von 2.000 Tonnen CO2 weiter zu mindern, schieben die Niedersachsen noch mehr Maßnahmen an. So wurden sämtliche Lichter auf LED-Beleuchtung umgestellt, Flugreisen abgeschafft und Arbeiten im Homeoffice ist lange vor der Pandemie bei Wurst möglich gewesen.

E-Job-Bikes für Mitarbeiter

„Die am einfachsten gesparte Energie ist die, die gar nicht verbraucht wird“, sagt Michael Wurst. So bleiben die Autos der Beschäftigten stehen, wenn diese im Schnitt ein bis zwei Tage pro Woche von zuhause aus arbeiten. Oder sie fahren mit einem der 40 E-Job-Bikes in die Firma statt mit dem Auto. „Mobilität ist einer der größten CO2-Verursacher“, weiß Michael Wurst. Gemeinsam mit der Firma Climate Partner aus München hat der Mittelständler analysiert, welche Emissionen die Firma sparen kann. Deshalb will Wurst auch keine neuen Büros mehr bauen. „Bis in zehn Jahren arbeiten bei uns doppelt so viele Leute wie heute“, stellt er fest. Aber die vorhandene Bürofläche wird dafür nicht erweitert.

Gedämmte Halle jenseits vom Standard

Bereits vor zehn Jahren hat Oliver Graf aus Fellbach bei Stuttgart sein „Wachstumsproblem“ erkannt und gelöst. Um Energie zu sparen, ließ Graf für seinen 20-Mann-Betrieb seinerzeit einen Neubau in Sandwichbauweise errichten. Entgegen jedem Standard dämmte der 52-jährige Bauingenieur die 800 m2 große Halle mit 20 cm dicken Steinwolle-Sandwich-Paneelen. Bleche von innen und außen stabilisieren und verdichten die Isolierung – ein Sandwich. Die Bauweise gilt als langlebig, wurde bis heute tausendfach kopiert und spart Stahlbau-Graf vor allem Heizkosten. Vor Kurzem hat Graf die Leuchtmittel im Betrieb auf LED umgestellt, gut zwei Drittel der Stromkosten spart er seither beim Licht.

Im nächsten Schritt will er eine 100 Kilowatt-Peak Solaranlage aufs zehn Grad geneigte Firmendach montieren. Ein Ingenieurbüro ist beauftragt, das Projekt zu planen. Graf schätzt, dass sein Betrieb jährlich rund 13 Megawatt Strom verbraucht. Der Überschuss soll in Akkus in einem Energieraum gespeichert werden. „Die Investitionen werden sich auf rund 100.000 Euro für PV-Anlage, Speicher und Eigenleistungen für die Montage, belaufen.“ Ebenfalls auf dem Schirm hat der Stahlbauer seinen drei Pkws und sieben Transporter umfassenden Fuhrpark. Alles Diesel getriebene Vehikel – außer einem jüngst angeschafften Hybridauto. Doch beim Thema Transporter seufzt Graf hörbar.

Die bekannten Negativfaktoren wie hohe Kosten, geringe Reichweite und niedriges Ladevolumen bremsen den Metallbauer. Durch die schweren Batterien verringert sich das Ladegewicht, jüngere Mitarbeiter, Azubis mit Klasse-B-Führerschein dürfen die Transporter nur bis 3,5 Tonnen fahren, was bei einem höheren Eigengewicht der Transporter zu einer geringeren Nutzlast führt. Die restlichen Pkws will er allerdings in den nächsten drei

Jahren durch Elektroflitzer ersetzen. Ein weiteres regeneratives Projekt des zweifachen Familienvaters ist es, die Heizung von Erdgas auf Wärmepumpe umzustellen und mit Solarstrom zu heizen. Der Bauingenieur rechnet: „Bei 100 Kilowatt-Peak Energiegewinn sparen wir etwa 46 Tonnen CO2 im Jahr.“

Tipps für eigene E-Tankstellen

Falls auch Graf sich entschließt, den Strom für seine künftigen E-Fahrzeuge an der eigenen Wallbox zu tanken, macht die PV-Anlage auf dem Dach noch mehr Sinn, weil Strompreise vermutlich kaum fallen und Einspeisevergütungen sinken. Er und andere Metallbauer sollten dann für sich herausfinden, ob sie solaroptimiertes oder reines Überschuss-Laden wollen. Denn besteht bereits eine PV-Anlage, sollte deren Spezifikation bekannt sein. Für eine perfekte Steuerung muss die neue Ladestation über einen Wechselrichter in die PV-Anlage integrierbar sein. Energieexperte Raach rät: „Durch eine dynamische Ansteuerung der Wallbox läd jedes E-Fahrzeug effizient. Sie passt den Ladestrom kontinuierlich an, je nachdem, wie viel Stromüberschuss verfügbar ist.“ Zudem kann es sinnvoll sein, einen Smartmeter für den eigenen Regelkreis zu integrieren. Dieser digitale Stromzähler kann mit einem Kommunikationsmodul helfen, Sonnenstrom besser und transparenter ins Stromnetz einzuspeisen. Außerdem hilft ein Smartmeter, Stromangebot und -nachfrage in Einklang zu bringen und so den Verbrauch zu senken.

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