Izmit Bay Bridge

Vier Meter mehr Spielraum bei Erdbeben

Das Stahlbauunternehmen Maurer in München ist am Bau der Hängebrücke über der Izmit Bay beteiligt. Die Brücke wird für Erdbeben bis Stärke 8 auf der Richterskala ausgelegt. Der Bau der Brücke begann 2012, 2017 soll sie eröffnet werden. Die Kosten belaufen sich auf ca. 800 Millionen Euro.


Die Izmit Bay Bridge (Türkisch: Izmit Körfez Köprüsü) liegt im Osten des Marmarameeres, westlich von Izmit und rund 50 km südöstlich von Istanbul. Sie bildet ein Teilstück der Autobahn Istanbul-Izmir und überbrückt die Izmit Bay in Nord-Süd-Richtung. Das wird die Fahrtzeiten in der Region deutlich verkürzen.
Kernstück der Izmit Bay Bridge mit drei Fahrspuren in jede Richtung ist die 2,7 km lange Hängebrücke. Sie verläuft 64 m über Grund. Ihre Hauptspannweite wird 1.550 m betragen — die zweitlängste Spannweite der Welt. Die Auffahrtsrampen sind 566 m lang, die Gesamtbrücke ist bis zu 35,40 m breit.
Für die Hängebrücke baute Maurer spezielle Übergangskonstruktionen mit Sollbrucheinrichtung (Fusebox), die im Ernstfall Bewegungen bis zu +/- 3.800 mm erlauben und zudem nach dem Erdbeben überfahrbar bleiben.

Erdbebensichere Fahrbahnübergänge
Die Izmit Bay liegt in einer der aktivsten Erdbebenzonen der Welt. Die tragende Konstruktion der Hauptbrücke besteht aus Beton und hochfestem Stahl, letzterer insbesondere auch für die beiden 252 m hohen Pylone und die Seile. Die Pylone ankern in Betonfundamenten, die auf riesigen Kiesbetten liegen und dort im Falle eines größeren Erdbebens gleiten können. Das entkoppelt die Brücke zumindest teilweise von den gewaltigen Erdbebenenergien.
Doch es geht nicht nur um den Erhalt des Bauwerks. Kritischer Punkt beim Erdbeben sind extreme horizontale Bewegungen: Wenn der Brückenkörper während der Erdbebeneinwirkung an seiner freien Bewegung behindert wird, kann dies die Tragfähigkeit des Bauwerks gefährden.
Gefragt sind also Dehnfugen mit Sollbruchstellen, die im Erdbebenfall weitere Wege zulassen und die dennoch danach befahrbar bleiben. Maurer hat für diesen besonderen Bewegungsfall Übergangskonstruktionen (Ükos) mit Fusebox entwickelt.
Die Ükos mit 28 Lamellen machen schon im Servicebetrieb Bewegungen von +/- 1.400 mm. Im Falle eines angenommenen 500-Jahre-Erdbebens leisten sie +/- 3.770 mm, also rund 2 m mehr in beide Richtungen. Diese Zusatzgleitwege eröffnet eine Fusebox, eine Sicherungseinrichtung mit Sollbruchstelle.
Die Besonderheit der Fusebox ist, dass die Dehnfuge auch die extremen Bewegungen mitmacht: Wenn das Erdbeben eine Schließbewegung und anschließend eine Öffnung verursacht, gehen die Dehnfugen weiter mit und öffnen sich wieder. Das gewährt die Überfahrbarkeit für Notfallfahrzeuge. Die Dehnfuge selbst ist nach Aktivierung der Sollbrucheinrichtung nicht beschädigt. Letztere kann aber einfach instandgesetzt werden.

Funktionalität getestet
Getestet wurde das komplette System bei ENEA (Agenzia Nazionale per le Nuove Tecnologie, l’Energia e lo Sviluppo Economico Sostenibile) in Casaccia, Italien. Für das 500-Jahre-Erdbeben wurde eine Bauwerksbeschleunigung von bis zu 0,2 g angenommen und getestet. Die Versuche bestätigten die Funktionalität der Dehnfugen.
Maurer entwickelte, produzierte und testete alle vier Brückenfugen: Zwei 28-profilige Dehnfugen (Typ DS 2800-F2) mit 100 mm Fugeneinzelspalt, je 25,40 m breit sowie zwei 5-profilige Dehnfugen (Typ DS400-F2) mit 80 mm Fugeneinzelspalt und 30,40 m bzw. 28,00 m breit. Die 5-profiligen Dehnfugen am Nordufer wurden im September 2015 eingebaut. Sie sind länger, weil sich die Brücke dort mit Auf- und Abfahrtsrampen weitet. Die 28-profiligen Fugen werden 2016 eingebaut. ⇥red ◊

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