Upgrade Fassadennorm

Die überarbeitete EN 13830:2015

Im Interesse der Hersteller werden die Einwände der Europäischen Kommission hoffentlich schnell bearbeitet, sodass einer Harmonisierung und bauaufsichtlichen Einführung nichts mehr im Wege steht. Wie im Anwendungsbereich der alten Fassung der Produktnorm festgelegt, fallen Fassaden bis zu einer Neigung von ±15° aus der Vertikalen unter die EN 13830. Hieß es bisher „Schrägverglasungselemente innerhalb der Fassade können eingeschlossen sein“, so werden diese nun definitiv von der Produktnorm erfasst. Voraussetzung ist, dass sich der Schrägbereich innerhalb der Fassade befindet und nicht den oberen oder unteren Abschluss bildet. Explizit mit aufgenommen werden zweischalige Vorhangfassaden.

Neue Struktur

Während sich die ersten Abschnitte der Norm mit ausführlichen Beschreibungen der Leistungseigenschaften beschäftigen, befassen sich die letzten Abschnitte vor allem mit den der Bauproduktenverordnung geschuldeten Änderungen. Der Bereich der Konformitätsbewertung wird nun aufgeteilt in die Abschnitte 5 (Prüfung, Bewertung und Probenahmeverfahren) und 6 (Bewertung und Überprüfung der Leistungseigenschaften). Umfangreiche Anhänge am Ende der Norm geben wichtige Hinweise zu Themen wie Widerstand gegen Einwirkungen, Erdbebeneinwirkungen und Brandverhalten.

Vier Produkteigenschaften mehr

Die Anzahl der wesentlichen Leistungsmerkmale der neuen Produktnorm wird auf 18 (siehe Tabelle ZA.1 der EN 13830:2015) erweitert. Im Vergleich: In der noch aktuellen Ausgabe sind es 14 Eigenschaften. Die Ergänzungen betreffen „Widerstand gegen Schneelast, Erdbebensicherheit, Längsschalldämmung und Strahlungseigenschaften“. Zudem sind für einige Leistungsmerkmale zusätzliche Nachweise erforderlich.

Brandverhalten
Die Klassifizierung des Brandverhaltens erfolgt wie bisher nach EN 13501-1. Neu sind die Hinweise im Anhang E zur Montage und Befestigung der Probekörper für Prüfungen zum Brandverhalten sowie die Angaben zum Anwendungsbereich und den Anwendungsregeln.

Feuerwiderstand
Bisher waren lediglich die Nachweise für Raumabschlüsse (E) und Raumabschluss und Dämmung (EI) gefordert. Diese wurden nun um den Nachweis Raumabschluss und Strahlung (EW) ergänzt.

Widerstand gegen Schneelast
Zusätzlich zur Windlast und dem Eigengewicht können Schrägverglasungen auch Schneelasten ausgesetzt sein. Die Berechnung der Schneelasten erfolgt nach EN 1991-1-3 und unter Berücksichtigung nationaler Vorgaben. EN 13830:2015 gibt die für die Berechnung der relevanten Grenzwerte zulässige Durchbiegung der Rahmenelemente vor.

Erdbebensicherheit
Diese Eigenschaft gehört in Zukunft ebenfalls zu den wesentlichen Merkmalen für Vorhangfassaden. Es wird differenziert zwischen der Nutzungssicherheit bei Erdbebenereignissen mit einer geringeren Eintrittswahrscheinlichkeit und der Gebrauchstauglichkeit bei Erdbebenereignissen mit einer geringeren Intensität. Bei der Nutzungssicherheit muss die Konstruktion den durch das Erdbeben verursachten Kräften und Bewegungen widerstehen und einen Kollaps der Bauteile verhindern. Bei der Gebrauchstauglichkeit muss nach einer Erdbebeneinwirkung mit geringerer Intensität und höherer Wiederholwahrscheinlichkeit die Funktion der Fassade erhalten bleiben. Zum Nachweis wird nach der Erdbebeneinwirkung die Luft- und Schlagregendichtheit nochmals auf Leistungskonstanz überprüft. Ausführliche Angaben zu Prüfung und Bewertung finden sich im Anhang D.

Schalllängsleitung
Viele Ausschreibungen für Fassaden von Büro- und Verwaltungsgebäuden verlangen bereits Nachweise für die Flankenübertragung von Luftschall in vertikaler und horizontaler Richtung. Zukünftig ist diese Anforderung auch in der Produktnorm für Fassaden als Eigenschaft enthalten und die relevanten Prüf- und Klassifizierungsanforderungen sind festgelegt.

Strahlungseigenschaften
Diese neu aufgenommene Eigenschaft unterscheidet zwischen dem Gesamtenergiedurchlassgrad (g-Wert) und der Lichtdurchlässigkeit. Die zugehörigen Daten liefert i.d.R. der Glaslieferant, sie beziehen sich auf die Mitte der transparenten Bereiche.

Dauerhaftigkeit
Die Produktnorm von 2003 für Vorhangfassaden befasst sich im Anhang B bereits mit der Dauerhaftigkeit, begnügte sich aber mit Hinweisen zur Wartung und der Verwendung von Werkstoffen nach dem neuesten Stand der Technik.
Die neue Ausgabe vom Juli 2015 verweist hinsichtlich Gebrauchstauglichkeit zusätzlich auf die Eigenschaften Luftdurchlässigkeit, Schlagregendichtheit und Wärmedurchgangskoeffizient. Diesbezüglich werden Alterungsprüfungen für Dichtungen, Fugendichtstoffe, beschichtetes Glas, MIG und Ausfachungen mit wärmedämmenden Eigenschaften gefordert. Ausführliche Angaben zu den Nachweisverfahren werden in Anhang I aufgelistet.

Änderungen/Ergänzungen

Beständigkeit gegen Eigengewicht
Das Eigengewicht wirkt als Last auf die Tragglieder der Vorhangfassade. Für die horizontalen Haupttragglieder (Riegel) war die Verformung bisher auf L/500 bzw. 3 mm begrenzt. Die Grenze von 3 mm soll zukünftig ersetzt werden durch die Anforderung, dass eine Berührung zwischen Riegel und Ausfachung zu verhindern und eine ausreichende Belüftung und Entwässerung der Ausfachung zu gewährleisten ist.

Widerstand gegen Windlast
Auch die Durchbiegungsbeschränkungen der Tragglieder aufgrund von Windlast werden geändert. Galt bisher eine Begrenzung auf L/200 bzw. 15 mm, so gilt in Zukunft: Die absolute Begrenzung der Durchbiegung auf 15 mm entfällt, was die bisher erforderliche Überdimensionierung bei Spannweiten über 3.000 mm beseitigt. Auf die Einhaltung der zusätzlichen Durchbiegungsbeschränkungen von Isolierglas oder Naturstein wird ausdrücklich hingewiesen.

Bewertung und Überprüfung der Leistungsbeständigkeit
Dieser Abschnitt der Norm erklärt im Wesentlichen das Nachweisverfahren zur Übereinstimmung von Vorhangfassaden mit den normativen Anforderungen.

Typprüfung
Verantwortlich für die CE-Kennzeichnung von Vorhangfassaden sind die Hersteller. Handelt es sich nicht gerade um eine Objektfassade, sind es jedoch meist die Systemhäuser, welche die Auswahl der repräsentativen Probekörper und Beauftragung der Typprüfung (bisher Ersttypprüfung) übernehmen. Basierend auf schriftlichen Vereinbarungen werden die Prüfberichte dann dem Hersteller zur Verfügung gestellt.
Im Rahmen der CE-Kennzeichnung ist der Hersteller verpflichtet, eine WPK einzurichten. Die neue EN 13830 gibt detaillierte Hinweise zur Umsetzung der WPK. Solange Materialien während des Produktionsprozesses vom Hersteller nicht dahingehend verändert werden, dass sich ihr Brandverhalten verbessert, kommt bei Vorhangfassaden das System 3 zur Bewertung und die Überprüfung der Leistungsbeständigkeit (AVCP-System) zum Tragen. In diesem AVCP-System sind Erstinspektion der WPK und eine kontinuierliche Fremdüberwachung durch eine notifizierte Produktzertifizierungsstelle nicht nötig.

Zusätzliche Anhänge

Anhang C Anleitung zur Anwendung von Eurocodes
Für Befestigungen, Tragprofile (Rahmen), Verbindungsmittel und Ausfachungen von Vorhangfassaden sind die Grenzzustände der Tragfähigkeit und der Gebrauchstauglichkeit zu überprüfen. Anhang C gibt eine Übersicht über die möglichen Lasteinwirkungen auf Vorhangfassaden und Hinweise zu den Prüf- und Berechnungsverfahren.

Anhang F Merkmale und Probekörperauswahl
Alle Leistungseigenschaften, für die der Hersteller einen Wert angibt, sind einer Erstprüfung zu unterziehen; es sei denn, die Norm enthält Festlegungen zur Angabe der Leistung ohne Prüfung (z.B. Klassifizierung ohne weitere Prüfung (CWFT)). Ein besonderes Augenmerk ist dabei auf die Auswahl von repräsentativen Probekörpern zu legen. Anhang F liefert hierzu ein Beispiel und Regeln für die Probekörperauswahl über den direkten Anwendungsbereich.
Bei der Vielzahl der möglichen Ausführungsvarianten ist es für den Hersteller nicht immer leicht zu überblicken, ob die auszuführende Fassade durch die Typprüfung abgedeckt ist. Regeln zum direkten Anwendungsbereich der einzelnen Merkmale von Fassadenausführungen und der Anwendbarkeit der Typprüfung finden sich in Tabelle F1.

Anhang H Abhängigkeit zwischen Merkmalen von Bauteilen
Dieser Anhang liefert Hinweise zu Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Merkmalen und Bauteilen. Es wird eine Orientierungshilfe für den Einfluss von Bauteilen auf die einzelnen Leistungsmerkmale gegeben, sodass der Hersteller aufgrund der Hinweise eine Abschätzung der Beeinflussung vornehmen kann. 

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