Interview

Walter Lonsinger vom A|U|F

„Eigene Ressourcen stärker ausschöpfen!“

Über den A|U|F werden derzeit rund 31% des in Deutschland angefallenen Aluschrotts zu neuen Profilen aufbereitet; so werden ca. 270.000 t CO2 eingespart. Seit Oktober 2019 wurden 29 neue Mitglieder gewonnen. Im Interview hat der Vereins-Vorsitzende Walter Lonsinger berichtet, wie sich diese Rate steigern lässt.

metallbau: Herr Lonsinger, Nachhaltigkeit ist für den A|U|F seit über 25 Jahren Thema. Was trieb Sie und die Initiative schon damals an?

Walter Lonsinger: Als die Initiative 1994 von fünf Systemhäusern gegründet wurde, war das Ziel in erster Linie die Aufklärung über die Recyclingfähigkeit von Aluminium. Einher ging damit das Bestreben, Teile des bestehenden Verbots von Aluminium zu beenden und Anwendungseinschränkungen zu vermeiden. Manche meinten und meinen heute immer noch, dass Aluminium nicht recycelfähig ist. Was natürlich nicht stimmt. All die Vorteile von Sekundäraluminium haben wir damals auf den Plan gebracht. Es verhält sich ja so, dass dessen Herstellung viel weniger Energie benötigt und auch viel weniger CO2 emittiert als Primäraluminium. Sämtliche Anwendungseinschränkungen und Verbote für Aluminium wurden dann wieder aufgehoben.

metallbau: Wie oft kann man Aluminium wieder dem Produktkreislauf zuführen?

Lonsinger: Unendlich oft, ohne Verluste. Ich baue heute eine Fassade, nutze diese ca. 30 bis 50 Jahre, baue sie zurück, schmelze das Material ein und mache wieder eine neue Fassade daraus. Danach beginnt der Prozess von vorne. Stellen Sie sich vor, 75 Prozent des jemals produzierten Aluminiums sind immer noch im Einsatz! China liefert heute rund 57 Prozent des Primäraluminiums und bereits ca. 50 Prozent des Sekundäraluminiums. Mit dem A|U|F wollen wir verhindern, dass Schrotte nach China gehen! Abgesehen von dem ökonomischen Verlust, der uns durch diesen Export entsteht, erfolgt die Aufbereitung des Schrotts zu neuen Profilen in Asien mit wesentlich weniger Umweltschutz, als das bei uns der Fall ist.

metallbau: Auf Ihrer Webseite ist die Rede von urbanen Lagern. Was hat es damit auf sich?

Lonsinger: In Deutschland gibt es ja so gut wie kein Bauxit, aus dem Aluminium gewonnen wird. Wir haben aber sogenannte urbane bzw. anthropogene Lager. Damit bezeichnet man allgemein den Gebäudebestand in den Städten im Sinne des Cradle-to-Cradle-Prinzips. Es geht darum, dass die darin verbauten Rohstoffe beim Rückbau wieder dem Kreislauf zugeführt werden.

metallbau: Was erwarten Sie von der Politik?

Lonsinger: Sie könnte zum Beispiel die Vorschrift erlassen, dass in Ausschreibugen der Lieferant bevorzugt wird, der vorrangig Sekundärrohstoffe anbietet. Das Mindeste, was ich erwarte, ist, gesetzlich vorzuschreiben, dass der Nachweis eines geschlossenen Wertstoffkreislaufs geliefert werden muss. Etwa durch ein Zertifikat vom A|U|F. Manche Kommunen und auch viele private Bauherren fordern einen solchen Nachweis bereits ein. Es wird aber immer noch zu viel über diese Ansätze geredet, als dass auf Gesetzesebene wirklich etwas passiert.

metallbau: Sehen Sie Chancen auf EU-Ebene?

Lonsinger: Das ist pauschal schwer zu sagen. Unser Verein ist ausschließlich in Deutschland tätig, und das soll in Zukunft auch so bleiben. Durch den Green Deal gepuscht, werden wir uns jetzt aber sicherlich viel intensiver innerhalb der EU einbringen und unsere Leistung und Erfahrung beim EU-Parlament und den EU-Institutionen bekannt machen. Wir unterstützen jedes Land, das eine Organisation wie den A|U|F oder einen vergleichbaren Verband aufbauen möchte.

metallbau: Und, tut sich schon etwas?

Lonsinger: In England wurden wir von der English Aluminium Association eingeladen. Wir haben uns vorgestellt und viel Beifall erhalten. Auch in der Schweiz ist man an unserer Arbeit interessiert. Über den europäischen Aluminiumverband hat uns Frankreich kontaktiert. Sobald Corona es zulässt, werden wir uns auch mit einigen zuständigen EU-Parlamentariern treffen.

metallbau: Wie hat sich die Pandemie auf die Alu-Kreislaufwirtschaft ausgewirkt?

Lonsinger: Das Bauwesen hat die Krise bisher einigermaßen gut weggesteckt, aber das könnte sich in den nächsten zwei, drei Jahren ändern. Zum Beispiel, weil geplante Bauvorhaben aufgrund mangelnder Gelder oder geänderter Anforderungen nicht mehr ausgeführt werden. Was aber die Rohstoffversorgung angeht, waren und sind durch Corona ganze Lieferketten gefährdet. Deswegen müssen wir umso mehr in Zukunft dafür sorgen, dass wir von Importen unabhängiger werden und eigene Ressourcen wie Recyclingaluminium stärker ausschöpfen.

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