Ingenieurpreis Deutscher Stahlbau
05.11.2024 |Der Ingenieurpreis in der Kategorie Brückenbau wurde Prof. Dipl.-Ing. Helmut Drewes sowie Prof. Dr.-Ing. Martin Speth für eine Fußgängerbücke über die Dahlke zuerkannt, Architekt ist Peter Carl. Die Dahlkebrücke in Gütersloh beeindruckt durch ihre ausgewogene Kombination aus intelligentem Engineering, effizienter Materialnutzung, niedrigem Instandhaltungsaufwand und ansprechendem Design.
Die Dahlkebrücke in Gütersloh.
Foto: Benno Schulz Fotografie
Die Dalkepromenade in Gütersloh bildet als Fuß- und Radwegeverbindung entlang der Dalke eine wichtige Verbindung zwischen dem historischen Stadtkern und dem westlich an die Stadt angrenzenden Landschaftsraum. Durch die Sperrung und den Abriss der 2018 als nicht mehr sanierungsfähig eingestuften Fußgängerbrücke über die Bundesstraße 61 wurde diese Wegeverbindung kurzfristig unterbrochen. Der anschließend ausgeschriebene Wettbewerb zur Entwicklung eines Ersatzneubaus bot die Chance, eine barrierefreie Verbindung in Form eines innovativen Stahl-Tragwerks von West nach Ost zu schaffen und den umliegenden Landschaftsraum neu zu gestalten.
Alle Elemente tragend
Zur Entwicklung einer möglichst schlanken Lösung für das Tragwerk wurde der Ansatz gewählt, alle Elemente der Brücke tragend auszubilden: Vom Überbau bis hin zum notwendigen Geländer sind alle Bauteile integraler Bestandteil des Primärtragwerks. Dem Prinzip „Alles trägt, aber nichts trägt nur“ getreu übernimmt das Tragwerk aber nicht nur die Aufgabe des Tragens, sondern gleichermaßen die Gestaltung sowie die Gewährleistung der Funktionalität der Brücke. Als Durchlaufsystem über insgesamt neun Felder mit Spannweiten von 14,55 m bis 30,00 m und im Grundriss gekrümmter Form hat die Brücke eine Gesamtlänge von 200,70 m. Dazu kam im Zuge der geänderten Wegeführung eine kurze Brücke im Osten des Weges, die nach dem gleichen Prinzip entwickelt wurde und bei einer Spannweite von 17,0 m einen parallelogrammförmigen Grundriss hat. Der Querschnitt ist als Trogquerschnitt mit einer Gesamthöhe von 1,57 m ausgeführt, bei dem die absturzsichernden Geländer die Stege bilden. Wo jedoch gewöhnlich opake Stegbleche mit angeschweißten, flachen Obergurten das Bild dominieren, kommen hier 40 mm starke Bleche zum Einsatz, aus denen das gesamte Geländer mitsamt der Gurte geschnitten wurde. Der Zuschnitt erlaubt ein hohes Maß an Transparenz und eine optimierte Materialausnutzung, die sich in einem feinen Muster aus vertikalen Streifen manifestiert. Das vertikale Pfostenmuster wird mit einem horizontalen Band an spielerisch undulierenden Kurven überlagert, deren Verlauf den Kraftfluss im Bauwerk für die Nutzer anschaulich abbildet. Ein torsionssteifer Hohlkasten mit einer Höhe von 20 cm bildet als Untergurt des Trogquerschnitts zugleich die Gehwegplatte.
Minimalistischer Ansatz
Die Haupttragelemente kommen ohne Verbindungsmittel wie Schrauben oder Schweißen aus, was zu einem minimalistischen, aufgeräumten und eleganten Ergebnis führt. Der Einsatz von wetterfestem Stahl und der Verzicht auf Korrosionsschutz unterstreichen den minimalistischen Ansatz der Konstruktion.
„Die Dahlkebrücke in Gütersloh beeindruckt durch ihre ausgewogene Kombination aus intelligentem Engineering, effizienter Materialnutzung, niedrigem Instandhaltungsaufwand und ansprechendem Design“, so Laudator Bart Halaczek, Director Knight Architects (London). „Technisch überzeugt der Steg durch den cleveren Einsatz von Materialien. …Die Materialstärke und die Krümmung der Geländerplatten sorgen für ausreichende Knickaussteifung, sodass zusätzliche Verstärkungen der Obergurte nicht notwendig sind. Dabei ist es bemerkenswert, dass die Stabilitätsnachweise mit dieser neuartigen Form entsprechend geführt wurden. Architektonisch besticht die Brücke durch die konsequente Kombination von Tragwerk, Funktion und Ornament, wodurch ein attraktives und dauerhaftes Infrastrukturbauwerk mit hohem Wiedererkennungswert entstand.“
Die Dahlkebrücke hat eine Gesamtlänge von 200 m.
Foto: Benno Schulz Fotografie
Bautafel
Preisträger: Prof. Dipl.-Ing. Helmut Drewes & Prof. Dr.-Ing. Martin Speth, Drewes + Speth–Beratende Ingenieure im Bauwesen Partnerschaftsgesellschaft mbB (Hannover)
Architektur: Lohaus Carl Köhlmos PartGmbB Landschaftsarchitekten · Stadtplaner (Hannover)
Stahlbau: Heinrich Rohlfing GmbH (Stemwede-Niedermehnen)
Bauherr: Stadt Gütersloh – Fachbereich Tiefbau