Messerückblick

Die IHM 2018

Metallbau steht für Handwerkstugend

Auf der Internationalen Handwerksmesse 2018 wurde klar, dass die Digitalisierung im Handwerk einen großen Teil eingenommen hat. Zahlreiche neue Lösungen und Produkte wie 3D-Scanner oder vernetzte Werkzeuge wurden präsentiert. Trotzdem bewähren sich nach wie vor auch alte Handwerkstugenden wie Unternehmergeist, Entwicklungsfreude und Innovation – vor allem im Metallbau.

Während es vor nicht allzu langer Zeit in den Messehallen der Internationalen Handwerksmesse noch hämmerte, sägte oder kreischte, müssen heute, im Jahr 2018 ein paar andere Verben herhalten: es surrte, brummte und zischte. Willkommen im Zeitalter der Digitalisierung! Willkommen in der nächsten Generation, die zeigt, was kommt! So zumindest lautete das Motto der IHM 2018. Die Millennium-Babys sind inzwischen volljährig und einige von ihnen haben sich für einen Beruf im Handwerk entschieden. Diese Digital Natives sind im Handwerk angekommen und das zeigte sich bereits am Eingang West auf der neu geschaffenen Erlebnisfläche „Design Spirit – Arbeitswelten und Produkte von morgen“. Die Messegäste erhielten dort Einblicke zum Beispiel in Hightech-Werkstätten mit 3D-Scannern, die sie auch gleich selbst ausprobieren konnten. Das weckte natürlich die Neugierde und es stellte sich die Frage, ob hinter den Drehkreuzen schon der erste 3D-gedruckte smarte Wintergarten mit 1a-Wärmedämmwerten von irgendeiner Digital Metall Gmbh zur Weltpremiere aufwartet. An dieser Stelle sei gespoilert: Nein! Tat er nicht. Aber – die allgemeine Aufgeschlossenheit, Neugierde und Akzeptanz der Messebesucher und Aussteller für das Digitale war durchaus spürbar. Früher liefen zahlreiche Menschen im Ziegel- oder Wärmedämm-Maskottchen-Kostüm durch die Gänge, 2018 trug man Masken in Form von Virtual-Reality-Brillen. Die Tollpatschigkeit dabei aber blieb unverändert.


Bundeskanzlerin besucht mobile Schmiede

Rund 1.000 Aussteller aus etwa 60 Gewerken zeigten vom 7. bis zum 13. März 2018 den insgesamt 124.000 Besuchern Leistungen und Qualitäten des Handwerks. Das Metallhandwerk war auch gut vertreten. Besonders Privatkunden schätzten das Angebot aus Wintergärten, Treppen, Geländern, Einhausungen, Sonnenschutzelementen. Sie interessierten sich aber auch für das Handwerk an sich wie das Bolzenschweißen oder die Kunstschmiede. Das haben sie mit Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel gemeinsam, die den Inhaber und Meister Wolf-Dieter Wittig der Krellschen Schmiede anno 1678 aus Wernigerode bei ihrem Messerundgang besucht hat. Dieser Besuch blieb nicht die einzige Auszeichnung für die Metallbau-Branche. Und die bewies vor allem, dass Entwicklungsgeist und Innovationsfähigkeit eine zeitlos erfolgreiche Gabe ist.


Preise für Metallbauer

Gleich zwei Bundespreise für hervorragende innovatorische Leistungen für das Handwerk gingen 2018 an Metallbauer. Wenig überraschend war wohl der Erfolg des Unternehmens Heinz Soyer Bolzenschweißtechnik aus Wörthsee, das schon zum 13. Mal mit diesem Preis ausgezeichnet wurde: 2018 für das Hochleistungs-Akku-Bolzenschweißgerät mit Hubzündung und SRM-Technology „BMK-8i ACCU“. Es eignet sich für mobile Einsätze ohne Stromnetz wie Fassadenmontagen in großer Höhe und ist mit nur acht Kilogramm tragbar und bis zu einer Bolzendicke von 8 mm konzipiert. Das Lademodul zum Aufladen des Akkus ist integriert. Für Endverbraucher klingen diese Produkteigenschaften vermutlich wie klingonisch, aber Soyer erhielt trotzdem deren volle Aufmerksamkeit. „Wir verkaufen hier auf der IHM teilweise mehr als auf den Fachmessen“, sagte Forscher und Entwickler Dipl.-Ing. Andreas Jilg und erklärte weiter, „hier auf der IHM kommt auch mal der ein oder andere Schlosser an unseren Stand, der bereits vor Ort eine schnelle Kaufentscheidung trifft und in ein neues Gerät investiert.“ Einen weiteren Grund, weshalb Soyer so groß auf der IHM vertreten war, nannte Kollege Jürgen Thoma aus dem Vertrieb: „Wir sind hier auch aus Tradition. Wir fühlen uns mit dieser Messe sehr verbunden.“ Soyer hatte ein schönes Spielzeug für Besucher dabei, das mindestens so spannend ist wie ein 3D-Scanner, der Filz-Schlüsselanhänger drucken kann: ihr Bolzenschweißgerät. Damit durften Standbesucher selbst schweißen und ihr Werkstück als Souvenir mit nach Hause nehmen.

Ebenfalls mit dem Bundespreis 2018 ausgezeichnet wurde der Betrieb von Johann Moissl Metallbau aus dem niederbayerischen Kröning. Er erhielt zum ersten Mal diesen Preis für seine Arbeit. In diesem Fall für sein Produkt „MOment“ – ein manuelles Prüfgerät für Dübel-Auszugswerte. Es zeichnet sich durch eine einfache Handhabung in vielfältigen Anwendungsbereichen aus. Gerade bei zweifelhaften Untergründen wie Bestandsmauerwerk oder Lochziegel kann damit schnell und mit geringem Aufwand festgestellt werden, ob die Dübel mit ausreichender Haltekraft gesetzt werden können. MOment kann bei der Befestigung von schweren Gegenständen wie Vordächern und Markisen an Fassaden verwendet werden und gilt als kostengünstig. Das ganze Set aus Koffer und allen Adaptern sowie Drehmomentschlüssel ist für 445 Euro zu haben. Johann Moissl freute sich sehr über den Preis und über die Resonanz an seinem Messestand. „Wir sind erst seit Herbst 2017 mit diesen Produkten aktiv und damit quasi ein Start-up. Dass wir gleich eine solche Auszeichnung erhalten, macht uns stolz und glücklich.“


Innovation gewinnt!

Ein weiteres Beispiel für das Prinzip „keep it simple and smart“ ist das Produkt Juun25 vom Hersteller Umbratec. Es wurde auf der Sonderschau „Innovation gewinnt!“ von den beiden Geschäftsführern Dipl.-Ing. Wilfried Schönbohm und Dipl.-Ing. Andreas Neunaber vorgestellt. Juun25 kann wie ein Plissee frei verschiebbar von oben oder unten in jede gewünschte Höhe im Fenster positioniert und zusätzlich der Lamellenwendewinkel individuell eingestellt werden. Hierfür wurde die Lamellenverstellung mittels einer Tragwelle realisiert, die ohne die sonst übliche Verstellmechanik auskommt. Dadurch ist das Design des Produktes auf das Wesentliche reduziert. Es ist einfach und intuitiv bedienbar. „Wir stellen zum ersten Mal auf der IHM 2018 aus und sind von der Resonanz sehr beeindruckt“, sagte Schönbohm und sein Partner Neunaber ergänzte: „Bislang hatten wir nur Produkte fürs Fachpublikum im Portfolio. Beim Endverbraucher kommt Juun25 gut an. Das zeigt uns, dass wir den richtigen Weg eingeschlagen haben.“

Auch Stefan Brosche von Mattern & Co aus Augsburg schätzt die IHM-Besucher. Er stellte schon mindestens zum zehnten Mal in München aus und zeigte auch in diesem Jahr ganz klassische Metallbau-Lösungen wie Geländer, Treppen oder Mülltonnen-Einhausungen. 3D-Scanner gab es auch bei ihm am Stand nicht, aber er äußerte sich zum Fortschritt der Digitalisierung im Metallbau-Handwerk: „Derzeit sehe ich keine Vorteile für unser Gewerk, die Digitalisierung im Sinne des Handwerks 4.0 einzuführen, aber ich denke, dass zum Beispiel ein klassischer Montagebetrieb beim Erfassen der Online-Stundensätze viel größere Vorteile hat als wir Metallbauer in der Werkstatt.“ Sein Erfolg gibt ihm Recht: „Wir haben seit acht Jahren volle Auftragsbücher. Uns geht’s gut!“ ist Brosches Fazit.


Die Digitalisierung im Handwerk

So weit von den Verarbeitern. Ganz anders klangen die Töne aus den Reihen der Theoretiker. Zum Beispiel vom Kompetenzzentrum Digitales Handwerk, das mit einem großen Messestand vertreten war. Dort hatten Besucher die Möglichkeit, Virtual-Reality-Brillen auszuprobieren oder im Bagger-Simulator zu „fahren“. Das Standpersonal setzte sich aus Vertreterinnen und Vertretern der verschiedenen Schaufenster – so nennen sie die verschiedenen Standorte und Kompetenz-Nischen – zusammen. Sie sehen die Zukunft des Handwerks durch die digitale Brille. Das Schaufenster Digitales Bauen beispielsweise mit Sitz in Krefeld verfolgt das Ziel, Handwerker für das digitale Bauen zu sensibilisieren und zu qualifizieren. Irgendwann sollen digitale Aufmaße, der Einsatz von Drohnen, 3D-Scans oder BIM alltäglich werden. Der wohl konkreteste Umbruch wird mit der gesetzlichen Verpflichtung zur digitalen Rechnungsstellung einhergehen. Spätestens dann müssen sich alle mit eigenem Handwerksbetrieb auf die Digitalisierung eingelassen haben.


www.soyer.de

www.johann-moissl.de

www.mattern-augsburg.de

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