Walter Lonsinger vom AIUIF
„Immer mehr Betriebe setzen auf Nachhaltigkeit!“Walter Lonsinger freut sich, dass immer mehr Betriebe ihren Aluschrott für den Wertstoffkreislauf des AIUIF sammeln. Im ersten Halbjahr 2021 wurden mit 44.366 t fast so viel Aluminium-Schrotte vom AIUIF erfasst und zurück in den Wertstoff-Kreislauf gebracht wie im gesamten Vorjahr (45.642 t).
metallbau: Wie entwickeln sich die AIUIF-Mitglieder-Zahlen und die Aluschrottmenge.
Walter Lonsinger: Zu unserer großen Überraschung entwickeln sich sowohl unsere Mitgliederzahlen als auch die Schrottmengen positiv. Im Verlaufe des ersten Halbjahrs 2021 stieg die Zahl der Mitglieder auf rund 220. Immer mehr Unternehmen erkennen, dass eine seriöse Bilanzierung von Schrotten und Abfällen in der Produktion, bei Abbruch und Sanierung sowie beim Neubau ein wichtiges Merkmal im Wettbewerb um Ausschreibungen und Aufträge sind. Die Mitgliedschaft in einer Organisation, die sich der Ressourceneffizienz widmet, wird immer wertvoller für die Unternehmen. Bei den Mengen gab es einen deutlichen Sprung nach oben. Die über den AIUIF bilanzierte Menge an Aluminiumschrotten aus dem Baubereich wuchs um rund 10.000 Tonnen. Unsere Jahres-Gesamtmenge stieg damit 2020 auf etwas mehr als 45.000 Tonnen. Damit nähert sich unser Marktanteil der Marke von 50 Prozent.
metallbau: Sie plädieren dafür, dass Aluminiumschrotte in Europa verbleiben, hier aufbereitet werden und dem geschlossenen Wertstoffkreislauf zugeführt werden!
Lonsinger: Sekundärmetall ist derzeit weltweit begehrt. In Deutschland hat in den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres die Produktion von Sekundäraluminium um etwa 20 Prozent auf über 300.000 Tonnen zugenommen. Im gleichen Zeitraum ist die Herstellung von Primäraluminium um drei Prozent auf knapp 260.000 Tonnen zurückgegangen. Die Metall- und Schrottpreise sind deutlich im Aufwärtstrend. Dahinter steht klar das Bemühen, die Klimaverträglichkeit der Produkte zu verbessern und die Energieeffizienz zu steigern. Diese Entwicklung ist grundsätzlich positiv. Aber wir müssen darauf achten, dass die Schrotte in geschlossenen Wertstoffkreisläufen geführt werden, um Qualitätsverluste zu vermeiden und die Einsparpotentiale bei Energie und Emissionen optimal auszuschöpfen. Geschlossene Wertstoffkreisläufe lassen sich derzeit nur in überschaubaren Märkten realisieren. Die Marktbedeutung des AIUIF reicht nicht aus, diesem Anliegen die notwendige Durchsetzungskraft zu verleihen. Wir brauchen die Unterstützung durch Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.
metallbau: Werden in Ausschreibungen häufiger Nachweise über die Verarbeitung von Sekundärrohstoffen gefordert?
Lonsinger: Die Zahl steigt. Die Entwicklung unserer Mitgliedszahlen spricht eine deutliche Sprache. Aber das Problem ist komplex. Bei den Gesprächen mit öffentlichen Aufraggebern weisen wir immer darauf hin, dass der Anteil des Sekundärmetalls bei neuen Produkten von den Schrottmengen, die aus Produktion, Abbruch und Renovierung in den Wertstoffkreislauf fließen, abhängig ist. Wir fordern gerade die öffentlichen Bauherren auf, sich für die Stärkung des geschlossenen Wertstoffkreislaufs einzusetzen. Je mehr Altmaterial in den Kreislauf eingeführt wird, desto höher kann der Sekundärmetallanteil bei neuen Produkten sein. Die Unterstützung und Förderung der Kreislaufwirtschaft in Form von entsprechenden Nachweisen gerade auch durch die Metallbauer ist noch stark ausbaufähig.
metallbau: Welche europäischen Länder zeigen Interesse am AIUIF-Konzept?
Lonsinger: Aktuell gibt es in Österreich Initiativen, ein Modell nach dem Vorbild des deutschen AIUIF zu organisieren. Aber auch im Vereinigten Königreich und in der Schweiz besteht Interesse. Außerdem führen wir einen Dialog mit den europäischen Verbänden der Aluminiumindustrie. Allerdings geht es uns nicht darum, dass der AIUIF in anderen Ländern aktiv wird. Wir stellen ausschließlich unser Know-how zur Verfügung.
metallbau: Wie ist die Lage der Fenster- und Fassadenbranche?
Lonsinger: Auswirkungen der Pandemie sind offensichtlich: ... Produktionskapazitäten, Lieferketten und Nachfrage befinden sich nicht im Gleichgewicht. Das gilt für Bleche und Profile gleichermaßen. Hinzu kommen die regionalen Auswirkungen der jüngsten Naturkatastrophen. An Liquidität mangelt es nicht. Vor allem die öffentliche Hand, aber auch die privaten Konsumenten sind ausgabe- und investitionswillig. Die aktuellen Preisentwicklungen im Baubereich scheinen beherrschbar. Wir müssen unser gesamtes System robuster machen, Abhängigkeiten abbauen, Lagerbestände wieder aufbauen und die Produktion flexibilisieren.
metallbau: Der öffentliche Druck auf Unternehmen, nachhaltig zu agieren, ist um ein Vielfaches gestiegen. Wie lässt sich heute ernst gemeinte Nachhaltigkeit und PR unterscheiden?
Lonsinger: Nachhaltigkeit und Öffentlichkeitsarbeit sind keine Gegensätze. Der Dialog mit Politik und Öffentlichkeit ist essentiell, um die Veränderungen in den Unternehmen zu kommunizieren, Innovationen in Markterfolg umzusetzen und auf Erwartungen von Markt und Kunden zu reagieren. Etwas ganz anderes ist das sogenannte Greenwashing. Nachhaltigkeit sollte immer aus dem Unternehmen kommen oder gleichmäßig über die Wertschöpfungskette verteilt werden. Der Metall- und Fassadenbau ist innovativ und zukunftsfähig und beeinflusst maßgeblich moderne Gebäudetechnik. Hier entwickelt sich Nachhaltigkeit auf solider Basis. In unserer aktuellen Schrottstudie aus dem Jahre 2020 konnten wir wichtige Trends der Nachhaltigkeit aufzeigen: In Deutschland fallen pro Jahr etwa 110.000 Tonnen Aluminiumschrotte im Baubereich an. Davon stammt knapp ein Drittel aus Produktion und Verarbeitung. Die Unternehmen des Metall-, Fenster- und Fassadenbaus liefern insgesamt rund 28.800 Tonnen Schrotte an, das sind im Durchschnitt etwa 20 bis 25 Tonnen pro Betrieb und Jahr. Wir konnten ermitteln, dass die Unternehmen des Metall-, Fenster- und Fassadenbaus etwas mehr als die Hälfte ihrer Schrotte direkt an Aufbereiter weitergeben. Etwas weniger als die Hälfte geht an Schrotthändler und Entsorger. Wir gehen davon aus, dass die gesamte Menge nahezu vollständig im Inland verbleibt und einer Wiederaufbereitung unterzogen wird. Hier ist noch Luft nach oben, aber das Erreichte ist vorzeigbar und vorbildlich.