„Unser Parsa ist Innungsbester“!

22-Jähriger in der Werkstatt von Repp glücklich

Parsa Aboutalebian kam als 15-Jähriger mit seiner Mutter aus dem Iran nach Deutschland. Drei Jahre später beginnt er eine Ausbildung zum Metallbauer bei der Firma Repp. Dann platzte die Nachricht dazwischen, dass sein Antrag auf Aufenthaltsgenehmigung abgelehnt wurde. Anfang 2022 macht er als Innungsbester seinen Abschluss. Warum für den 22-jährigen Metallbaugesellen die Zukunft im Handwerk und in Deutschland liegt, darüber berichtet das Porträt.

Dezember 2019, vier Tage vor Heiligabend: Parsa Aboutalebian erhält einen Anruf von seiner Mutter an seiner Arbeitsstätte, der Firma Repp Metallgestaltung. Seine Mutter erzählt ihm, dass sie gerade einen Brief vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) erhalten haben, mit der Information, dass ihr Asylantrag abgelehnt wurde. „Alles ist vor meinen Augen schwarz geworden. In dem Moment habe ich selber die Hoffnung komplett aufgegeben“, erzählt der heute 22-jährige Iraner.

10. September, 2022: Parsa Aboutalebian wird bei der Freisprechungsfeier der Kreishandwerkerschaft Wetterau als bester Metallbaugeselle geehrt. Hinter ihm liegt die dreieinhalbjährige Ausbildung zum Metallbauer. Alexander Repp ist mehr als zufrieden, dass Parsa Alboutalebian nach seiner erfolgreich bestandenen Gesellenprüfung bei ihm arbeitet. Er hat noch große Pläne mit ihm. Ab Ende des Jahres wird er die Meisterschule besuchen. Bis dahin wird er im 3D-Zeichenprogramm geschult und noch mehr Erfahrung sammeln. Und danach? Alexander Repp: „Mein Wunsch ist, dass ich ihn irgendwann hier als Meister einstelle und dass er hier bei uns eine Führungsposition übernimmt.“ Glänzende Aussichten also für das ehemalige Flüchtlingskind.

Rückblick: Ankunft aus dem Iran 2015

Im Mai 2015 waren Parsa und seine Mutter Fariba Khojandi mit dem Flugzeug aus Teheran nach Deutschland gekommen. Sein Onkel hatte ihnen ein Besuchervisum geschickt. Die Familie seiner Mutter lebt schon seit 40 Jahren in Altenstadt; sie waren im Zuge der Iranischen Revolution nach Deutschland geflüchtet. Die erste Station des damals 15-jährigen Jungen und seiner Mutter war ein Aufnahmelager in Gießen, anschließend kamen sie nach Friedberg in die „Schleuse“, wie Parsa das Verteilzentrum nennt, wo die Flüchtlinge den verschiedene Flüchtlingsunterkünften zugeordnet wurden. Parsa und seine Mutter lebten die ersten Wochen in einem Raum mit zehn Doppelbetten,  zusammen mit 18 Männern aus Albanien. Zu sagen, dass dies eine schwere Zeit war, ist untertrieben. „Ich habe die ersten paar Wochen kaum geschlafen, war immer wach, weil ich mich um meine Mutter sorgte“, erinnert sich Parsa. Die Situation verbessert sich, als sie in ein Flüchtlingsheim in Butzbach kommen. Das Zimmer dort ist zwei mal drei Meter groß, aber immerhin ist es ein eigenes Zimmer.

Der Grund, warum die Familie dem Iran den Rücken kehrte: Wie seine Mutter nimmt Parsa den christlichen Glauben an. Parsa erzählt: „Wer vom muslimischen Glauben zum Christentum konvertiert, wird von den Militärs verfolgt. Schon mit zehn habe ich erlebt, wie die Armee in der Schule war, um herauszufinden, wer Christ ist; ich habe ihr Gehirnwäscheprogramm miterlebt. Würde ich heute zurückkehren, würden die mich sofort am Flughafen abholen und es würde mir die Todesstrafe drohen.“

Abschluss als Innungsbester

Parsa Aboutalebian machte seinen Abschluss als Metallbaugeselle nicht nur als Innungsbester, sondern hatte auch das beste Berufsschulzeugnis seines Jahrgangs. Und dass, obwohl seine Deutschkenntnisse bei der Zwischenprüfung noch nicht so gut waren wie heute. Beworben hatte er sich bei der Firma Repp ganz regulär mit Unterstützung einer Sozialarbeiterin an der Berufsschule. Im August 2018 begann er seine Ausbildung  bei dem Metallbaubetrieb im 50 Kilometer nordöstlich von Frankfurt gelegenen Echzell. Geschäftsführer Alexander Repp: „Er hat sich von Anfang an geschickt angestellt. Ich hatte sofort das Gefühl, dass das was wird. Natürlich gibt es Höhen und Tiefen in der Ausbildung. Vor allem im fünften und sechsten Monat kommt das große Tief; dann, wenn es kalt wird auf der Baustelle und die Azubis morgens im Dunklen zur Arbeit kommen und abends im Dunklen nach Hause gehen. Aber Parsa hat das durchgezogen!“ Nur der Dienstbeginn um 7:15 Uhr fiel dem damals 18-Jährigen schwer. Im Januar 2022 beendete er die Ausbildung erfolgreich, obwohl der Tag der praktischen Prüfung unter keinem guten Stern stand. Er wachte mit Halsschmerzen und Fieber auf und auf dem Weg blieb sein Auto liegen. Doch der Tag mit seinen Tücken war nichts im Vergleich zu der ständigen Angst, abgeschoben zu werden.

Damoklesschwert Abschiebung

Nachdem die Ausländerbehörde den Antrag auf Aufenthaltsgenehmigung abgelehnt hatte, legten Parsa und seine Mutter mit der Hilfe von zwei Anwälten Einspruch ein. Der junge Iraner trat vor Gericht ohne die Hilfe eines Dolmetschers auf. Genützt hat das nichts. „Es hat die Behörden auch nicht interessiert, dass ich einen Schulabschluss gemacht hatte und mitten in der Ausbildung war“, erzählt er. Die entscheidende Wendung kam erst, als sich Alexander Repp persönlich für ihn einsetzte und ein Gespräch mit dem Landrat des Wetteraukreises führte. Mittlerweile muss der 22-jährige Geselle seine Aufenthaltsgenehmigung alle zwei Jahre erneuern. Seine Mutter hingegen wird immer noch nur „geduldet“. Und das obwohl sie hier in Deutschland eine Ausbildung zur Altenpflegerin absolviert hat und seit vier Jahren in der Altenpflege arbeitet. Alle drei Monate muss sie „aufs Amt“ und erneut den Antrag auf Duldung stellen.

Seiner Kreativität hat diese ständige Unsicherheit nichts anhaben können. Diese stellte er unter Beweis, als er für den Wettbewerb „Metallbau setzt Akzente“ einen außergewöhnlichen Baumschutz aus Metall kreierte. Für die Form ließ er sich vom menschlichen Brustkorb und den Rippen inspirieren, die die Lunge schützen – „so wie die Bäume uns beschützen und den für uns wichtigen Sauerstoff liefern“, erläutert Parsa. Da „knochenfarben“ zu langweilig gewesen wäre, sind die ineinander verschlungenen Metallstäbe rot und blau – und erinnern so an den Blutkreislauf.

Jeden Tag etwas Neues

Eine Art Meister war Parsa schon während der Ausbildung. Scherzhaft wurde er von den Kollegen und Kolleginnen als Poliermeister tituliert. Denn für das Polieren von Edelstahl hat er ein besonderes Geschick entwickelt. Er probiert immer wieder neue Techniken aus, um den Poliervorgang zu verbessern. „Das Schwerste dabei ist, die Ecken sauber zu bekommen, denn dafür gibt es keine spezielle Maschine oder ein Gerät; ich habe immer neue Sachen gebastelt – mit Vlies und einmal mit einer Dachlatte, damit man besser rankommt.“ Und weiter: „Um das Bauteil zu säubern, nimmt man zuerst Elektrolytreiniger. Ich habe vorgeschlagen, danach das Teil mit Seifenwasser abzuwischen statt nur mit Leitungswasser, weil das die Säure neutralisiert.“

Durch seine Art, immer etwas verbessern zu wollen, eckt er auch schon mal an. Er diskutiert mit dem Chef ebenso wie mit den Lehrern und Mitschülern an der Berufsschule. Und lässt sich nicht davon entmutigen, wenn ihm ein „Das macht man aber nicht so!“ oder „Das darf man nicht“ entgegenschallt. „Zu 90 Prozent sind die Reaktionen aber positiv, weil meine Ideen am Ende doch funktionieren“ erzählt er ganz selbstbewusst. „Zuhören, ausprobieren und dann versuchen, es zu verbessern“ – so lautet sein Motto.

Auf Augenhöhe mit dem Chef

Auch wenn sich Alexander Repp erst daran gewöhnen musste, dass Parsa vieles in Frage stellt und mit ihm auf Augenhöhe diskutiert, war der Auszubildende und heutige Geselle für den Chef des Betriebs ein Glücksfall; der Azubi aus Isfahan hat ihn nicht nur mit seinem Geschick und seiner schnellen Auffassungsgabe beeindruckt: „Parsa Aboutalebian gehört mit Abstand immer zu den bestangezogensten Männern, wenn wir auf einem Seminar oder einer Veranstaltung sind.“ Auch zum Meeting per Videokonferenz erscheint der junge Mann im weißen Hemd und berichtet wortgewandt und sachlich von seinen Erfahrungen. Alexander Repp sieht für ihn beste Chancen in seinem Betrieb und sagt: „Ich kann die Behörden nicht verstehen, die angesichts des Fachkräftemangels solche engagierten und talentierten junge Männer abschieben möchten.“

Der junge Iraner selbst ist davon überzeugt, dass ihm hier in Deutschland alle Möglichkeiten offenstehen. Eine Rückkehr in den Iran schließt er aus. Er bricht sogar eine Lanze für das Handwerk insgesamt und appelliert an seine AltersgenossInnen: „Das Handwerk bietet unbegrenzte Möglichkeiten, auch wenn es weniger ‚sexy‘ klingt, als wenn man sagen würde, dass man studiert.“

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