Schweissen & Schneiden
Rückblick – Teil 1Bevor die Messe Schweissen & Schneiden die Corona-Zwangspause einlegen musste, zählte die Veranstaltung ca. 50.000 Fachbesucher. Der Restart im September in Essen hat mit ca. 820 Ausstellern und 40.000 Fachbesuchern aus über 120 Nationen den internationalen Branchentreff bestätigt. Die Wirtschafts Woche hat jüngst berichtet, dass in China und Indien Visaanträge für Reisen nach Deutschland zwischen vier und zwölf Wochen dauern und so den Messestandort hierzulande schwächen.
Die Umfragen der Messe Essen haben ergeben, dass von den 826 Ausstellern aus 40 Nationen 94 Prozent an der Schweissen & Schneiden 2025 teilnehmen möchten. Ein Grund dafür sind sicher die qualifizierten Besucher, die laut Messe Essen zu 83 Prozent über Anschaffungen in ihrem Unternehmen entscheiden.
Digital gegen Fachkräftemangel
Die Entwicklung der Schweißtechnik wurde in den vergangenen Jahren von der Digitalisierung, dem Fachkräftemangel, aber auch von optimierten Grenzwerten beim Arbeitsschutz getrieben. Fronius hat in Essen zwei Schweißsimulatoren vorgeführt, die die Ausbildung von Schweißern mittels VR-Brille erleichtern und für die Schüler den sonst üblichen Umgang mit metal-lurgischen, physikalischen und elektrotechnischen Prozessen risikolos gestalten. Zudem wird beim virtuellen Schweißen weniger Schweißschutzgas, Material, Strom usw. verbraucht und das Üben kann ohne Rücksicht auf die Kosten im Vordergrund stehen. Damit beim Einsatz des Simulators der gesamte Ausbildungskurs beschäftigt ist, gibt es ein Tool mit abgestimmten Lernaufgaben im Wechsel zum Training im Simulationsmodus. Zwei Simulatoren im Wert von ca. 22.000 Euro spendet Fronius den Ausbildungsstätten Caritas Österreich und BerufsBildungsWerk Greifwald. Dafür gab es auf dem Messestand keine Giveaways.
Ebenfalls Antwort auf den Fachkräftemangel ist der WeldCube Navigator. Der digitale Schweißfolgeplan leitet den Schweißer gezielt durch die Aufgaben eines Bauteils. Der Sequencer führt mittels Bildern schrittweise durch die Arbeitsabläufe, zeigt an, was wie zu tun ist, und wählt vordefinierte Schweißparameter automatisch am Schweißgerät aus. Im Editor können die nötigen Arbeitsanweisungen ganz einfach digitalisiert werden. Mit diesem Support können Fachkräfte flexibel zwischen unterschiedlichen Arbeitsplätzen wechseln, die Einarbeitung geht einfach und schnell.
Automation forciert Ausbau
Für den Umsatz der Hersteller spielen Produkte zur Automation eine immer wichtigere Rolle. Cloos beispielsweise erwirtschaftet inzwischen drei Viertel des Gesamtumsatzes mit Automation. Nichtsdestotrotz werde die Entwicklung des manuellen Schweißens nicht zurückstehen. „Das automatisierte Schweißen baut auf unseren Erfahrungen im manuellen Schweißen auf“, betonte Christian Paul, Senior Welding Expert. Der Hersteller von Schweißtechnik mit Zentrale in Haiger beschäftigt mehr als 1.000 Mitarbeiter, dieses Jahr wird weltweit ein Invest-Budget von 17 Mio. Euro umgesetzt. Das Geld fließt in einen neuen Firmensitz in den USA, in den Ausbau der Produktionsfläche in Haiger, in einen neuen Standort in Slowenien, den Ausbau der Kapazitäten in Polen und in die Erweiterung des Standorts in Österreich. Künftig agiert der Konzern verstärkt dezentral, die Gesellschaften im Ausland arbeiten eigenständiger. „Schweißtechnik funktioniert regional“, stellte CEO Stephan Pittner fest.
Lorch hat sich auf der Messe an der Seite des japanischen Investors, dem Daihen Konzern, vorgestellt. Die beiden Marken werden separat und unabhängig auf dem Markt agieren, die Lorch-Zentrale in Auenwald wie auch die ausländischen Gesellschaften bleiben erhalten und sollen ausgebaut werden; Kunden werden unverändert von der Lorch-Vertriebsmannschaft bedient. Zusammenlegen wollen die Schweißexperten ihr technologisches Know-how für Forschung und Entwicklung – insbesondere hinsichtlich Schweißautomation und Robotik. Die Daihen Corporation ist ein internationaler Konzern mit über 3.800 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von etwa 1,2 Mrd. Euro.
Der geschäftsführende Gesellschafter Wolfang Grüb teilte mit: „Durch die Übernahme ist die unternehmerische Nachfolge von Lorch mit sehr guten Perspektiven für Produkte und Mitarbeiter geregelt.“ Neben Synergien in der Produktentwicklung wird eine engere Zusammenarbeit in punkto Robotik angestrebt. Lorch wird die Unternehmenssparte Cobot Welding unverändert fortführen. Auf der Messe stellte der Schweißexperte das neue Feature SeamPilot vor: Die Kombination von drei Tools, der Nahtsuche TouchSense mit der Schweißnahtkorrektur SeamTracking und SeamPilot sichert ohne aufwendige Programmierung hohe Schweißqualität auch bei Toleranzen und Verzügen. Mit dem neuen Feature TouchSense findet der Brenner automatisch die Nahtposition für Kehlnähte.
Mit TouchSense lassen sich nun Werkstücke automatisiert schweißen, die sich wegen Abweichungen bisher dafür nicht eigneten. Zudem ist die Bedienung einfach: Der Schweißer definiert lediglich drei Suchpunkte über das Touch-Display des Bedienpanels. Ergänzt wird TouchSense durch ein weiteres Tool: SeamTracking, den Assistenten für die Nahtverfolgung. Mit der Schweißnahtkorrektur SeamTracking folgt der Cobot automatisch dem Verlauf der Schweißnaht. Die Anwendungen sind in der Lorch Cobotronic-Software (Version 4.3) freischaltbar.
Mit dem Trendprodukt Cobot hat Lorch wie einige andere Anbieter auch das Geschäftsfeld Systemintegration ausgebaut. Cobots lassen sich z.B. mit Robotern u.a. von Kuba, DTC, Fanuc oder Yaskawa bauen, hinzu kommt der Einsatz diverser Software, von Schweißtischen und anderen Bauteilen.
Nicht alle Hersteller von Schweißstromquellen bieten vollständige Roboter- bzw. Cobotanlagen. Die Mitarbeiter von GYS bewerten das Geschäftsfeld Systemintegration anders als Lorch oder Cloos. Statt als Integrator z.B. einen kompletten Cobot zu installieren und diesen als Anlage zu verkaufen, konzentriert sich der französische Hersteller auf seine Kernkompetenz: Schweißstromquellen. „Wir möchten nicht mit den erfahrenen Ingenieurbüros in den Wettbewerb als Systemintegrator treten, unsere Kunden nicht an den Kauf bestimmter Marken binden und als Zwischenhändler letztlich zur Teuerung der Maschinen, Software und Systembauteile beitragen“, erläuterte Jean-Louis Slegers, Geschäftsleiter des französischen Herstellers in Deutschland. „Statt aufwändig Kompetenzen in vielerlei anderen Geschäftsbereichen aufzubauen und am Ende dem Kunden wegen der Verträge mit anderen Zulieferern doch nicht die auf seinen Betrieb am besten zugeschnittene Schweißanlage zusammenstellen zu können, bleiben wir bei der Entwicklung und Verbesserung unserer Schweißstromquellen“, unterstreicht Lothar Dähn, GYS-Leiter der Projekt- und Geschäftsentwicklung. Damit Integratoren jedoch schneller die passenden Maschinen für Roboter oder Cobots auswählen können, gibt es einen virtuellen Konfigurator für unterschiedliche Schweißanlagen mit gewünschten Schweißverfahren. Dieser schlägt auf Basis eines Filters für unterschiedliche Schweißanlagen mit gewünschten Schweißverfahren mögliche Schweißstromquellen vor.
Neue Absaugbrenner & -anlagen
Erhebliche Fortschritte gab es in den vergangenen zwei Jahren bei den Absaugbrennern. „Die Geräte waren bis dato unhandlich und zu schwer und im Falle von WIG-Schweißungen für die Verwendung von Schutzgasen wohl hinderlich; die Schweißer haben deshalb den Einsatz abgelehnt“, erklärt Frederic Lanz von Kemper. Nun haben die Hersteller an den kritischen Punkten gearbeitet, auch weil die Berufsgenossenschaft die Absaugung der Schweißrauchgase möglichst an der Stelle fordert, wo sie entstehen. Mit den neuen Geräten für MIG/MAG, aber inzwischen vereinzelt auch für WIG, zeichnet sich ein neuer Trend ab, dem Kemper als Hersteller von Absaug- und Filtertechnologie nachkommt. Auf der Messe wurden einige Neuheiten dazu vorgestellt: die Hochvakuumabsaugung VacuFil Compact mit zwei Anschlüssen, die kompatibel für alle gängigen Absaugbrenner sind; das Gerät ist W3-zertifiziert, das heißt, es erfüllt Anforderungen, die über die der DIN EN ISO 21904-1 hinausgehen. Die zentrale Hochvakuum-Absauganlage VacuFil 4000 hat für 14 Absaugbrenner Anschlüsse.
Auf den zunehmenden digitalen Einkauf hat Kemper mit einem Online-Filtershop reagiert; das Portal wurde zur Messe scharf geschaltet: www.filter.shop